Bewertung: 4 / 5
Eine Feier. Es wird viel getrunken. Janne trifft auf Martin. Die beiden lachen, tanzen, flirten. Und dann passiert es einfach. Obwohl Janne nicht will, sie sich wehrt und sie nein sagt. Und Martin das völlig egal ist. Am nächsten Morgen geht Janne zum Alltag über. Sie renoviert mit ihrem Lebensgefährten Piet ein Haus, sie bemüht sich um einen neuen Job, sie geht ins Theater, sie lebt ihr Leben. Denn schließlich ist ja alles gut. Auch wenn das eigentlich nicht möglich ist.
Der Debüt-Langfilm Alles ist gut von Eva Trobisch ist die beeindruckende Charakterstudie einer Frau, die den Schmerz und die Demütigung, die ihr durch eine Vergewaltigung angetan wurden, nicht verarbeiten kann und sie verdrängt. Auf beeindruckende Weise spielt Aenne Schwarz Janne als Gefangene in einem Gefühlskokon. Ihr Gesicht wirkt ausdruckslos, fast schon abwesend. Doch hinter der kühlen Fassade spürt man, wie die Wunde, die sich tief im Innern eingegraben hat, langsam aufreißt und sich aufgestaute Gefühle bahnbrechen.
Trailer zu Alles ist gut
Die Kamera von Julian Krubasik ist immer bei Janne, scheint sie ständig zu verfolgen, sie abzutasten. So ist man als Zuschauer ganz nah bei einer Figur, die sich auch gegen diese Blicke nicht wehren kann. Auch der Rest des Ensembles überzeugt. Hans Löw als Vergewaltiger Martin, den Janne in seinem Wunsch, Reue zu zeigen, nicht ernst nehmen kann; oder Andreas Döhler als Jannes Lebensgefährte Piet, dem sie keinen Zugang zu ihren Gefühlen gewährt und der dadurch mit der Situation nicht zurechtkommen kann, ebenso wie Jannes Mutter, die spürt, was mit ihrer Tochter nicht stimmt. Aber helfen kann sie ihr nicht.
Eva Trobisch erzählt unaufgeregt und inszeniert realistisch und nah an den Figuren. Es gibt keinen dramatischen Score, keine Gefühlsausbrüche, keine eindeutige Auflösung. Das schafft Distanz. Und erschüttert gerade deswegen.
Prädikat: besonders wertvoll
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung