Bewertung: 4 / 5
Die triste Kleinstadt Modesto erfordert viele Opfer. Viele wollen fort, andere können nicht. Die beiden Schüler Steve (Ron Howard) und Curt (Richard Dreyfuss) möchten ebenso die Stadt verlassen und das College besuchen. An ihrem letzten Abend treffen sie noch einmal ihre Freunde Terry (Charles Martin Smith) und John (Paul Le Mat), bevor ihr neues Leben beginnt. Während Curt in Erinnerungen schwelgt und hin- und hergerissen durch Modesto zieht, bereitet sich John auf ein Autotrennen mit Bob Falfa (Harrison Ford) vor...
Die Vergänglichkeit der Jugend, eine Reminiszenz an das Leben, indem alles irgendwie grenzenlos und unendlich wirkte. George Lucas packte seine Jugend in einen Film, indem er von einer Freundesgruppe erzählt, die einen scheinbar ganz gewöhnlichen Alltag in der Kleinstadt Modesto erleben. Dabei wechselt das Werk immer zwischen den Figuren hin und her. Es erweist sich als recht komplexe Erzählstruktur, weil all diese Menschen einen Grundsatz verdeutlichen sollen. So ganz zugänglich ist das zu Anfang nicht und so schleppt man sich in dem Versuch, all diese Wege nachvollziehen zu können, vom einen in den anderen Moment. Hier eine Liebe, da ein Verlust und die Träume, die man sich so sehr wünscht, bleiben auf der Strecke. Zwar aus gutem Grund, aber sie bleiben auf der Strecke. Mitunter wirkt American Graffiti zu Beginn wie ein sehr eigenartiger Film, weil das Geschehen sich nie in einer gänzlich schlichten Struktur offenbart und für einen Film, der eine vermeintlich simple Geschichte erzählt, doch extrem verschachtelt und komplex anmutet. Vielleicht muss man das gar nicht beschreiben. Ähnlich wie die Pubertät eine hoch spannende Phase ist und auch das Leben der 1970er Jahre sicherlich zu Teilen ungreifbar bleibt, ist dieses Werk hin und wieder sehr verkopft, daß merkt man der Geschichte einfach an.
Am Ende ergibt alles einen Sinn. Das kann man wohl über das Werk sagen, daß sich zunächst in Kämpfe um die Liebe, dem Ausbrechen aus dem Alltag und weiteren Quälereien verliert. Das ist sympathisch, weil es einen klassischen Coming-of-Age-Charme aufweist und dennoch immer vor dem Hintergrund einer großen Gewalt spielt. Lucas sinniert hier über die unbeschwerten Fragen. Doch nicht nach modernem Maßstab, nach welchem Filme einfach nur noch alte Fotos digital aufgearbeitet sind. Im Gegenteil, da steckt eine Sinnsuche. Und das ist eine gar nicht so einfache Frage, die American Graffiti da bespricht. Um das aufzudröseln, bedarf es aber einer Erklärung. So macht der Film nämlich deutlich, daß all diese Figuren nach einem vermeintlich Leben greifen wollen. Sie leben in den Tag hinein, mit Autos, dem sexuellen Verlangen und mit dem Wissen, daß die Schule, zumindest für einige vorbei ist. Lucas macht hier deutlich, daß alles planlos ist und planlos besser war. Darin liegt eine der vielen Revolutionen, die sich unsere moderne Gesellschaft nicht mehr vorstellen kann. Doch radikal, im Sinne einer Anarchie ist das Verhalten auch nicht. Dann wiederum geht es darum zu beeindrucken, mit Selbstbewusstsein durchs Leben zu schreiten und erste, sexuelle Erfahrungen zu sammeln. Man hat nichts anderes im Kopf. Aber auch das ist nicht kindisch, oder juvenil, weil sie von Liebe getrieben werden. Und dann lässt Lucas den großen Knall folgen. Das unbeschwerte Leben findet ein jähes Ende. Vielleicht sogar ein komplettes Ende.
Die Probleme, die gerade das Jugendalter betreffen sind, an sich nicht banal, auch wenn sie in vielerlei Hinsicht von Hollywood und auch der Gesellschaft im Allgemeinen in diese Ecke gesteckt werden. Man muss American Grafifiti als Vorreiter verstehen, der auch das Werk von John Hughes mit Filmen wie Das darf man nur als Erwachsener (1984), The Breakfast Club (1985), Pretty in Pink (1986) oder Ferris macht blau (1986) maßgeblich beeinflusste. Da liegt ein gewisser Charme, den man nicht so einfach erklären kann. Es ist etwas ganz Zwischenmenschliches, sympathisches, daß als Kritikpunkt selten greifbar wird. Vielleicht sind es nur Momente, zwischenmenschliche Interaktionen. Ein gewisser Charme mutet dem ganz sicher an. Es gibt da viele Möglichkeiten. Seien es sich liebende Jugendliche. Seien es die Frechheiten. Sei es das Rebellieren, wenngleich es auch nur Leute trifft, die vielleicht auch weniger das Problem ist und damit kein systemischer Angriff stattfindet. Dieses Werk steckt voller Momente, die einen selbst die vermeintlich banalen Kämpfe auf der Straße vergessen lassen. Es ist ein Lebensgefühl. Und da tut es auch nichts zur Sache, ob die Revolution als solche sich zunächst auch gegen die „Richtigen“ richtet. Es ist grundsätzlich erstmal schön, überhaupt auf eher harmlose Weise zu rebellieren.
Selbstverständlich tun sich dabei etliche Klischees auf. Einige davon wurden hier ja bereits benannt. Doch irgendwie vollbringt Lucas das Wunderwerk, diese Dialoge, die nun wirklich nicht zu seinen Stärken zählen, mitsamt einem brillant aufgelegtem Cast in Wahrhaftigkeit zu verwandeln. Ja, Kitsch und Pathos, ich weiß. Auf der anderen Seite liegt da eben etwas unglaublich authentisches, was die Figuren durchleben. Es sind Klischees, wenn sich der nerdige Junge in die schier unerreichbare Frau verliebt, besser gesagt, diese Abschleppen möchte. Und allgemein scheint es auch nicht wirklich realistisch zu sein. Und dennoch, diese Interaktionen wirken so organisch, vor einer perfekten Kulisse, daß man nicht anders kann, diesen Charakteren die Daumen zu drücken. Sie reden miteinander, überlegen miteinander und versuchen ihr Leben irgendwie zu begreifen. Daß das tatsächlich relativ selten gelingt, sollte etwa ein Sam Raimi mit Spider-Man (2002) beweisen. Denn die dort skizzierte Romanze ist dann doch eher etwas bescheiden ausgedrückt worden. Indes kommt eben sehr viel Kleinstadtromantik, durch die gezeigte Kleinstadt auf. Da muss der Film gar nicht viel machen. Er ist stilsicher, vielleicht so stilsicher, wie Lucas nie wieder war.
Ja, wirr mag das sein, wenn sich Figuren in American Graffiti begegnen. Doch diese lässt sich nach einer Weile relativ schnell lösen, wodurch das Werk an Fahrt gewinnt und diese auch zum Ziel beschreiten kann. Ein sympathischer Cast und eine über allem schwebende Romantik, die die richtigen Fragen zur richtigen Zeit stellt, sorgt dafür, daß dieses Werk zurecht als Klassiker der Filmgeschichte gilt.