Bewertung: 2.5 / 5
Ob als Racheengel der Millennium-Trilogie oder als ängstliche Glucke: Noomi Rapace ist eine Erscheinung, die man auf der Leinwand gerne sieht. Im kühlen Psychothriller Babycall gibt sie eine eindringliche Vorstellung, die Reaktionen zwischen Beklemmung, Mitleid und Abgestoßensein auslöst. Rapace spielt eine Mutter, die mit ihrem traumatisieren Sohn neue Sicherheit sucht. Ihre eigenen Dämonen hat sie dabei dummerweise im Schlepptau.
Die junge Anna (Rapace) wirkt wie jemand, der alles richtig machen möchte - und unter dem permanenten Scheitern schwer leidet. Auf Vermittlung des Jugendamtes zieht die stets abgehetzt wirkende Mutter mit ihrem achtjährigen Sohn in einen trostlosen Plattenbau. Wie man nach und nach erfährt, befindet sich die Mini-Familie offensichtlich auf der Flucht vor dem gewalttätigen Kindsvater, der den Sohn beinahe getötet haben soll.
Annas Angst um den Jungen geht so weit, dass sich die Über-Mutter, deren Kontrollbedürfnis durchaus manische Züge zu tragen scheint, ein Babyfon zuzulegt. So will sie alles hören, was im Zimmer des immerhin Achtjährigen vor sich geht. Doch schon bald spielt ihr die tückische Technik einen höllischen Streich: Aus dem Empfangsgerät hört die Frau panische Schreie. Im Nebenzimmer schläft ihr Sohn allerdings ruhig. Kann es sein, dass mitten in der Mietskaserne furchterregende Dinge vor sich gehen, die sie über die Babyfon-Frequenz ungefiltert mitbekommt?
Der norwegische Regisseur Pal Sletaune mischt in Babycall durchaus gekonnt Elemente aus Horrorfilm, Psycho- und Sozialdrama. Dabei setzt er weniger auf Schockeffekte, sondern auf ein zunehmendes Gefühl der Beklemmung, an dem auch das triste Setting Anteil hat. Die Verunsicherung verstärkt sich, weil immer deutlich wird, dass man dem Geschehen, wie es durch die Augen der Hauptdarstellerin präsentiert wird, nicht trauen kann. So beobachtet die schockierte Mutter in der Tiefgarage, wie ein Finsterling in bester "Fenster zum Hof"-Manier eine vermeintliche Leiche in einen Lieferwagen verlädt. Ein idyllischer Waldsee, ebenfalls Schauplatz eines Verbrechens, lässt sich plötzlich nicht wiederfinden. Und auf einer Kinderzeichnung prangen unerklärliche Blut-Schmiereien.
Was kunstvoll beginnt, steigert sich in eine filmische Orgie des Wahns. Dass immer hektischer an der Spannungsschraube gedreht wird, lässt den Thriller allerdings nicht überzeugender erscheinen. Wer als Regisseur zu viele falsche Fährten legt, wirkt irgendwann unglaubwürdig - oder wichtigtuerisch.
Babycall bekommt 2,5 von 5 Hüten.
(Quelle: teleschau - der mediendienst | Rupert Sommer)