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Before Sunset

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Before Sunset Kritik

Before Sunset Kritik

Before Sunset Kritik
0 Kommentare - 27.03.2022 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Before Sunset" ist.

Bewertung: 4 / 5

Neun Jahre nachdem sich Jesse und Celine zufällig in einem Zug kennengelernt haben und eine Nacht miteinander verbrachten, haben sie sich seitdem nicht mehr gesehen. Jesse, der nun ein erfolgreicher Autor und verheiratet ist, hat über ihre Begegnung ein Buch geschrieben und hält nun in Paris eine Lesung. Plötzlich steht Celine vor ihm, und die einstige Verbundenheit wird auf den Prüfstand zwischen Realität und Flucht gestellt.

Jahre nachdem Celine und Jesse sich in Wien getroffen haben, setzt also auch die Geschichte von Before Sunset an. Es ist natürlich irgendwo ein nostalgisches Wiedertreffen, doch gleichsam gelingt es Regisseur Richard Linklater nicht, seine Geschichte irgendwie organisch wirken zu lassen. Das fängt schon bei dem Wiedertreffen von Celine und Jesse an, indem der Film zwar durchaus eine logische Erklärung für die Zusammenkunft der beiden findet, auf der anderen Seite wirkt es dennoch innerhalb der Geschichte zu märchenhaft, als daß das Gezeigte dem Zuschauer irgendwie eine innere Logik vermitteln wollte. Natürlich ist es auch das, was Before Sunrise (1995) so auszeichnete, und dahingehend kann man vermutlich schon rein ob des Konzeptes nichts an der Geschichte drehen. Man muss das halt so hinnehmen, wie man schließlich auch vieles innerhalb der Geschichte hinnimmt. Zufälle über Zufälle, die sich anfühlen, als würde man gierig in Zuckerwatte beißen, ohne auf den Inhalt zu achten.

Das ist auch insofern schade, als daß der Film eigentlich eine großartige Prämisse zu sich hat. Denn schließlich macht Richard Linklater in seiner Fortsetzung das zum Thema, was in der heutigen Zeit ein gesamtgesellschaftliches Phänomen nicht nur in filmischer Hinsicht darstellt. Before Sunset behandelt nämlich das Thema des Idealisierens von Momenten. Denn so unwirklich die Liebe auch im Film oftmals verklärt wird, – denn der Film neigt gerne dazu, sich was Liebe angeht stark an der Romantik zu orientieren – so unerwartet intelligent ist das Konzept hinter diesem Film doch. Schließlich ließe sich Before Sunrise (1995) ideal als gewöhnlicher Liebesfilm, mit dialoglastiger Inszenierung abtun. Doch seine Fortsetzung wird in nicht unerheblichen Teilen zu einer Dekonstruktion am gesamten Genre, welches der erste Teil trotz intelligentem Austausch der Charaktere, dann doch bediente. So verkauft der Film seinem Zuschauer zunächst die Prämisse, daß keiner der beiden Figuren sich dazu aufrappelte, doch das versprochene Treffen nach sechs Monaten wahrzunehmen. Viel zu unwirklich wirkte doch ihre Geschichte im ersten Teil und darin versteht sich der Film dann als Werk der Aufklärung. Doch selbst wenn man den weiteren Offenbarungen um die Wahrheitstreue der Aussage zu dem Umstand des Treffens folgt, wird der Film nicht im mindesten kitschiger, sondern fast nur noch intelligenter. So stellt er nämlich hier zwei starke Kontraste dar. Das wurde auch im Vorgänger schon angedeutet und schließlich bekommt der Zuschauer hier ein ähnliches Konzept präsentiert, wie es die Spätromantik mit Werken wie Der Sandmann (1816) von E. T. A. Hoffmann zu tun pflegte. Denn während die Charaktere abermals über gängige Stigmen der Beziehungsmuster philosophieren, kristallisiert sich auch heraus, daß nicht beide grundsätzlich die gleiche Meinung vertreten. Schließlich wird auch das Schreiben eines Buches zum Auslöser des Wiedertreffens, wodurch der Film es schafft seinen Zuschauer in die Realität zu holen.

Eine weitere Stärke von Before Sunset liegt in gewisser Weise auch in einer Art Meta-Ebene. So beginnt der Film keineswegs damit, seine Charaktere nochmal auf null zu setzen. Das meiste aus dem Vorgänger wird mit naivem Jugendkitsch abgetan und so erscheinen die Charaktere gereift. Doch sie wirken indes nicht nur so, sondern sind mit ihrem Leben an einem ganz anderen Punkt, als noch in der verspäteten Adoleszenz. Beide sind nun in festen Händen. Beide suchen eigentlich nichts, doch beide sind mehr noch als im Vorgänger voneinander angetan. Natürlich ist das ein Stück weit die Romantisierung jener Zeit und insofern fallen die Charaktere auch in alte Muster zurück. Dennoch steht das im Werk von Richard Linklater auch symbolisch für den Mittelteil einer Beziehung. So wird das zum einen weniger subtil durch den Umstand vermittelt, daß ja beide Charaktere in festen Händen sind. Auf der anderen Seite steht ihr Treffen eben auch für das Neuentdecken und wiederaufleben lassen einstiger Liebe und insofern gelingt es der Fortsetzung, trotz einiger Jahre Abstand, auch die gesamte Prämisse zu dem reinen Umstand des verzweifelten Versuches eine Beziehung oder Ehe Frischhalten zu wollen.

Daß die Charaktere dieser gesellschaftlichen Verpflichtung nicht nachkommen können, liegt auch daran, daß sie Glück für sich ganz anders definieren, als ein in gängigen Familienmustern vielleicht der Fall ist. So wird das gesamte Konzept der Ehre, mit Kindern, einer Frau oder dergleichen dekonstruiert und dadurch der philosophische Drang nach Glück zum weiteren Kernthema der Geschichte. Und dann wiederum ist auch klar, daß der Film sich traut, das auszusprechen, was eben vielen Menschen Unbehagen bereitet. Zwar muss das nicht unbedingt originell sein, dennoch ist auch der von Ethan Hawke verkörperte Jesse unter anderem deswegen so frustriert, weil er eben seine Liebe in Form von Sex kaum noch ausdrücken kann. Interessant ist das alle Male, bedenke man das Finale und eine übergeordnete Debatte im zweiten Teil. Es ist eigentlich erstaunlich, wie intelligent ein konservatives Konzept wie in Before Sunset den gesamten Konservatismus der Familie und Liebe offenlegt. Und so spielt auch das Finale ganz klar mit der Theorie, daß die beiden Figuren eigentlich fliehen möchten. Es gibt ihnen nicht, sich dem Alltag jener Pflichten hinzugeben und das wahre Glück dem unterzuordnen.

Das wird auch erneut fabelhaft von Delphy und Hawke verkörpert, indem die beiden sich eigentliche Fragen an den Kopf werfen und immer wieder in die philosophischen Gedanken abdriften. Weiterhin spielt auch die extrem gewandelte Welt, mit den technischen Errungenschaften ihrer Zeit eine Rolle, die der Film ebenso konsequent einbaut, aber eben auch genauso störend empfindet.

Unerwartet clever gedacht ist Before Sunset, der die richtigen Fragen zu richtigen Zeit stellt und sie dazu noch clever beantwortet. Auch hier steht der Austausch der Hauptfiguren im Mittelpunkt, welchen die Darsteller perfekt transportieren. So romantisch man die Liebe auch verklärt, so romantisiert wird sie auch und darum weiß dieser Film und deshalb, ist er auch wesentlich intelligenter noch, als sein Vorgänger.

Before Sunset Bewertung
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