Bewertung: 5 / 5
Einleitung zur Kritik
Anfang der 80er Jahre saß ich als ungefähr 10jähriger vorm Fernseher…die ruhige United Artists Musik waberte aus dem Lautsprecher und das Logo drehte sich langsam ein. Kurz darauf begann eine Geschichte, die mich nie mehr los lassen sollte und nun schon circa 35 Jahre begleitet…Ich sah zum ersten Mal Rocky! Ich spürte schon nach sehr kurzer Zeit, dass ich es hier mit etwas ganz besonderem zu tun hatte, was von Anfang an mehr als nur Film für mich war. Ich war gefesselt!
Trailer zu Creed - Rocky’s Legacy
Rockys Leben war zu jeder Zeit auch ein Spiegel von Stallones Privatleben. Das was Stallone erlebte, ließ er auch in den jeweils aktuellen Teil der Saga einfließen…so wie er sich entwickelte, entwickelte sich auch Rocky! Für mich wurde dieser Charakter zum imaginären „Freund“, der es neben anderen schaffte, mich in schwierigen Zeiten zu motivieren und zu inspirieren. Seine Geschichte ist so unendlich viel mehr, als nur eine Boxer-Story! Rocky ist eine Erzählung vom Leben, von Loyalität, von Liebe und vom Kampf den jeder von uns auf seine verschiedenste Weise immer wieder durchzustehen hat.
Für mich gibt es deshalb auch kein „Teil 1 finde ich so und so, Teil 2 so und so…“ …nein, es fühlt sich wie ein großes Ganzes…wie ein Leben an! Ich habe mit den Charakteren gefiebert, mit ihnen gekämpft, geliebt, geweint und gelacht… Rocky ist, und ich glaube ich kann das wirklich sagen, ein Teil meiner Lebenseinstellung, ein Teil von mir selbst geworden…
CREED
Als ich erfuhr, dass man einen Film über Apollos Sohn drehen wollte, war ich extrem skeptisch. Klar war, dass Rocky eine nicht unwesentliche Rolle spielen, der Focus jedoch auf dem jungen Creed liegen sollte. Nun bestand jedoch die große Gefahr, dass man diesen Balanceakt nicht hinbekommen könnte. Zu viel Rocky im Film, würde den Namen Creed nicht rechtfertigen…zu wenig jedoch den Stellenwert Rockys untergraben!
Alle Zweifel wurden gestern jedoch von einem emotionalen und dynamischen Orkan hinweg gefegt!
Regisseur Ryan Coogler der bisher mit seinen knapp 30 Jahren noch ein unbeschriebenes Blatt war, schaffte hier etwas, dass ich in dieser Form nicht erwartet hatte. Er brachte einen Film auf die Leinwand, der von vorn bis hinten stimmig war, der aus der Leinwand stieg, mich am Kragen packte und hinein zog!
Wie so oft bei Fortsetzungen wurde zwar auch hier nicht nur gänzlich Neues geboten, jedoch gelang es eine ausgewogene und packende Mischung aus Nostalgie (es waren hier oft die kleinen Dinge, die dem geneigten Fan ein Lächeln ins Gesicht zauberten), Zeitgeist und Innovationen zu kreieren. Es waren neue Kämpfe auszufechten, die zum Teil sehr schwer zu ertragen waren, die Geschichte jedoch enorm bereicherten. Die Art und Weise wie man hier mit unendlich viel Charme und Liebe und großem Herzen die Dinge umsetzte, raubte mir den Atem…unzählige Male Gänsehaut und immer wieder feuchte Augen inklusive.
Die Schauspieler waren durch die Bank weg passend besetzt und überzeugten auf ganzer Linie. Hervorzuheben ist hier natürlich Michael B. Jordan der den jungen Creed in all seinen Facetten mit viel Herzblut spielte und dabei sehr natürlich blieb! Hier wurde auch nicht einfach eine Kopie des Vaters präsentiert, sondern ein ganz eigenständiger Charakter entwickelt.
Wie durch alle anderen Aspekte, holte man den Zuschauer auch durch die tollen Bilder zurück nach Philadelphia…zurück in die Rocky Welt! Auch hier stimmte einfach alles.
Eine weitere wichtige Zutat war die Musik… Passend eingewoben riss sie mal mit, drückte manchmal den Körper in den Kinosessel, und dann wieder die Tränen aus den Augen.
All das zusammen ergab ein echtes, ausgewogenes und absolut großartiges Creed/Rocky Gemälde, dass es tatsächlich schaffte den neuen Charakter in den Vordergrund zu stellen ohne den des Rocky Balboa auch nur im Ansatz zu vernachlässigen!
Ich würde gerne noch so viel mehr schreiben, müsste dann aber spoilern…
Zu guter Letzt:
Sylvester Stallone… Nach 40 Jahren Rocky (für den er damals eine Oscarnominierung als bester Hauptdarsteller und eine weitere für das Drehbuch erhielt), gelang es ihm nun mit der Darstellung dieser Figur den Golden Globe des besten „Nebendarstellers“ zu bekommen. Auch die entsprechende Oscarnominierung steht. Ich persönlich muss sagen, dass er Rocky in Creed nicht anders spielt, als er es immer schon getan hat. Das bedeutet jedoch nicht, dass ich die Leistung nicht anerkenne…nein, ganz im Gegenteil. Für mich spielte er die Figur nie, sondern er lebte sie und war deshalb schon immer darin überzeugend! Was Stallone (oder besser Rocky) mir als alten „Wegbegleiter“ in Creed zum Teil abverlangte, war an manchen Stellen kaum zu ertragen! Und das hat seine Geschichte bereichert…ihr neue Standpunkte hinzugefügt!
Ich drücke ihm für den Oscar beide Daumen! Danke Sly