Bewertung: 4 / 5
Spannendes und filmisch perfektes Geschichtskino von Joe Wright über Winston Churchill, der sich 1940 im Kampf gegen Hitler seiner größten politischen Herausforderung stellen muss. Mai 1940: Der Krieg verläuft zugunsten der Deutschen, Hitlers Expansionskrieg weitet sich aus, die britischen Truppen geraten immer stärker unter Beschuss. In dieser schwierigen Zeit wird Winston Churchill zum Premierminister berufen. Nur ihm traut man zu, die ausweglose Lage in den Griff zu bekommen. Doch Churchill ist unbequem, stur und undiplomatisch - Wesenszüge, die ihm wenig dabei helfen, politische Freunde zu finden. Vor allem nicht in der eigenen Partei. Diese drängt zunehmend auf einen Friedensvertrag mit Hitler, um noch größeren Schaden abzuwenden. Doch gegen alle Widerstände hält Churchill an seiner Überzeugung fest, dass ein solcher Kompromiss das Ende eines freien Englands wäre. Und er spürt, dass für die ganze Nation, selbst in dieser dunkelsten Stunde, noch immer das Licht der Hoffnung leuchtet.
Von Anfang an entwickelt Joe Wrights Die dunkelste Stunde, auch dank des Füllhorns an geschichtlichen Informationen, einen spannenden und dramatischen Sog. Wie in einem lebendig gewordenen Geschichtsunterricht lässt das authentische Setting den Zuschauer in die Vergangenheit eintauchen, ob in Szenen am englischen Hof oder im Parlament bei den Sitzungen des Unterhauses oder in den Straßen Londons.
Trailer zu Die dunkelste Stunde
All das wird gefilmt von einer dynamischen Kamera, die klug und genau die Beziehungen der Figuren untereinander einfängt und rahmt. Dazu liefert Antony McCarten Dialoge, die einmal mehr unter Beweis stellen, dass Krieg auch mit Worten geführt werden kann. Die historischen Figuren sind auf den Punkt getroffen, sowohl in Maske und Kostüm als auch in ihrem Spiel - ob Ben Mendelsohn als König George, Lily James als Sekretärin oder Kristin Scott Thomas als Churchills Ehefrau: sie alle erfüllen ihren Part mit Bravour.
Und doch ist es Gary Oldman, dessen Ausdruck, Charisma und Präsenz als Churchill selbst den Film leitet. In einer auf den Punkt getroffenen Maske verschmilzt Oldman komplett mit seiner Figur, die er nie als Stereotype oder Karikatur darstellt. Durch Oldmans intensives Spiel erhält die historische und fast schon ikonische Figur eine zutiefst menschliche Dimension. Und so folgt man der Figur und ihrem Handeln und Empfinden bis zum grandios inszenierten Finale der legendären Brandrede im Parlament.
Vielleicht liegt es ja an den unruhigen Zeiten, in denen wir leben, an Politikern wie Donald Trump oder an den Verletzungen, die das Brexit-Votum der britischen Seele zugefügt haben, dass in jüngster Zeit gleich mehrere Filme an den großen Staatsmann Winston Churchill und die glorreiche Schlacht um England erinnern. Mit Joe Wrights Die dunkelste Stunde könnte sich der Stoff nun sogar in Richtung der "Road to the Oscars" bewegen - das Zeug dazu hätte er auf jeden Fall.
Prädikat: besonders wertvoll
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung