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Die Reifeprüfung

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Die Reifeprüfung Kritik

Die Reifeprüfung Kritik

Die Reifeprüfung Kritik
0 Kommentare - 03.02.2024 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Die Reifeprüfung" ist.

Bewertung: 4.5 / 5

Der Collegeabsolvent Benjamin Braddock (Dustin Hoffman) feiert bald seinen einundzwanzigsten Geburtstag. Doch es scheint so, als wüsste er nichts mit seinem Leben anzufangen. Er hat brillante Noten und kommt aus gutem Hause, aber ist dennoch ein zurückhaltender Mann. Eines Tages trifft er auf die verheiratete und ältere Mrs. Robinson (Anne Bancroft) und beginnt zögerlich eine Affäre mit ihr. Dummerweise ist er aber eigentlich in deren Tochter Elaine (Katharine Ross) verliebt.

Ob Bonnie & Clyde (1967), Die Nacht der lebenden Toten (1968), Easy Rider (1969) oder eben Die Reifeprüfung, gegen Ende der 1960er Jahre gewann das New Hollywood-Kino Oberhand über die Traumfabrik und verbannte alte, viel zu teuer gewordene Monumentalfilme und Sex-Komödien. Es war eine Zeit des Wandels, wie man unschwer erkennen konnte und die wohl einige der bedeutendsten Werke der Filmgeschichte hervorbrachte, gleichsam aber auch spätestens Ende der 1970er Jahre mit Der weiße Hai (1975) und Star Wars: Episode IV – Eine neue Hoffnung (1977) beendet war. Man tut sich also eigentlich immer schwer, einen genauen Titel in einem Prozess zu benennen, der die ganze Filmwelt nachhaltig prägen sollte. Einer dieser Titel, der wohl zu großen Veränderungen der Branche beiführen sollte, war Die Reifeprüfung von Mike Nichols. Ein Werk, daß, wie so häufig, wenn man retrospektiv über Filme spricht, leider Gottes immer noch recht skandalträchtig war und dessen nahezu perfekte Inszenierung und Aussagekraft, eigentlich nur von seiner eben genannten, bedauerlichen Aktualität so ein wenig torpediert wird. Einen Skandal kann man nur in etwas sehen, wenn man das als skandalös empfindet. Und Beziehungen, deren Muster und deren Prüderie offenzulegen, ist eigentlich etwas, an dem das prüde Amerika und auch generell viele seichte Gemüter zu knabbern haben.

Nun, wer in Deutschland die Oberstufe eines Gymnasiums oder einer Fachschule besucht hat, dem wird das vermutlich nicht fremd sein. Literatur über das Dritte Reich und Beziehungen zwischen Jung und Alt. Der Vorleser und Harold und Maude (1971), der ebenso als Roman veröffentlicht wurde, sind zwei Beispiele der Kehrseite. Dabei fällt auf, daß es scheinbar besonders wichtig ist, sich neben dem wirklich immens wichtigen Thema des Dritten Reichs, auch Beziehungsmodellen zwischen Jung und Alt zu widmen. Und erstaunlich ist da vor allem, daß man die doch oft männlich dominierte Perspektive ändert und diesen eigentlich zum passiven und naiven Part macht. Ein ähnliches Phänomen ereilt dabei auch Die Reifeprüfung, wenngleich natürlich die Ausprägung eine andere ist, so ist doch klar, daß man den Film durchaus als relativ feministisches Konstrukt begreifen kann. Und das liegt eben daran, daß der Mann hier nicht eine schier ungreifbar, gottgleiche Person ist, wie es etwa in Casablanca (1942) der Fall gewesen wäre. Schau mir in die Augen kleines ist ja nicht nur aufgrund der generellen Statur von Dustin Hoffman ein Satz, den man hier nicht erwarten sollte, sondern weil die Figur, die er verkörpert, eben nicht die titelgebende Reife ausstrahlt, die eben Mrs.Robinson besitzt. Und dann geht es um Sex, nicht indessen, daß man hier am laufenden Band irgendwelche Sex-Szenen wie in Nymphomaniac (2013) sehen würde, sondern als ständige Diskussion über Emanzipation und dem generellen Interesse an Erfahrung.

Die Reifeprüfung profitiert dabei davon, daß es eben nicht am laufenden Band zu über stilisiertem Sex kommt. Denn der Film würde dadurch sehr viel von seiner Glaubwürdigkeit einbüßen. Es ist schon Skandal genug, daß eine Frau vielleicht davon träumt, mit einem jüngeren Mann zu schlafen, der eben nicht ihr Mann ist. Allein aufgrund dessen ist dieser Film auch heute noch ein Skandal und schaut man sich die aktuelle Gesetzgebung irgendwelcher irrer Republikaner an, dann bekommt der Film sogar nochmal eine tiefere Wirkung. Das liegt vor allem daran, daß man das Gefühl bekommt, daß sich alles wo ein wenig zurückdreht und es seit Jahrzehnten keinen Wandel im amerikanischen Geist gab. Doch so vermessen zu sein und das nur auf Amerika zu beziehen wäre ja Blödsinn. Wenn man sich die deutsche Filmlandschaft anschaut und sieht, wie etwaige Komödien völlig verkrampft vom Thema Sex reden, dann ist das gar nicht so weit weg, wie man glaubt. Und darin liegt eben die unrühmliche Wahrheit. Es kann doch nur eine Liebe geben! So etwa schreien wohl die Menschen, bei denen Sex nur zwecks Fortpflanzung Sinn ergibt. Und darüber hinaus ist Die Reifeprüfung eben nicht nur ein Film über Feminismus, der Rollenbilder vertauscht und die Prüderie in Sachen Sexualität, sondern auch eine Suche nach Identität. Vielleicht wird das hier ausgedrückt durch Sex, indem der junge Benjamin Braddock eben schon eine monogame und gewöhnliche Beziehung in seiner Liaison sucht. Doch das wird ja immer wieder durch die Umstände torpediert.

Hin und wieder und glücklicherweise möchte man dazu sagen, wirkt Die Reifeprüfung wie das, was man sich unter einem klischierten Porno-Skript vorstellt. Die Menschen, die da zusammenkommen und was sie tun, um ihre Körperlichkeit zu leben, könnte eigentlich auch von einem sensiblen Autor in der Pornoindustrie erdacht worden sein. Und genau dadurch unter anderem funktioniert ja die Satire im Film: Diese beläuft sich eben nicht nur auf Sexualität, sondern auch um die ganz große Falle des Lebens. Die Reifeprüfung begreift die Ehe als Sargnagel. Sei mal dahingestellt, ob das nun wirklich so ist, oder eben nicht. Der Film jedenfalls geht zum Finale hin, den recht seltsamen Weg, seine Hauptfigur mit der Tochter seiner Liaison zusammenzubringen. Dabei ist der größte Skandal, daß diese Figur die Tochter bei ihrer eigenen Hochzeitsfeier abschleppt und damit den Bräutigam zurücklässt. Warum sie nun doch zusammenkommen? Keine Ahnung. Vielleicht flüchtet auch die Braut aus der Monogamie. Damit ein weiterer Skandal, der diesen Film so aktuell macht und eben satirischen Wert hat. Es ist herrlich, wenn eben das nicht frischvermählte Ehepaar im Bus sitzt und in den sinnbildlichen Sonnenuntergang fährt. Man sieht in ihren Gesichtern eigentlich keine Gewissheit, man kann noch nicht mal erkennen, ob sie glücklich sind. Und das ist vielleicht ein Fehler, aber zeigt auch auf, daß man sich in der Liebe und in der vermeintlich, pathetischen Endlosigkeit dieser, nie sicher sein kann.

Über die Jahre hat Die Reifeprüfung nichts von seinem Reiz verloren. Es ist immer schade das sagen zu müssen, aber ja, die Radikalität, mit derer sich der Film Norman und Werten der Liebe nähert und dabei ganz deutliche Kritik an der vermeintlich großartigen Zweisamkeit streut, ist atemberaubend. Sicherlich, ist es auch ein Film, bei dem man hofft, er wäre nicht mehr aktuell, aber dafür kann das Werk sichtlich wenig.

Die Reifeprüfung Bewertung
Bewertung des Films
910

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