Bewertung: 4.5 / 5
Jeder kennt Jules Verne und seine Geschichten, zu denen es zahlreiche Verfilmungen gibt. Warum gerade diese filmische Adaption von der Reise zum Mittelpunkt der Erde besonders sehenswert ist kann man in dieser spoilerfreien Kritik erfahren.
Mal ging es zum Mond, mal tief ins Meer, um die Welt oder auf eine geheimnisvolle Insel. In einem weiteren Roman ging es zum Mittelpunkt der Erde. Zuletzt bekamen seine Geschichten in diesem Jahrtausend in Form von Dwayne Johnson und Brendan Fraser eher komödiantische Slapstick-Verfilmungen. Aber vor allem in den 50er und 60er Jahren sind die besten Adaptionen seiner Bücher erschienen.
Im Jahr 1880 an der Universität von Edinburgh stößt der Geologe Lindenbrook mit einem Studenten auf einen merkwürdigen Stein. Es hat den Anschein als stamme dieser Stein vom Akademiker Arne Saknussemm, welcher vor langer Zeit einst den Mittelpunkt der Erde finden wollte. Die beiden brechen nach Island auf und wollen der Sache nachgehen. Dabei entwickelt sich ein Wettrennen mit einem Kollegen von Lindenbrook.
Es gibt viele Dinge, welche Die Reise zum Mittelpunkt der Erde zu einem starken Film machen. Zunächst ist die Expeditionstruppe zu nennen. Lindenbrook wird vom großartigen James Mason dargestellt und die Chemie zwischen ihm, seinem Studenten Alec, der Dame Carla und dem Isländer Hans ist perfekt. Eine wunderbar ungleiche Truppe, welche sich in jeder Beziehung ergänzt und durch die vielen Unterschiede kommt es zu lustigen, interessanten aber auch herzlichen Situationen. Regisseur Henry Levin hat damals genau den richtigen Zugang zur Geschichte und zu seinen Figuren gefunden und liefert eine makellose Inszenierung ab. Dabei ist der Erzählstil meist sachlich, stets unaufgeregt und komödiantisch wunderbar dosiert.
Weiterhin brilliert der Film von 1959 mit wundervoll gestalteten Szenenbildern. Die vielen verschiedenen Höhlensysteme, Steinformationen und Farbgebungen sind mit viel Liebe zum Detail ausgearbeitet und so lässt sich der 60 Jahre alte Streifen auch heute noch wunderbar betrachten.
Bei diesem Abenteuertrip bekommt man ein Gefühl vermittelt, welches atmosphärisch an das Spielen von alten LucasArts Adventuren erinnert, insbesondere Monkey Island und Indiana Jones. Das bezieht sich auch auf die musikalische Untermalung vom Oscar-prämierten Komponisten Bernard Herrmann.
Wie man es von Jules Verne Verfilmungen kennt gibt, gibt es Monster und andere fantasievolle Überraschungen. Stop-Motion-mäßig sind diese Szenen vielleicht nicht mehr State of the Art, aber sie trüben das Gesamtbild nicht.
Toll bei diesem Streifen ist, dass trotz guter Gruppendynamik, Witz, Abenteuer, Szenenbild und Musik ständig der wissenschaftliche Aspekt nicht vernachlässigt wird. Es handelt sich hier schließlich über eine Expedition eines Akademikers, welcher auf den Spuren eines anderen Akademikers wandert und diese akademische Denkweise wird greifbar. Dabei ist nicht zwingend der Realismus gemeint, die Geschichte bleibt fantasievoll sondern es ist die Herangehensweise, welche sich bis zur letzten Szene von der Wissenschaft geprägt ist.
Levin nimmt sich für die Erzählung von Jules Vernes Geschichte knapp über 130 Minuten Zeit, diese schleppen sich jedoch nicht.
Wer gerne mal einen älteren Film schaut und nicht alle 5 Minuten einen platten Witz oder eine CGI-Actionsequenz braucht, einen Hang zum Abenteuerfilm hat sowie den wissenschaftlichen Hintergrund zu schätzen weiß, der sollte sich Die Reise zum Mittelpunkt der Erde von 1959 anschauen. Möglicherweise kennen ihn die meisten schon, warum dann nicht zum 60. Geburtstag nochmal ansehen?