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Dunkirk

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Dunkirk Kritik

Dunkirk Kritik

Dunkirk Kritik
5 Kommentare - 25.07.2023 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Dunkirk" ist.
Dunkirk

Bewertung: 3.5 / 5

Im Mai 1940 haben die Nazis die französische Stadt Dünkirchen eingekesselt und deren Bewohner, sowie 400.000 stationierte Soldaten gefangen. Die Lage scheint ausweglos, bis Großbritannien eine kühne Rettungsaktion in die Tat umsetzt. Die Soldaten Tommy (Fionn Whitehead), Alex (Harry Styles) und Gibson (Aneurin Barnard) kämpfen am Boden um ihr Überleben, während der Pilot Farrier (Tom Hardy) in der Luft kämpft. Unterdessen versuchen Commander Bolton (Kenneth Branagh), sowieso Zivilist Mr. Dawson (Mark Rylance) den Soldaten über Boote zu helfen.

Von nicht zu bändigender Kraft, die vor allem seinem Regisseur obliegt, erzählt Dunkirk eine Geschichte um eine wahnwitzige Rettungsaktion inmitten des Zweiten Weltkrieges. Es ist wichtig zu verstehen, wem ein Film gehört, um diesen hier zu bewerten. Grundsätzlich gibt es ja mehrere Arten des Filmemachens. Seien es Regisseure wie Wes Anderson, oder auch David O. Russell, die sehr schauspielerfreundliche Arbeiter sind, bei denen sich die Geschichte zugunsten des Prunks und teilweise der Absurdität unterordnet. Und auf der Gegenseite dieser Münze hausiert Christopher Nolan, dessen Stil alles der Geschichte unterordnet und bei welchem vor allem die Inszenierung und der sogenannte Thrill wichtiger sind, als die Akteure. Gleichsam ist Nolan auch ein recht unterkühlter Filmemacher, der nicht durch bloße Emotionen versucht, den Zuschauer an sich zu binden. Etwaige Gehversuche in das Gegenteil gab es mit Interstellar (2014) und diese wirken dann am Ende des Tages doch eher bemüht, als wirklich tiefschürfend. Doch gerade, weil Nolan ein Geschichtenerzähler ist, ist Dunkirk in seiner Vita so interessant und uninteressant zugleich. Zum einen gibt es in Dunkirk nur Versatzstücke einer Handlung. Einzelne Lebenswege werden erzählt, alles zum Ziel zu zeigen, wie grausam Krieg ist. Bestückt mit einem gewissen Pathos, der Nolan auch schon mal besser stand. Und dann wiederum ist das Werk in seiner Filmografie auch so nichtssagend, weil es letztlich nur darum ging, die begehrte Oscartrophäe mit nachhause zu nehmen. Oscar bait, so war es geplant und so wurde es auch letzten Endes umgesetzt.

Trailer zu Dunkirk

Doch nur weil ein Film im Vorhinein nur dafür gemacht wird, Preise abzuräumen, heißt das nicht, daß Dunkirk komplett frei von jedweder Qualität wäre. Zugegeben, an die großen Werke Nolans wie Prestige – Die Meister der Magie (2006), Inception (2010) oder The Dark Knight Rises (2012) wird Dunkirk niemals herankommen. Dafür ist das Thema zu wenig Nolan und auch zu unoriginell für einen Film. Und dennoch gelingt es dem Film durch gewisse Dinge zu beeindrucken. Vielleicht stimmt es sogar und Nolans Regie war nie besser, weshalb er sich hier auch als der ultimative Strippenzieher erweist. Der Film setzt auf – wie für Nolan üblich – mehreren Zeitebenen an, zeigt verschiedenste Figuren, die um ihr Überleben kämpfen und sorgt für ein beeindruckendes und fast unerreichtes Pacing. Denn Nolan lässt seinen Film so wirken, als gäbe es keine Schnitte. Wenn es einen Film gibt, der ultimativ mit einem Gemälde verglichen werden kann, dann ist es wohl Dunkirk. Die einzelnen Abschnitte sind so ineinander verzahnt, daß selbst ein Sam Mendes mit 1917 (2019) nicht anders kann, als das hier als sein Vorbild zu begreifen. Gleichsam sind auch die erzählten Geschichten nicht von einer völligen Willkür erfasst, sondern fügen sich wie in einem Puzzle zusammen. Da stellt sich natürlich gleich die große Frage, ob man denn bereit ist, sich darauf einzulassen und das Wirrwarr zu lösen. Nun, die Frage stellt sich ja grundsätzlich immer bei Nolan. Aber wenn man es mal genau betrachtet, tut es keinem weh, sich damit zu befassen und es ist auch lange nicht so pseudokomplex wie, wie etwa Nolans Tenet (2020).

Der Film fügt insgesamt sicherlich keine neuen Erkenntnisse zum Thema Krieg und insbesondere dem Zweiten Weltkrieg hinzu. Und dennoch wartet Nolan im Subtext mit einigen spannenden Ideen auf. Da wäre zum einen die Beengtheit und allgemeine Klaustrophobie, die dem Film anhaftet. Denn was zunächst wie ein endloses Schlachtfeld an der Küste wirkt, ist in Wahrheit viel zu klein und überschaubar, um überhaupt die Flucht ergreifen zu können. Ebenso verhält es sich, wenn sich diese Soldaten vor feindlichem Adlerwartebeschuss verstecken müssen. Da kommt eine unglaubliche Anspannung auf, weil es scheinbar durch die Inszenierung von Nolan als ein langes Gemälde, aber auch den wunderbar endlos anspannenden Score von Hans Zimmer eben keine Zuflucht und damit keine Zukunft geben kann. Man merkt diese Anspannung sofort und das, was vielleicht mal ein Mensch war, ist nun nur noch auf das eigene Überleben bedacht. So etwas wie Solidität gibt es maximal noch der eigenen Einheit gegenüber. Sofern die Person von Außen dann aber eine andere Sprache spricht, wird es zum Nationalstolz. Nolan hebt hier sehr schön den sonst so vergessenen Rassismus von Soldaten im Zweiten Weltkrieg hervor und zeigt gleichermaßen, was für eine Farce der falsche Stolz eigentlich sein kann. Dann kommt es zur Gewalt, die einzige Macht, die man wohl im Zweiten Weltkrieg als einfacher Soldat noch hatte, nur um dann zu merken, wie wenig man eigentlich gegen die große Gewalt von oben anrichten kann. Relativ subtil zeigt der Film, wie der technische Fortschritt diesen Krieg beeinflusst hat und welches Schreckensszenario heutige Kriege wohl bedeuten würden. Nolan verweist auf die Gegenwart, weil er durch die Drastik der Einschläge auch immer wieder zeigt, wie machtlos man der Technik gegenübersteht. Das ist hier auch nicht so snobistisch, wie Nolans sonstiges Gehabe im Hinblick auf seine Arbeitsweise.

Natürlich lässt sich eine solche Geschichte nicht ohne eine gewisse Form von Patriotismus anreichern. Und wenn Figuren davon sprechen, daß die Heimat ruft, dann muss man so was mögen. Grundsätzlich inszeniert der Film, wenn er denn mal Charaktere für einen kurzen Moment in den Mittelpunkt rückt, sehr theatralisch. Ein Kenneth Branagh blickt angsterfüllt und hoffnungsvoll zugleich in den Horizont. Ein Tom Hardy sitzt in einem Cockpit, wird von Stille begleitet. Das muss den Schauspielern sehr gefallen haben, wenngleich es natürlich irgendwo auch kein Inhalt ist. Doch in diesen Momenten begreift Nolan das Kino und ist sich, wie so häufig, nicht zu fein, dafür kleine Filme im großen Stil, mit großen Momenten zu machen. Ebenso ist es Nolan hoch anzurechnen, daß er sich den gesamten Film über auf das wesentliche beschränkt. Seine Figuren durchleben keine tiefen Krisen, in dem Sinne, daß sie großartig psychologisiert würden. Sie haben nicht einmal die Möglichkeit, ihre große Gefühlswelt zu offenbaren. Wie sollten sie auch? Sie werden von A nach B gehetzt und wenn es einen Zusammenbruch gibt, dann erst, wenn richtig Ruhe einkehrt. Diese Ehrlichkeit und das Verständnis darum, wie Adrenalin als Schutzfaktor auf den Menschen wirkt, ist schon sehr spannend und tatsächlich mal neu und innovativ.

Einerseits ist mit Dunkirk filmhistorisch nicht viel anzufangen. Die Lobgesänge über die gähnende inhaltliche Leere sprechen Bände über das Filmverständnis. Anderseits wartet der Film mit einer beeindruckenden Klaustrophobie auf, die von einem brillanten technischen Verständnis getragen wird. Nolan beschränkt sich wunderbar auf die Wesenszüge des Krieges und kann dabei vor allem durch das Fehlen unnötiger Erklärungen und Psychologisierung punkten.

Dunkirk Bewertung
Bewertung des Films
710

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TiiN : : Goldkerlchen 2019
26.07.2023 16:19 Uhr
0
Dabei seit: 01.12.13 | Posts: 9.045 | Reviews: 173 | Hüte: 607

Ein Professor X vertut sich nicht. smile


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ProfessorX : : Moviejones-Fan
26.07.2023 09:14 Uhr
0
Dabei seit: 17.05.14 | Posts: 940 | Reviews: 1.049 | Hüte: 43

@Tiin Ne, ich schätze, er hat sich einfach vertan ^^

Consider that a divorce!

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TiiN : : Goldkerlchen 2019
25.07.2023 16:39 Uhr
0
Dabei seit: 01.12.13 | Posts: 9.045 | Reviews: 173 | Hüte: 607

Möglicherweise hat ProfessorX das anders gemeint. Denn geschnitten wird bei Dunkirk (wie bei fast allen Nolan-Filmen) sehr häufig.


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MB80 : : Black Lodge Su
25.07.2023 10:13 Uhr
0
Dabei seit: 01.06.18 | Posts: 2.916 | Reviews: 44 | Hüte: 261

Das, was Paul sagt... Ich würde Dunkirk eher als den "Anti-1917" bezeichnen, so sehr setzt er hier auf den Schnitt und darauf, dass hier unterschiedliche Zeitebenen spielen (auch wenn man argumentieren könnte, dass es ja alles auf einen Punkt läuft, der Film also durchaus sagen möchte dass es am Ende im Krieg egal ist, wo und wann man "ist", man kann ganz einfach unzelebriert untergehen).

"Fanatical legions worshipping at the shrine of my father’s skull."

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PaulLeger : : Moviejones-Fan
25.07.2023 10:07 Uhr
1
Dabei seit: 26.10.19 | Posts: 2.354 | Reviews: 17 | Hüte: 263

ProfessorX

Denn Nolan lässt seinen Film so wirken, als gäbe es keine Schnitte. Wenn es einen Film gibt, der ultimativ mit einem Gemälde verglichen werden kann, dann ist es wohl Dunkirk. Die einzelnen Abschnitte sind so ineinander verzahnt, daß selbst ein Sam Mendes mit 1917 (2019) nicht anders kann, als das hier als sein Vorbild zu begreifen.

Hab den Film seit 2017 nicht gesehen aber dieser Aussage würde ich dennoch entschieden widersprechen. Der Film schneidet doch pausenlos zwischen drei klar abgetrennten Schauplätzen hin und her, wie soll das ohne wahrnehmbare Schnitte funktionieren? Zudem wurden bestimmte Szenen mit einer IMAX-Kamera und andere mit einer normalen 65mm-Kamera gedreht, was es eher unsinnig macht, Schnitte zu verstecken, da der Zuschauer sie durch den Formatwechsel ja sowieso mitbekommt. Ganz zu schweigen davon, dass lange Takes mit der IMAX-Kamera technisch gar nicht möglich waren.

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