Bewertung: 3.5 / 5
Elvis ist ein Film, bei dem ich fast ins Kino gegangen wäre, weil (Kindheitserinnerungen hier einfügen), es am Ende aber am vollen Terminkalender gescheitert ist. Nun habe ich diese Lücke aber endlich im Heimkino nachgeholt.
Was Baz Luhrmann hier mit der Biopic über den "King of Rock n Roll" inszeniert, ist in den ersten zwei Dritteln des Films visuell ein Supergau, komplett überfrachtet, sowie sehr hektisch erzählt. Das sieht technisch sehr beeindruckend aus, keine Frage, ist aber erzählerisch eher kontraproduktiv, gerade wenn Elvis (Austin Butler), die erste halbe Stunde noch nicht mal zwei Wörter spricht. Im letzten Drittel des Films beruhigt sich das Ganze dann wieder und man bekommt eher eine "klassische" Biopic geliefert nach bewährten Mustern. Aber leider kommt das dann einfach schon zu spät. Vor allem hat man am Ende den Eindruck, das der Film trotz seiner umfangreichen Lauflänge, eigentlich viel zu wenig zu erzählen hat, da man sich eben zu sehr auf die visuelle Komponente konzentriert hat.
Trailer zu Elvis
Trotz der reisserischen Fehlinszenierung, bekommt der geneigte Elvis Fan hier ziemlich viel geboten. Ob nun verschiedene Szenen aus Auftritten, oder aus seiner Filmkarriere, ein Arsenal an Kostümen des Kings und viele verschiedene Gitarren und Autos. Da kann man sich wohl kaum beschweren, das man von der Seite nicht bedient wird.
Inhaltlich ist der Film eher eine schwierige Kost, da der erzählerische Blickwinkel hier bei Elvis Manager Colonel Tom Parker liegt, der von Tom Hanks gespielt wird. So werden einige Ereignisse im Leben von Elvis nur kurz angerissen, oder gar ganz übergangen, manches auch wegen dem Blickwinkel verfremdet dargestellt. Hier hat man also ein Stilmittel der Erzählung gewählt, das sehr viel "erzählerische Freiheiten" gewährt. Gutes Beispiel hier wäre die Beziehung von Elvis zu seiner Mutter. Bekanntlich hat Elvis seine Mutter geliebt wie sonst nichts und hat deren Tod auch nie ganz verarbeiten können. Dieser ganze Kontext spielt im Film eigentlich keine Rolle, oder wird nur indirekt eingebaut.
Die Figur des Colonel Tom Parker wird von Hanks recht souverän gespielt und wirkt eher wie ein Schurke aus einem Superheldenfilm. So hat er ja auch passenderweise auch noch den Künstlernamen "The Snowman". So ganz wollte mir dann aber Hanks im dazugehörigen Fatsuit nicht gefallen, auch wenn der Hintergrund der Figur wohl so ziemlich den wahren Begebenheiten entspricht.
Die Charaktere im Nebencast wie Priscilla oder sein Vater Vernon, mögen gut besetzt sein, bekommen aber in dem sowieso schon überfrachteten Film zu wenig Screentime um überhaupt Akzente setzen zu können. Das gleiche gilt für berühmte Einwürfe wie B.B. King oder Little Richard, welche man als "ganze nett" verbuchen kann, aber keinen wirklichen Mehrwert bieten können.
So kommen wir dann zu Austin Butler, welcher das eigentliche Highlight des Films darstellt. Seine Performance ist mit jeder Gestik, Mimik und Hüftschwung ganz eindeutig der King. Hier muss man ein großes Lob aussprechen, was der Mann sich hier draufgeschafft hat. Für mich gab es hier einige Gänsehautmomente, in denen ich fast glaubte wirklich Elvis zu sehen. Das muss man erst mal hinbekommen. Leider dauert es im Film eine ganze Ecke an Spielzeit bis Butler eigentlich so richtig loslegen darf und das sehe ich definitv als verschenktes Potential. Gesanglich scheint es hier wohl ein wirrer Mix aus Originalaufnahmen und teils von Butler gesungenen Aufnahmen zu sein. Mir ist jedenfalls nichts negatives während der Sichtung aufgefallen und das hat man wohl gut hinbekommen.
Musikalisch bekommt man ein buntes Paket an Elvis Songs und zum Glück nicht nur die offensichtlichsten Gassenhauer, aber leider auch kein Material abseits von bekannten Gefilden oder mal ein "exotischeres" Stück. Diese werden dann auch mal recht offensichtlich in den Film verwoben wie z.B. bei der Liveperformance von "Trouble". Warum man aber irgendwelchen unpassenden HipHop Kram einbauen musste, obwohl man doch aus einem unendlichen Fundus von Blues, Soul und Gospel zurückgreifen konnte, bleibt mir schleierhaft.
"Elvis" ist von seiner visuellen und technischen Seite mit Sicherheit ein großartiger Film, aber als ernst zunehmende Biopic über einen Jahrhundertkünstler wie Elvis, versagt der Film auf seiner erzählerischen Seite. Hier wäre eine klassischere Herangehensweise bedeutend passender ausgefallen und wenn ich mir so die anderen Filme von Luhrmann ansehe, ist ein Schuldiger auch schnell gefunden. So scheitert der Film dann am Ende an zu hohen künstlerischen Ambitionen. Wenn ich meinen eigentlichen Star, in diesem Fall Butler, im ersten Drittel oder sogar die erste Hälfte des Films an der kurzen Leine halte, dann habe ich halt etwas falsch gemacht.
Bewertung:
Wegen Austin Butler und der gekonnt technischen Seite, gebe ich noch wohlwollend
6,5 von 10 Punkten