Bewertung: 3.5 / 5
Diese Kritik ist nur ein Vorwand, den Begriff Femme Fatale im Film Noir am Beispiel Ava Gardner zu besprechen. De Palmas Femme Fatale verdient den Titel Femme Fatale nicht wirklich, ist aber unabhängig davon ein ziemlich gut brauchbarer Heist Thriller mit dem üblichen DePalma typischen doppelten Boden. Kann man schauen und macht man nichts mit falsch, gut aufgelegte Stars, 6 Punkte. Da das jetzt aus dem Weg ist, auf auf und davon zu good old Ava!
Oder halt, erst mal eine kleine Abhandlung, was eine Femme Fatale ist gefällig? Nunja, ohne jetzte wikipedia oder sowas zu bedienen: Eine Femme Fatale ist im Grunde genommen eine betörende, geheimnisvolle Frau, die skrupellos über Loser-Männer-Leichen geht, um an ihr Ziel zu gelangen. Meistens ist sie Projektionsfläche männlicher Sehnsüchte und gleichzeitig Ängste. Sie ist sexy, stark, lässig, lasziv, dominant und am Ende stürzt sie die Identifikationsfigur, welche immer ein Mann ist, in den Abgrund. Eine Barbra Stanwick macht dies mit Fred MacMurray, eine Kathleen Turner macht dies Jahrzehnte später mit William Hurt, und zu gewissen Teilen ist auch Balin am Schicksal Gabins mindestens mitschuldig. Die letzten beiden Beispiele zeigen auch, dass Femme Fatale erstens nicht auf den Film Noir beschränkt ist, und zweitens auch nicht immer selbst böse sein müssen. Sie dienen lediglich als Triebfeder für den Untergang des Mannes.
Im Grunde genommen geht das sogar soweit zurück wie es Literatur jeder Art gibt, Samson und Delilah, Die Illias, die Ramayana, selbst der Sündenfall in der Bibel, immer ist da eine Frau dafür zuständig, dass der Mann in ein Getümmel aus Not und Elend gestürzt wird. Zum einen lässt das sehr tief in die fragile männliche Seele blicken, die sich immer, überall und fortwährend von der Frau gefährded sieht, aber dennoch auch nie ohne sie kann.
Im Prinzip der Femme Fatale im Film Noir findet dies seinen vorläufigen Höhepunkt, und eigentlich wird das nirgends so effektiv zu Wort gebracht als in Die Spur des Falken, wo ein noch aufrechter Arsch von einem Helden gespielt von legendären Bogart die Astor trotz seiner Gefühle für sie dennoch vor die Hunde schmeisst um eben selbst nicht vor ebenjenen zu landen. Spätere Filme gehen den einen selbstzerstörerischen Schritt noch weiter, indem sie die Männer komplett die Kontrolle verlieren lassen. Spätestens ab den 1950ern wird dieses Bild immer weiter verweichlicht werden, was ich ja schon irgendwo anders deutlich skizziert hatte, daher jetzt also endlich: Vorhand auf für
Rächer der Unterwelt
Rächer der Unterwelt ist ein Krimi-Drama nach einer Vorlage von Ernest Hemmingway, und man merkt dem Film in jeder Szene an, dass er ziemlich unentschlossen zwischen mehreren Genres hin- und herschwankt. Dennoch gelingt es ihm mit Ava Gardner eine Femme Fatale zu installieren, die auf Jahre der Prototyp ihrer Art sein sollte.
Erzählt wird in Rückblenden die Geschichte eines mittlerweile verstorbenen Mannes, der einer Frau verfällt, für sie vermeintlich unschuldig in den Knast geht, dann sich von ihr für einen weiteren Überfall instrumentalisieren lässt und im Anschluss daran völlig zerstört und als lebender Toter übrig bleibt.
Der Film selbst gilt mittlerweile zwar als Klassiker, auch auf Grund seiner expressionistischen Kameraführung, doch im Prinzip ist vieles Stückwerk, die Motivation der Figuren ist teilweise sprunghaft oder nicht ganz ausgearbeitet, der tatsächliche Investigativprotagonist leidlich skizziert und nur eine Entschuldigung, die einzelnen Szenen miteinander zu verbinden, das der interessanten und recht nüchtern-melancholisch-nihilistischen Prämisse der Kurzgeschichte kaum gerecht wird.
Burt Lancaster macht zwar das Beste aus einer Rolle des auf den Kreuz gelegten hörigen Dummkopfs, aber dadurch dass alle Szenen mit ihm aus erzählten Rückblenden bestehen, ist ein verlässlicher Charakteraufbau seiner Figur nicht gegeben, was besonders in der Restaurant-Szene sehr deutlich wird.
Und über allem thront mit Ava Gardner eine Frau, die Lancasters Figur bereits beim ersten Aufeinandertreffen verbrennt. Und dabei ist ihre Figur weder sonderlich gut (wenn überhaupt) geschrieben, noch sind irgendwelche sonderlich interessanten Motive für sie erkennbar: Sie ist da, hat sofort Macht über den Trottel und reisst ihn ins Verderben. Mehr gibt es zu ihrer Figur nicht zu sagen, und mehr will der Ottonormalmann nicht wissen, wozu auch.
Jeglicher Erklärungsversuch würde den Effekt und die Aura, die sie ausstrahlt, sofort vernichten, daher wird es erst gar nicht versucht. Und in dem nicht vorhandenen Versuch, irgendwas zu erklären, wird auch noch etwas unterlaufen, was vielen dieser Filme inhärent ist: Eine gewisse Frauenfeindlichkeit. Das kann man von diesem Film und Gardners Figur nie behaupten, denn dafür gibt es nicht den geringsten Anhaltspunkt. Es ist nur die Geschichte einer einseitigen Amou Fou.
Wie beispielsweise mit derselben Figur zwei Jahrzehnte später umgegangen wird, in einem ungleich besseren Film, der allerdings vieles ganz anders angeht, wo versucht wird, einiges zu erklären, und wodurch so vieles kaputt geht, ist der Film Tod eines Killers: Hier ist der sich seinem Schicksal ergebende Protagonist eben kein höriger Trottel, sondern deutlich dominanter und verfällt der Frau trotzdem. Und die Frau ist hier auch deutlich ambivalenter angelegt. Doch in dieser Ambivalenz und diesem Oszillieren zwischen kaltblütig und Sympathien für das Opfer haben liegt eine dramatische Schwäche in eben dem eigentlich besseren Film. Angie Dickinson mag sich redlich mühen, doch gerade dadurch dass das alles so bemüht und nicht mehr mühelos aussieht, wird ihre Figur immer kleiner im Vergleich zu Gardners Darbietung, welche seien wir mal ehrlich, höchstens Mittelmass ist.
Und dennoch, hier ist alles am rechten Platz, und als Projektionsfläche muss man auch nicht mehr spielen, sondern einfach da sein.
Für Ava Gardner gäbe es 9 Punkte, für den Film wegen seinem Klassikerstatus 7 Punkte.