Bewertung: 3 / 5
Ich schreibe es vorweg: ich bin ein riesiger Ang Lee Fan, der Mann kann alles drehen, und es ist immer gut. Zuletzt hat diese Aussage sehr viele Risse bekommen, dennoch sind auch seine letzten Filme zumindest in der richtigen optischen Qualität immer noch mehr als sehenswert!
Frisch von Oscar-Ehren für den absolut überragenden Tiger and Dragon kommend unterschrieb der ambitionierte Herr Lee für die Verfilmung von Hulk. Und was für alle Beteiligten wie ein Traum klang sollte sich alsbald aber in einen mittelschweren Albtraum verwandeln. Denn Lee tat etwas, was man beim Verleih wohl nicht hatte kommen sehen. Man erwartete einfach einen leidlich kopflastigen trashigen Actionfilm, der vom Namen Lee zehren sollte, aber möglichts kompatibel mit den normalen Action-FilmKlischees sein sollte. Wer weiss, vielleicht erwartete man auch einen Auf der Flucht Abklatsch, wie es ja die Serie um den leider viel zu früh verstorbenen Bill Bixby war.
Trailer zu Hulk
Doch Lee pfiff auf diese vorher wohl nicht festgelegten Konventionen sondern legte damit los, ein psychologisch ausgefeiltes, auf Augenhöhe mit griechischen Tragödien ausgelegtes, Psycho-Drama in Form einer Comic-Superheldenverfilmung zu verfilmen. dafür holte er einen herrlich unsympathisch upgefuckten Nick Nolte aus der Mottenkiste und liess ihn als fiesen Daddy Frankenstein auf Junior los. Dabei wurde die Geschichte noch dadurch gewürzt, dass unser Held als unverstandener/mißverstandener Unhold von der Exekutive gejagt werden sollte. Garniert wird das alles mit einer holden Liebesgeschichte. Alles schön episch, wuchtig, tragisch, bittersüss.
Beide Visionen waren einfach nicht unter einen Hut zu bringen, das Studio setzte sich dann irgendwie zumeist durch, so dass von der ganzen archaischen Wucht, die wohl geplant war, auf der Leinwand leider nur noch Ansätze zu erkennen sind. Schade, doch selbst ein Ang Lee hat nicht das Sagen wenn es um solch eine Property wie den Hulk geht.
Zumindest rettet den Film die schnörkellose und direkt von den Comics abgekupferte, damals recht selten eingesetzte Comic-Optik, das wertet den Film wirklich ungemein auf. Hinzu kommt, dass man eigentlich alle Rollen absolut überragend besetzt hat, und für solch eine Comicverfilmung sogar komplett überbesetzt hat. Der einzige, der hier tatsächlich ein bißchen abfällt, ist tatsächlich der Titelheld, gespielt vom damals sehr angesagten und überaus talentierten Eric Bana, der danach auch in eine Art Karriereknick abwanderte. ich gehe davon aus, dass die Szenen, die wahrscheinlich seine Stärken hätten werden können, der stärkere Konflikt mit dem Vater, vermutlich den Konzessionen mit dem Studio zum Opfer gefallen sind.
Auch ist es sehr erstaunlich, dass wir hier mit zwei absoluten Topdarstellern (Bana und Connelly) eben kaum Leinwandchemie spüren, und beim absoluten Trashfestival, der die Fortsetzung ist, Norton mit der leidlich talentierten Liv Tyler plötzlich vergleichsweise eine explosive Chemie hat. Ob das wie gesagt am zerstückelten Film liegt, oder ob es eine zaghaftere Romanze sein sollte, lässt sich jetzt Jahre nach Letztsichtung nicht mehr genau sagen.
Alles in allem ist Hulk trotz allem ein doch sehenswerter Film geworden, der das MCU indirekt einleitet und heutzutage völlig zu Unrecht ein absolut stiefmütterlich behandeltes Schattendasein führt.
Release the Ang Lee Cut!
6 Punkte