
Bewertung: 2.5 / 5
Die junge Bea (Cailey Fleming) hat es nicht leicht. Ihr Vater leidet unter einer schweren Krankheit und ihre Mutter lebt nicht mehr. Daher beginnt sie, imaginäre Freunde aus ihrer Kindheit und der von anderen zu sehen. Durch ihren Nachbarn Cal (Ryan Reynolds) und den flauschigen Blue (Steve Carell) findet sie heraus, daß es eine ganze Masse an imaginären Wesen gibt, die mit den Jahren von ihren Menschen vergessen wurden. Nun setzt Bea alles daran, den beiden zu helfen.
Schauen wir uns alleine die ersten bewegten Bilder zu Krasinskis neustem Werk an, dann kommen sie uns schon sehr vertraut vor. Wir stranden ein wenig in der Frühphase von Pixar und sehen Die Monster AG (2001) und rein thematisch etwas abweichend und dennoch mit deutlichen Parallelen zu Nachts im Museum (2006) versehen. IF: Imaginäre Freunde fühlt sich schon zu Beginn, wie ein Film an, der einem sehr vertraut vorkommt. Fast ein wenig zu vertraut, da werden Themen wie Verlust und Familie abgehandelt und die Realitätsflucht, mitsamt dem Erwachsenenwerden. Daß der Film also originell wäre, kann man nicht gerade sagen. Ebenso erscheint die Mischung aus CGI- und Realfilm irgendwie ebenso ein Produkt der 2000er Jahre zu sein. Zumindest, wenn es darum geht, einen Familienfilm aufzuzeigen. Auch dort gibt es deutliche Hinweise auf das Kino vergangener Tage. Und ansonsten orientiert man sich hier vor allem am Schaffen von Steven Spielberg. Thematisch, kann man zumindest deutliche Verweise auf E.T. – Der Außerirdische (1982) erkennen. Das zumindest ist ein grundsolides Konzept, wenn man denn damit zu erzählen weiß. Und was hier vor allem auffällt ist aber, daß Krasinski beinahe die erste, gesamte Stunde braucht, um den Film überhaupt in Gang zu bringen. Statt abenteuerlicher Parallelwelten und Wesen aus der eigenen Vorstellung, erzählt Krasinski vom Verlust der Mutter, vom eventuellen Verlust des Vaters und nebenbei davon, wie wichtig doch Familie ist.
Trailer zu IF - Imaginäre Freunde
In seiner grenzenlosen Weisheit, die auch schon A Quiet Place (2018) so erstaunlich unoriginell und langweilig machte, schafft es Krasinski auch IF: Imaginäre Freunde nicht, abseits von irgendeinem belanglosen Kram zu erzählen. Und das ist ärgerlich, weil doch gerade Parallelwelten und Lebewesen aus anderen Dimensionen durchaus potential bieten, auch für Kinder eine spannende Unterhaltung zu bilden. Doch der Film mäandert beinahe die Hälfte seiner Laufzeit darum herum, irgendwas zu erzählen und verliert sich zwischen Ikea-Optik in der realen und auffallend auffälligen sexuellen Anspielungen auf der einen und niveaulosen Witzen auf der anderen Seite. Ja, die Anspielung auf Sexualität, oder Sex im Allgemeinen ist auch schon in den vorangegangenen Werken von Krasinski interessant gewesen. Hier verbuchen wir es mal als Missgeschick. Tja und dann bleibt eigentlich die generelle Frage, die sich auch schon häufig in modernen Filmen stellte. Denn wie man es schafft, eine eigentlich simple Geschichte so verzwickt zu erzählen, ist beispiellos. Da geht es dann ums Missionieren und irgendwie erzählt Krasinski in Dutzenden weiteren Nuancen noch andere Dinge, die keineswegs interessant sind. Die Frage ist ohnehin, wer jetzt eigentlich die Zielgruppe von IF: Imaginäre Freunde sein soll. Denn wenn man es einmal darauf herunterbricht, was passiert, dann ist es für Kinder schlicht zu langweilig und für Erwachsene schlicht zu banal.
Unterdessen gibt es natürlich auch grundlegende Dinge, die am Film ok, bis gut zu werten sind. So etwa die Auseinandersetzung mit der Phantasie und der Kernthese, daß die Kreativität und die Flucht in diese, durchaus ihren Platz haben können. Gerade wenn es um das Thema Verlust geht, kann IF: Imaginäre Freunde durch einen gewissen Ideenreichtum und Charme überzeugen. Es ist natürlich keine besonders tiefsinnige Auseinandersetzung, wobei das bei diesem Thema auch nicht schlimm ist. Immerhin stehen alle Menschen dem Tod gleichermaßen ratlos gegenüber und insofern ist das schon passend. Auffallend ist zudem, daß Reynolds aus fürsorglicher Begleiter vielleicht erstmals seit Killer’s Bodyguard (2017) wieder halbwegs seriös spielt. Daß aus ihm nie ein großer Schauspieler wird, weiß man aber auch eigentlich schon seit Beginn seiner Karriere. Und ach ja in Sachen Schauspieler ist der Film ohnehin beinahe kriminell. Als Cineast fragt man sich dann schon, was die alle in diesem belanglosen Film wollen. Aber na ja, vielleicht ist das auch etwas zu snobistisch. Weitere Fragen die aufkommen, wären zum Beispiel, ob es wirklich eine großartige Schreckensvorstellung ist, erwachsen zu werden. Im Prinzip dreht der Film dabei die Thesis von Peter Pan (1953) um, und lässt dem Zuschauer Raum für seine Kindheit. Er soll sie bewahren, vielleicht in ihr versinken und sie schätzen. Nun, daß ist ein zweischneidiges Schwert. Zum einen ist es dann gut, daß der Film den Wert der Kindheit hervorruft und damit auch den Wert dieser zentralisiert.
Zum anderen ist es aber ein Problem, wenn man die eigene Kindheit heiligspricht und dabei auch die Kulturprodukte vergangener Tage unweigerlich auf ein Podest hebt. Denn immerhin lebt der Film von Referenzen und gleichermaßen ist es nun mal auch so, daß IF: Imaginäre Freunde mal wieder so ein Film ist, der dem Zuschauer sagt, wie toll doch Spielberg und das Kinder der 1980er Jahre waren. Ja, herzlichen Glückwunsch. Und nun?
Eine seichte, sehr einfach gehaltene Familien-Antiquität bietet IF: Imaginäre Freunde. Sehr behäbig wird vermeintlich tiefsinniges mit sinnlosem gemischt. Das geht unverträglicher und lässt auch nicht gänzlich jeden Charme vermissen, ist aber irgendwie zäh und zu wenig gewagt.


