Bewertung: 5 / 5
Die Realität: unbedeutend, ernüchternd, seelenlos, eiskalt und inhaltslos wie eine kleine blaue Schachtel. Der Traum: hypnotisierend, wunderschön, magisch; eine Flucht aus eben jener Realitat und die Erschaffung eines perfekten Lebens, in dem alles möglich ist. Der Traum ist eine Verarbeitung, eine Verdrängung all seiner schlimmsten Taten und Erlebnisse. Doch irgendwann hat auch der allerschönste und friedvollste Traum ein Ende und entpuppt sich als reinste Illusion. Man wird zurückgelassen in der Dunkelheit, die einen nach und nach eingeholt hat...
Mit "Mulholand Drive" nimmt der Meister und Alleskönner David Lynch die Traumfabrik komplett auseinander. David Lynch präsentiert uns die Stadt der Engel mit all ihrer Reizüberflutung, den aufgesetzten Fratzen und scheinheiligen Freudentänzen und grenzt sich mit seiner Filmperle deutlich von dem guten alten Hollywood ab. Ein Filmstudie wird regiert von einem kleinen Mongo hinter einer Glasscheibe; Schauspieler werden für ein Filmprojekt geradezu willkürlich besetzt; der nicht perfekte Espresso für einen Filmstudio-Boss wird von diesem angewidert ausgespuckt; der Kreativitat eines Regisseurs sind klare Grenzen gesetzt. Diese Missbilligung Hollywoods bekommt der Zuschauer in einem mysteriösen und spannenden Thriller serviert, wie es im Buche steht. Wie kein anderer schafft es David Lynch eine atemberaubende und mystische Atmosphäre aufzubauen, die ihresgleichen sucht. Die Straße der Finsternis, bestückt mit faszinierenden Lichtern und unendlich hohen Palmen, endet in einem hochpolierten Vorhof. Der Zuschauer lässt sich von dieser magischen Atmosphäre und schließlich der spannenden Detektivgeschichte rund um zwei Frauen (großartig gespielt von Laura Harring und Naomi Watts), die versuchen ein Geheimnis zu lüften, berieseln. Am Ende wird der Zuschauer wohl mit mehr als einem Fragezeichen zurückgelassen, sodass man geradezu dazu angehalten wird, sich den Film noch ein weiteres Mal anzusehen. Trotz der wirren Groteske scheint ,"Mulholland Drive" im Gegensatz zu Lynch’ "Lost Higway" in seinen Grundzügen jedoch durchsichtig(er) bzw. greifbar(er), sodass man am Ende nicht komplett in der Dunkelheit stehen bleibt.
David Lynch kam mit "Mulholland Drive" aus meiner Sicht auf dem vorläufigen Höhepunkt seines Schaffens an. Ein Film, der sein ganzes Potential wohl erst bei wiederholten Sichtungen offenbart und sicherlich nie an Reiz und Magie verlieren wird. Großartig! Meisterhaft! Unbeschreiblich!