Anzeige
Anzeige
Anzeige

Napoleon

Kritik Details Trailer News
Grundsolider Historienfilm

Napoleon Kritik

Napoleon Kritik
1 Kommentar - 25.11.2023 von Raven13
In dieser Userkritik verrät euch Raven13, wie gut "Napoleon" ist.
Napoleon

Bewertung: 3.5 / 5

Gestern Abend war ich im Kino unf habe mir "Napoleon" angesehen. Meine Kritik ist nahezu spoilerfrei. Aber wer die Geschichte kennt, kann hier sowieso nicht gespoilert werden.

Handlung / Storytelling / Pacing / Charaktere

Trailer zu Napoleon

Die Handlung des Films läuft leider ein wenig „Checkpoint“-mäßig ab. Jeder wichtige Abschnitt von Napoleons Leben wird mal mehr und mal weniger detailreich gezeigt, bis es zum nächsten Handlungssprung kommt, was manchmal auch mehrere Jahre sein können. Das wirkt wie eine chronologische Aneinanderreihung von einzelnen Geschichten. Diese Erzählweise wäre vom Grundsatz her kein Problem, wenn jeder einzelne Handlungsstrang auch etwas detailreicher wäre und mehr in die Tiefe gehen würde und wenn die Figuren, allen voran Napoleon und Josephine, nahbarer und intensiver beleuchtet würden. Doch dem ist leider nicht so.

Die Figuren bleiben leider trotz der Lauflänge eher blass und leider kann ich mich auch kaum in die Lage von Napoleon oder anderen Charakteren hineinversetzen, weil die Handlungsabschnitte zu zerfasert sind und weil den Charakteren zu wenig Raum zur Entfaltung gegeben wird. Einzig Josephine konnte ich emotional etwas mehr abgewinnen. Der Film geht 160 Minuten, doch bis zuletzt hat der Film es nie so richtig geschafft, mir als Zuschauer zu „zeigen“, warum Napoleon tut, was er tut und warum Napoleon vom Volk so geliebt wird. Warum zieht er gegen Afrika in den Krieg? Warum gegen Russland? Warum genau wird er als großer Feldherr und Stratege bezeichnet? Klar kann man sowas in Geschichtsbüchern nachschlagen, doch ich schaue den Film, um dies „gezeigt“ zu bekommen, und leider zeigt der Film davon zu wenig. Man sieht fast gar nicht, wie Napoleon Strategien und Taktiken plant und seine gigantische Armee aufstellt und koordiniert oder organisiert.

Schauspielerisch spielt Joaquin Phoenix Napoleon eigentlich gut, doch er bleibt mir immer zu unnahbar und kühl. Leider konnte ich dadurch auch nicht mit Napoleon mitfühlen oder mit ihm mitfiebern.

Obwohl Josephine weniger Screentime hatte, ist mir das bei ihr „etwas“ besser gelungen. Der Grund dürfte sein, weil sie etwas menschlicher und sympathischer rüberkam, was natürlich auch an Vanessa Kirby und ihrem großartigen Schauspiel liegt. Sie hat Josephine sehr gut rübergebracht. Leider nur hat sie zu wenig Screentime. Ich hätte gerne noch viel mehr von ihr gesehen. Zum Beispiel wäre es schön gewesen, ihre Gefühlslagen während Napoleons Abwesenheit mehr gezeigt zu bekommen, um auch nachvollziehen zu können, warum sie denn nun mit dem anderen Mann fremdgegangen ist.

Aber loben will ich an dieser Stelle trotzdem die Szenen zwischen Napoleon und Josephine, denn diese Szenen sind die besten des gesamten Films,auch wenn sie etwas zu kurz kommen. Hier kommen zwischendurch tatsächlich auch mal Emotionen bei mir auf und ich konnte ich vor allem mit Josephine besser mitfühlen. Hiervon hätte es gerne deutlich mehr Szenen geben dürfen.

Schade wiederum finde ich, dass man von Napoleons Sohn und seiner zweiten Ehefrau zum Ende hin nichts mehr gezeigt bekommt. Den halben Film über wird gesagt, wie wichtig Napoleon ein männlicher Erbe sei, und dann hat er endlich einen Sohn und dann ist dieser plötzlich unwichtig.

Auch die Schlachten werden zwar optisch toll inszeniert, aber mir gehen diese viel zu wenig in die Tiefe. Die Planung der Schlachten, die Durchführung und der Verlauf sind mir zu oberflächlich und beginnen und enden zu abrupt. Auch die Ausgänge der Schlachten sind immer viel zu schnell abgehandelt.

An dieser Stelle habe ich noch die Hoffnung, dass der über 4-stündige Directers-Cut hier in allen Belangen besser wird. In der Kinofassung jedenfalls bleiben sowohl Handlung als auch Charaktere hinter meinen Erwartungen zurück.

Ob die Geschichte übrigens historisch akkurat ist oder nicht, kann ich nicht beurteilen und ist mir auch egal. Wichtig bei einer Handlung ist, dass sie gut umgesetzt wird, glaubwürdig und konsistent ist und mir gefällt.

Actionszenen / CGI

Die Actionszenen bzw. die Kampf- und Schlachtszenen sind durchaus gelungen und toll inszeniert und machen richtig Spaß. Komisch wiederum finde ich nur den grad der Gewalt. In einer Schlacht wird gezeigt, wie Körperteile herumfliegen, Pferde ihre Gedärme verlieren oder wie Menschen zerfetzt werden, während die nächste Schlacht völlig jugendfrei und fast ohne Blut daherkommt. Das wirkt dadurch so, als würde man zwei Filme schauen: Einen Kriegsfilm, der brutal zu Werke geht und schonungslos die Gewalt zeigt und einen Film, bei dem Gewalt in Kriegsszenen nur angedeutet wird.

Leider ist in manchen Locations deutlich aufgefallen, dass die Umgebung nur aus dem Computer stammt. Vor allem die Schlacht im Schnee und auf dem Eis ist da etwas negativ aufgefallen. Optisch wurde die Schlacht super inszeniert, aber man merkt einfach, dass es kein echter Drehort ist. Die Kälte kommt kaum richtig fühlbar rüber. Hier möchte ich mal den Vergleich zu Gladiator bringen, wenn Maximus mit seinen Kriegern in Germanien in der klirrenden Kälte kämpft. Echter Drehort und die Kälte kann man förmlich spüren, wenn man vor dem TV oder im Kinosaal sitzt. Hier bei Napoleon irgendwie gar nicht so richtig.

Tonabmischung

Die Tonabmischung (Deutsche Version) ist meistens recht gut, aber auch weit entfernt davon, Referenzniveau zu erreichen. Die Raumklangsimulation hält sich oft zu sehr zurück, Kanonenfeuer wirkt zu leise und zu wenig druckvoll und Gewehrschüsse sind häufig ebenfalls zu leise und flach.

Die Stimmen hingegen sind im Deutschen sehr gut zu verstehen und nie zu leise oder zu laut.

Musik

Die Musik hält sich in dem Film leider stark zurück. Es gibt viele Szenen komplett ohne Musik. In ruhigen Szenen ist das oft sogar sehr angenehm und passend. Aber in manchen Szenen wiederum habe ich eine wuchtige oder prägnante Musik vermisst. Auch emotionale Klänge bei dramatischeren Szenen fehlten mir manchmal. Ich habe von der Musik im gesamten Film nicht ein einziges Mal eine Gänsehaut bekommen. Aber die Musik, die halt da ist, ist auch nicht schlecht. Eher so durchschnittlich, aber zumindest auch meist passend zu der Zeit.

Synchronisation

Auch zur deutschen Synchro möchte ich noch ein paar Worte sagen. Diese sit zwar durchweg sehr gut gelungen, doch ich finde es sehr schade, dass man heutzutage kaum mehr sprachliche Akzente und Dialekte verwendet. Hier hat man komplett auf den französischen Dialekt verzichtet, und das ist echt schade. Ich mag den französischen Dialekt bei der deutschen Sprache. Das passt beides einfach wunderbar zusammen.

Ausstattung / Kostüme

Hier kann man Napoleon eigentlich nichts vorwerfen. Die Kostüme sind klasse und wirken glaubwürdig echt und authentisch. Ob sie es wirklich sind, kann ich nicht sagen, denn ich bin kein Historiker oder Geschichtsprofessor.

Die Sets und die Produktionsausstattung wirken auch meist ziemlich authentisch und hochwertig, vor allem in Innenräumen.

Vergleich zu Ridley Scott’s anderen Historienfilmen

Hier möchte ich nun nochmal den Vergleich zu anderen Historienfilmen von Ridley Scott ziehen, speziell zu Gladiator, The Last Duel und Exodus. Außen vor lasse ich Königreich der Himmel und Robin Hood, weil ich mich an diese kaum bis gar nicht mehr erinnern kann.

Den Vergleich zu Gladiator verliert Napoleon auf ganzer Linie. Gladiator macht einfach alles vielfach besser. Die Charaktere werden besser beleuchtet und entwickeln sich auch nachvollziehbarer. Die Handlungen der Charaktere sind nachvollziehbarer und entlocken mir als Zuschauer auch viele Gefühle wie Wut, Hass, Sympathie, Mitleid oder Angst. Maximus ist einfach ein unglaublich toller Charakter, den ich von der ersten Minute an ins Herz schließe, mit dem ich mitfühlen kann und mit dem ich einfach gut mitfühlen kann. Hier stimmt die Kombination aus Charakter, Drehbuch und Schauspieler auch einfach zu 100 %. Russel Crowe ist hier einfach grandios und überzeugt in seiner Rolle voll und ganz. Das gleiche gilt aber auch für alle anderen Charaktere und Schauspieler. Emotionen werden hier immer groß geschrieben, die Handlung und das Pacing sind super und es wurden viele echte Drehorte verwendet. Darüber hinaus ist auch der Soundtrack von Gladiator einfach nur ein Meisterwerk. Von der Perfektion von Gladiator ist Napoleon daher weit entfernt. Gladiator ist für mich eine absolute 10/10.

Exodus ist ja einer dieser Filme, der vielen nicht gefällt. Ich hingegen mag Exodus sehr gern und finde ihn auch tatsächlich mit jeder Sichtung besser. Ich habe ihn mittlerweile drei Mal gesehen und finde den Film einfach zu Unrecht so unterbewertet. Klar ist der auch lange nicht so meisterhaft wie Gladiator, aber in meinen Augen dennoch besser als Napoleon, was vor allem an der stärkeren emotionalen Tiefe liegt. Mit Christian Bale als Moses konnte ich einfach viel besser mitfühlen als mit Phoenix als Napoleon. Und Exodus hat dazu auch noch einen direkten Antagonisten mit Ramses, welcher dazu auch noch der Stiefbruder von Moses ist, was noch eine ordentliche persönliche Note in den Konflikt mit einbringt. Die Handlung finde ich auch etwas stringenter und der rote Faden ist deutlich sichtbarer. Exodus ist für mich eine gute 8/10.

Zuletzt wäre da noch der neuste Historienfilm von Ridley Scott, nämlich The Last Duel. Auch den finde ich persönlich deutlich besser als Napoleon. Einerseits finde ich die Erzählstruktur sehr gut, weil man die Geschichte aus drei verschiedenen Sichten erlebt, was ich spannend finde, weil jeder Charakter eine etwas andere Sicht der Dinge hat. Dann ist da auch wieder die sehr persönliche Komponente, da alle drei Hauptfiguren eng miteinander verwandt oder befreundet sind. Der Konflikt, der da zwischen allen dreien entsteht, wird großartig inszeniert und ist sehr glaubhaft und auch sehr emotional. Der Film hat zwar von allen die wenigsten Actionszenen, aber speziell das namensgebende letzte Duell hat es aber auch echt in sich. Großartig inszeniert, spannend, roh, authentisch und dramatisch. Auch musikalisch ist der Film gut untermalt. Nicht so gut wie Gladiator, aber besser als Napoleon. Manche mögen den Film als langweilig oder zäh beschreiben, ich jedoch finde ihn großartig. The Last Duel ist für mich eine sehr gute 9/10.

Fazit zu Napoleon (Kinofassung)

Napoleon hat definitiv einige Stärken. Diese wären zum Einen die visuelle Inszenierung, die wirklich klasse ist. Auch die Kämpfe sind klasse inszeniert, doch leider halt auch etwas zu kurz und abrupt beginnend und endend. Dann wäre da die gute schauspielerische Leistung, vor allem von Vanessa Kirby als Josephine. Auch Joaquin Phoenix spielt durchaus solide, aber ich habe ihn auch schon besser erlebt. Ebenfalls lobend zu erwähnen seien die Produktionsausstattung und die Kostüme. Musikalisch ist der Film okay, aber bei weitem nicht die beste Leistung eines Ridley Scott-Films. Tonal ist der Film gut abgemischt, aber hier wäre auch mehr drin gewesen. Die Handlung allerdings ist zwar interessant, wirkt nur leider zu zerfasert und zerstückelt. Die Charaktere leiden darunter und können nicht ihre volle Entwicklung ausschöpfen. Emotional lässt mich der Film meistens recht kalt. Trotz all der Kritik habe ich die 160 Minuten des Films fast immer genossen und finde den Film trotzdem völlig solide.

Ich bin nun sehr gespannt auf die fast 90 Minuten längere Fassung, die uns demnächst auf AppleTV+ erwartet. Hier hat der Film durchaus die Chance, im Bereich der Handlung und der Charaktere ordentlich zuzulegen.

Bewertung: 7/10 Punkte

Wiederschauwert: Gering

Nachhaltiger Eindruck: Gering

Emotionale Tiefe: Gering

Napoleon Bewertung
Bewertung des Films
710

Weitere spannende Kritiken

Black Panther Kritik

Black Panther Kritik

Poster Bild
Kritik vom 28.04.2024 von ProfessorX - 0 Kommentare
TChalla (Chadwick Boseman) kehrt nach dem Tod seines Vaters zurück in seine Heimat Wakanda. Dort soll er, der Black Panther, nun auch den Thron seines Vaters besteigen. Das technologisch hoch entwickelte Land lebt abgeschottet von der Welt. Eines Tages will der Söldner Erik Stevens (Michae...
Kritik lesen »

Thor - Tag der Entscheidung Kritik

Thor: Tag der Entscheidung Kritik

Poster Bild
Kritik vom 28.04.2024 von ProfessorX - 0 Kommentare
Der Donnergott Thor (Chris Hemsworth) ist weitab von seiner Heimat Asgard. Er wird von dem mächtigen Wesen Surtur (Clancy Brown) gefangengehalten, der ihm offenbart, daß Ragnarök – das Ende der Welt – bevorsteht. Unterdessen kehrt die erbarmungslose Hela (Cate Blanchett) ...
Kritik lesen »
Mehr Kritiken
Was denkst du?
Ich stimme den Anmelderegeln beim Login zu!
1 Kommentar
MJ-Pat
Avatar
Raven13 : : Desert Ranger
25.11.2023 14:00 Uhr | Editiert am 25.11.2023 - 14:01 Uhr
0
Dabei seit: 13.02.16 | Posts: 7.230 | Reviews: 108 | Hüte: 641

Gestern im Kino gesehen und bis heute drüber nachgedacht. Hier meine Kritik zum Film. Um Spoiler muss man sich nicht sorgen, außer man kennt die geschichte um Napoleon überhaupt nicht und weiß nicht, was mit ihm passiert. ^^

Viel Spaß beim Lesen!

PS: Als ich diese Kritik schrieb, lief nebenbei der geniale Soundtrack von Gladiator. smile

Ein Zauberer kommt nie zu spät. Ebenso wenig zu früh. Er trifft genau dann ein, wenn er es beabsichtigt.

Forum Neues Thema
AnzeigeN