Bewertung: 4 / 5
Im folgenden gibt es eine dreifache Kritik zu Pain and Gain und jeder kann für sich selbst rausfischen, welche der drei folgenden komplett objektiven Kritiken einen am ehesten anspricht, die Wertung am Ende ist dann natürlich meine eigene völlig objektive Meinung ;)
1. Feuilleton Kritiker
Trailer zu Pain & Gain
In Pain & Gain lässt Bay seinem inneren sadistischen Kind freien Lauf, indem er seine ambitionierten aber talentlosen Schauspieler mit seinem halbgaren Drehbuch komplett gegen die Wand fahren lässt. Da wechseln sich die typischen Bay-Hochglanzoptiken mit sadistisch übertriebenen Einfällen wie übertrieben ach so lustigen Folter- und Mordszenen sowie garstigen Ideen wie Grillstunde für Kranke in so einem stetigen Wechsel ständig ab, dass man nicht weiß, was den Herrn Bay denn da geritten hat. Zudem mangelt es in dieser Erzählung an irgendwie gearteten Identifikations- oder sonstwelchen Bezugspersonen. Bevor Bay wieder sich ein weiteres Mal an solch einem menschenverachtenden Machwerk versuchen darf, sollte er doch bitte noch 20 weitere wirklich kindliche Effektblockbuster verbrechen und uns mit seiner menschenverachtenden Gesinnung einfach in Ruhe lassen. Solche Werke wie dieses sollte er denen überlassen, die sich auch inhaltlich wirklich gut mit dem Thema auskennen, wie zB den Tarantinos und Coens dieser Welt.
4 Punkte
2. Fanboy
Was willst du Snob da für ein Dreck erzählen, Alter! Was keine Identifikationsfigur, Mann, hast du den Film überhaupt gesehen, du Schwachkopf! Markie Mark und The Rock sind ja sowas von überzeugend in ihrer Rolle, das ist so genial und echt, das glaubst du aber! Und die beiden leben voll den amerikanischen Traum - echt ey ( Mann deine Kritik nervt mich gerade sowas von ab, wenn ich nur wüsste, wo du wohnst, Spast!) - das ist voll krass. Die machen es richtig! Wenn das Leben dir die falschen Karten austeilt, nimmst du dir, was dir zusteht. Das ist so krass wie Scarface! Und die Inszenierung ist ja so Hammer, immer diese Hochglanzbilder, perfekte Musik, und immer weiß man, wer gerade was denkt. Wie macht Bay das nur, Hammer! So genial, diese Idee, warum ist bisher keiner darauf gekommen, das ist fast so als würde ich Donald Duck lesen mit Gedankenblasen und so ( Haha - blasen , verstehst du, Kritikersnob, haha!) nur mit Hören statt Lesen. Das ist so cool, und das hat es auch noch nie gegeben, das ist ganz neuartig. Wow, einfach nur wow.
10 Punkte, in your Face Kritiker, geh und kritisier Schindlers Liste, Alter!
3. Eine Art Amalgam
Tatsächlich hat Bay im Vorfeld für einige hochgezogene Augenbrauen gesorgt, als er sagte, er wolle ein kleines persönlicheres Projekt angehen und würde einen Film im Stile der Coens drehen. Und er machte auch keinen Hehl daraus, dass ihm Fargo als große Inspiration vorschwebte.
Und natürlich stürzte sich daraufhin das komplette Feuilleton wie die Motten auf das Licht auf sein fertiges Werk. Denn Bays Werk war offensichtlich einfach nur ein sadistisches auf Hochglanz getrimmtes Vehikel über einen Haufen unsympathischer Widerlinge, die sich einfach nur immer weiter in die Scheisse reiten. Das hatte nun wirklich nichts mit den Coens zu tun, in deren Werken ab und zu irgendwelche Widerlinge immer tiefer durch eigenes Zutun - manchmal aber auch einfach so - immer tiefer in die Scheisse gerieten.
Und wenn man nun tatsächlich etwas (und man muss sich wirklich nicht groß dafür anstrengen oder ein unendlicher Bay Fanboy sein) hinter die Oberfläche blickt, hat man tatsächlich sowohl inhaltlich als auch inszenatorisch eine starke Abkehr vom üblichen Bayvehikel. Die Figuren haben allesamt nachvollziehbare und nachverfolgbare Motive und jeder tatsächlich seine eigene - teilweise auch stark widersprüchliche, weil eben wirklich menschliche- Stimme, welche den ganzen Film über gewahrt bleibt und nicht plötzlich eine Figur die sich nur wegen dem Plot irgendwie verhält.
Dass die Figuren eben nicht zur Identifikation einladen, ist auch irgendwie gut so, denn trotz der nachverfolgbaren Gedanken und Aktionen tun sie irgendwann wirklich abstrus garstige Sachen, da will ich doch hoffen, dass das nicht zur Identifikation einlädt. Dennoch: Die Motivation, inkl. Selbstlügen, ist immer klar verfolgbar und völlig stimmig.
Da trifft Bay für dieses Vehikel mit seinen absoluten braungebrannten muskelbepackten Prolos den Ton mit seiner Garstigkeit und vermeintlichem Sadismus mindestens genausogut wie die Coens als er seine genauso debilen Gauner zum Häcksler schickt. Hier wie dort wird schwarzer Humor aufgetischt, hier ist es sadistisch dort hintersinnig? Echt jetzt! Es passt in beiden Fällen im Gesamtkontext des Werkes und der Inszenierung, und das gehört einfach auch mal gewürdigt, egal wer hinter der Kamera steht!
Das wahre Highlight dieser Inszenierung ist aber tatsächlich sowohl die Figur, die Wahlberg spielt, als auch Wahlbergs Performance selbst. So widerlich der Charakter auch ist, so vereinnahmend ist er auch mit seinem Westentaschencharme und tatsächlich auch ein kleiner Mephisto, der sein komplettes Umfeld mit in den Höllenschlund reißt, und dabei aber immer selbstgerecht und ohne jegliche Selbstzweifel agiert. Das ist ein extrem glaubwürdiger und gut geschriebener Charakter. Und Wahlberg spielt diese Rolle mit so viel Innbrunst, als würde er sich tatsächlich für die Awardseason in Position bringen, inkl komplett unnötigem Körpereinsatz. Dwayne Johnsons Charakter ist ebenso gut geschrieben und mit ihm als Besetzung für diese Rolle auch ein absoluter Coup gelungen, aber der Mann ist einfach kein Schauspieler, und das merkt man leider viel zu häufig. Zum Glück kann Bay das mit seiner typischen OvertheTop Inszenierung ein bisschen auffangen. Mackie macht das Beste aus seiner in diesem Trio eher undankbar wirkenden, aber mindestens genauso gut geschriebenen Rolle.
Aber auch sonst sind alle Charaktere (Opfer, Stripperin, Detektiv) immer gut geschrieben und auch sehr gut besetzt und noch besser gespielt.
Und Bay lässt es sich nich nehmen, immer wieder subtil doppeldeutig zu sein. Zum einen bedient er sein bisheriges Zielpublikum mit seiner typischen Inszenierung, andererseits bietet er keinerlei Projektionsfläche für irgendwelche typischen Helden, selbst Harris ist ein alter Knacker mit morschem Rücken. Dann zelebriert er auf der einen Seite offenkundig die Todesstrafe, nur um im gleich nächsten Bild eben diese subtil zu verteufeln.
Tatsächlich ist Pain & Gain ein extrem spannender Film in Bays Vita und kommt Fargo auch tatsächlich sehr nahe, vor allem inhaltlich und erzählerisch. Klar ist er oberflächlich sehr plump und gewaltverherrlichend, aber das ist nunmal die Geschichte, die er erzählt, er bricht immer wieder die Gewalteskalation auf, und er bleibt immer im Charakter. Außerdem ist er wenn es darauf ankommt immer auch subtil, bisweilen auch offensichtlich, doppeldeutig.
Ein letztes Wort noch: Es ist für mich nun absolut nachvollziehbar, dass Bay sich mittlerweile, wenn von der Leine gelassen, um überhaupt nichts mehr schert und einfach nur Rotz abliefert wie zuletzt in 6 Underground, wenn seine tatsächlich erfolgreich ambitionierten Projekte wie dieses Werk hier gnadenlos abgestraft werden.
Pain & Gain ist ein erfolgreicher Versuch Bays, ein ambitioniertes vielschichtiges Werk wie die Coens abzuliefern, und das zudem auch noch so, dass der Film trotz seines Inhalts immer noch wie ein typischer Bay wirkt. Daumen hoch
8 Punkte