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Sicario

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Sicario Kritik

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Sicario Kritik
0 Kommentare - 20.04.2024 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Sicario" ist.
Sicario

Bewertung: 3.5 / 5

An der Grenze zwischen Mexiko und dem Bundesstaat Arizona herrscht seit Jahren ein Drogenkrieg zwischen dem FBI und der organisierten Kriminalität. In diese Welt wird die junge Kate Macer (Emily Blunt) verfrachtet, als sie sich einer internationalen Einsatzgruppe anschließt, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, den lokalen Drogenhandel zu stoppen. Es ist eine raue, brutale Welt, in der sich klare Moralvorstellungen zurückziehen müssen. Zusammen mit dem mysteriösen Söldner Alejandro (Benicio del Toro) und dem Einsatzleiter Matt Graver (Josh Brolin) feiert Macer bald erste Erfolge. Doch bald schon wird ihr klar, daß Gut und Böse sehr nahe beieinanderliegen.

Die amerikanische Außenpolitik ist im besonderen seitt den 1970er Jahren auch innerländisch immer wieder Teil heftiger Diskussionen. Der Krieg gegen die Drogen und der Krieg gegen Vietnam und die vermeintlich an Massenvernichtungswaffen bauenden Terroristen in Vietnam sind nur einige Beispiele dafür, wie durchtrieben die amerikanische Regierung über die Jahre hinweg den Einmarsch in fremde Länder legitimiert hat. Ein neues Feindbild Amerikas ist Mexiko, wie nicht zuletzt auch Rambo: Last Blood (2019) unter Beweis stellte. Sicario nimmt sich auch diesem Thema an, wenngleich er das Innenleben seiner Figuren lange im Schatten hält, abgesehen natürlich vom naiven Idealismus seiner Hauptfigur. Daß will grob gesagt auf folgendes hinaus, nämlich, daß die amerikanische Regierung, besser gesagt das Militär äußert dubiosen Machenschaften nachgeht und derweil durch ihr Eingreifen in die Geopolitik ganze Kriege auslöst. Nun, ja, einen Krieg sieht man in Villeneues Drama weniger, ebenso auch keine großartigen Gewaltspitzen, wenngleich Morde und Folter schon teil der Geschichte sind. Allerdings leidet Sicario auch unter einem ganz simplen Problem, denn wirft diese These in den Raum und kommt eigentlich nur zu einem einzigen Schluss, der aber von Anfang an auf der Hand liegt.

Trailer zu Sicario

Etwas ungewöhnlich ist Sicario dann vor allem, wenn er seine Hauptfigur in Szene setzt. Eine junge Idealistin, die für das FBI arbeitet und Teil einer Task-Force unter Matt Graver wird. Nun würde man im modernen Vulgär-Diskurs vermutlich die Frage in den Raum werfen, warum ausgerechnet die einzig relevante Frau im Film die wohl undankbarste Rolle ergattert. Denn antiintellektuelle Polemiker auf Twitter werden hier verblüfft feststellen, daß die von Emily Blunt verkörperte Kate Macer weder stark noch intelligenter ist als alle anderen. Tatsächlich scheint Sicario aber etwas ganz anderes zu sein. Während in den 1980er und den frühen 1990er Jahren vor allem Propaganda-Filme wie Rambo III (1988) oder Jagd auf Roter Oktober (1990) inszeniert wurden, steht Villeneuve eher in der Tradition des kritischen New Hollywoods. Das beschreibt auch Sicario ganz gut, weil die amerikanische Außenpolitik federführend verantwortlich dafür sieht, daß Kriege entstehen, Kriege weitergehen und daß staatliche Grenze keineswegs Respekt erfahren. Nun, klar, diese Task-Force schwindet auch leicht unter dem Radar, allerdings ist das ja für den Zuschauer irrelevant und zeigt eigentlich, daß vieles im Verborgenen liegt. Ähnlich wie es auch mit den Figuren hier passiert. Sinnbildlich stehen sie für eine dubiose und unüberschaubare Außenpolitik und ähnlich wie diese, werden die Figuren nie gänzlich ergründet. Zumindest bis zum Schluss nicht.

Bisweilen erinnert das an den cineastischen Meilenstein Spiel mir das Lied vom Tod (1968) oder generell an das Genre des Italo-Western. In langsamen Einstellungen, die Villeneuve ein wenig zu sehr gefallen, wird hier die Rohheit der Gewalt gezeichnet. Nüchtern und ziemlich analytisch blicken alle Figuren in diese Welt. Alle, bis auf die Hauptfigur. Daher ist diese Figur auch so genial, weil ihr Idealismus dem Idealismus der Zuschauer gleicht und damit den perfekten Spiegel einer Gesellschaft porträtiert. Unpraktisch ist das natürlich dann für diejenigen, die keine einfache Moral kennen und sowieso den Menschen eher in Ambivalenzen denken. Krieg hat hier kein einfaches Feindbild mehr, nach welchem sich die amerikanische Gesellschaft hinstellen könnte und moralisch überlegen wäre. Krieg ist hier zwar im Guerilla-Sinne gedacht, lässt sich aber eben auch auf große Kriege übertragen. Die Frage, ob ein klassischer Krieg in dem Sinne überhaupt noch abseits einiger Ausnahmen stattfindet, oder ob es nicht generell eher auf einzelne Gruppen zutrifft, wäre natürlich auch noch einmal zu diskutieren. Insofern ist der klassische Kriegsfilm eigentlich kein Thema moderner Tage. Zumindest nicht für den Westen. Der Film verlagert das Thema Krieg und man muss das noch nicht einmal großartig analytisch betrachten, um einige ideologische Fehler in diesem Drogenkrieg zu finden. Man kann auch einfach die Frage in den Raum werfen, was amerikanische Agenten und Soldaten in Mexiko zu suchen haben. Allein dadurch würde ein Raum relativ schnell leise werden. Und Villeneuve stellt das gekonnt heraus.

Daß die Tradition von Sicario eher in der Vergangenheit verwurzelt liegt, zeigt sich auch daran, daß es einer der wenigen Fälle ist, die wirklich mit keinem Happy End, oder einem fröhlichen Blick in die Zukunft aufwarten. Im Prinzip ist der Idealismus gescheitert und die Idee davon, ein marodes System von innen heraus zu bekämpfen. Dazu sind die Machthaber einfach zu mächtig, was Kate Macer im Verlauf des Films erkennen muss. Daß Moral und damit auch die Judikative keinerlei Rolle in dieser Welt spielen, zeigt sich auch eindrucksvoll an der Figuren von Kaluuya und del Toro. Beide haben ihre Ursprünge in Jura und beide haben eine ganz eigene Auffassung dieser Werte, wenn ums Mexiko geht. Der eine glaubt selbst nicht an den Staat und der andere muss erkennen, daß sein Glaube in diesem Staat keine Chance gegen die Mächtigen innerhalb des Systems hat. Damit zeigt Villeneuve selbstverständlich auch auf, daß Krieg keine Regeln hat und nichts, was ihn regulieren könnte. Wie gesagt, wir sprechen hier eher von einem Guerilla-Akt, aber dennoch lässt sich das ja ganz gut übertragen.

Daß einzige, was die Größe von Sicario aushebelt, ist sein Pacing. Denn das, was er erzählen möchte, kann man durchaus auch unterhaltsamer zeichnen. Ansonsten ist hier ein Film entstanden, der so gar nicht in seine Zeit passt und der eher dadurch irritiert, daß einer sehr langatmig, sehr figurenfokussiert und sehr pessimistisch auf die Welt blickt. Es ist kein Werk für Kinder, sondern für Erwachsene.

Sicario Bewertung
Bewertung des Films
710

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