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Sie leben!

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Sie leben Kritik

Sie leben! Kritik

Sie leben! Kritik
0 Kommentare - 09.10.2022 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Sie leben!" ist.

Bewertung: 3.5 / 5

Kurz nachdem er auf dem Bau anheuert, findet Nada (Roddy Piper) heraus, daß die Menschheit von Aliens infiltriert wird. Durch eine spezielle Sonnenbrille gelingt es im Menschen von Außerirdischen zu unterscheiden. Dazu findet er immer wieder Botschaften auf Werbetafeln und anderen elektronischen Geräten, die die Menschheit in ihren Bann ziehen. Nun muss Nada die Menschheit befreien.

John Carpenter erzählte mal, daß ihm nicht genau klar wäre, warum seine Filme in den Augen der Cineasten so einen hohen Stellenwert einnehmen. Er hätte einfach einen Film inszeniert, der ihm so ein wenig auf den deuterischen Händen geglitten sei. Nun, an einem solchen Beispiel kann man ganz gut erkennen, wie schnell ein Produkt ein Eigenleben entwickeln und wie wenig Antworten auf brennende Fragen, man von dem Mediator hinter dem Werk erwarten kann. Es bleibt eine der größten Thesen der Kunst, daß Künstlerinnen und Künstler gar nicht in der Lage sind, ihr eigenes Schaffen zu verstehen. Eventuell wird in diesem Falle die These dadurch gestützt, daß ja auch nicht jeder Filmschaffende Meisterwerk um Meisterwerk serviert und man ja letztlich auch von einem Handwerk spricht, wenn es etwa um die technischen Aspekte einer Produktion geht. Warum dieser Umstand so wichtig ist, um Sie leben zu verstehen, ist ganz einfach. Denn der Film ist in jedem Fall ein gesellschaftskritisches Werk, daß nicht gerade dadurch auffällt, daß es besonders subtil ist. Der Film hat nun mal das Pech, wie viele vergangene Werke das Pech haben, in einer Zeit entstanden zu sein, in der man filmisch vielleicht noch nicht alles erkundet hatte. Natürlich ist das keine wissenschaftlich fundierte Aussage und es ist ebenso subjektiv, wie der Geschmack. Doch immer, wenn man etwas findet, was man einem Film zur Last legen kann, dann kommt man in das naive Schwelgen und sagt „Ach ja, daß war halt früher so.“

Insgesamt könnte man behaupten, gehört Sie leben sicherlich nicht zu den Carpenter-Werken, an die man als Erstes denkt, wenn man von ihnen hört. Und das hat auch ein paar Gründe. Carpenters Filme Halloween – Die Nacht des Grauens (1978), The Fog – Nebel des Grauens (1980), Die Klapperschlange (1981), aber auch Sie leben sind Filme, die erstmal ein ziemlich simples Konzept verfolgen. In Sie leben versuchen Menschen von A nach B zu kommen und zu überleben. Das heißt, einen hochkomplexen Plot, oder etwa eine Geschichte, braucht man hier kaum zu erwarten. Carpenter hat damit vielleicht sogar das Kino durchschaut, indem er Dinge einfach passieren lässt, sie aber nicht erklärt. Sicherlich folgen innerhalb des späteren Verlaufs dann doch einige Handlungsstränge, die die Geschichte voranführen. Doch ganz salopp gesagt, könnte man das, was passiert in einem Satz zusammenfassen. Das ist kein Problem. Die größten Filme der Filmgeschichte haben nicht zwingend eine Geschichte und funktionieren eben durch Bilder. Doch retrospektiv haben Meisterwerke immer wieder das Glück, daß man sie trotz dessen nicht einfach neu machen kann. Es gibt nicht die Möglichkeit Spiel mir das Lied vom Tod (1968) erneut zu machen. 2001: Odyssee im Weltraum (1968) ist eine Oper, die ihrer gleichen sucht. Und was passiert, wenn sich Wahnsinnige an Hitchcock versuchen, wissen alle, die jemals vom Psycho-Remake gehört haben und auch hiermit diejenigen, die noch nie davon gehört haben. Nun ist es vielleicht in manchen Belangen sehr snobistisch, zu behaupten, man dürfe es nicht versuchen. Carpenters Das Ding aus einer anderen Welt (1982) ist ja eben auch der lebende Beweis dafür, daß es auch andersrum geht. Doch ich schweife ab.

Sie leben ist ein Film, der einen starken Subtext aufweist. Man kann in diesem Falle eigentlich schon wieder gar nicht von einem Subtext reden, weil der Film in keinem Belang jemals subtil ist. Und insofern verwundert es, daß Carpenter selbst nicht begreifen mag, wie seine Werke für die Masse zu verstehen sind. Hier spielt vor allem die Brille eine große Rolle. Sonnenbrillen, die die Augen verhüllen und die Wahrheit spendieren. Man muss zugeben, daß das auch hier ein wenig albern wirkt. Doch dabei darf man nicht vergessen, daß das aus einer ganz anderen Zeit stammt. Und immerhin scheint das Konzept einen solchen Anklang zu finden, daß man es wohl in Matrix (1999) wiederverwertet hat. Natürlich spielt das Sehen hier auch ganz klar auf die großen Dystopien vergangener Tage an. George Orwell lässt grüßen. Und in diesem Moment mag Carpenter eben nicht subtil sein, doch an der Stelle muss er das gar nicht. Immer wieder tauchen Werbetafeln auf, die irgendein Produkt bewerben und die dann von der Hauptfigur John Nada dank der Brille, gelesen werden können. Konsumieren soll er. Er soll sich hingeben und das Denken aufgeben. Natürlich eine starke Kritik an der Reagan-Ära, die auch heute noch nichts an ihrer Aktualität verloren hat. Zumindest im Kern. Dem Film täte an der Stelle tatsächlich etwas Subtilität ganz gut. Besser gesagt, er sollte die Struktur dahinter besser erklären. Zu sagen, daß Kapital schwächt das Leben, ist eine Kampfansage, aber keine Analyse. Das mag eben früher gereicht haben. Doch wenn man dann an Filme wie Parasite (2019), die auch das Individuum und den Klassenkonflikt besser aufzeigen, dann mag dieser Film hier etwas aus der Zeit gefallen sein.

Unterdessen bietet der Film eine der ober affigsten und gleichzeitig ikonischsten Schlägereien der Filmgeschichte. Warum John Nada seinen Kumpel Frank nicht einfach dazu normal bereden kann, diese Brille anzuziehen, ist mir schleierhaft und führt nicht gerade dazu, die ernste Grundstimmung, die der Film vermitteln will, abzukaufen. Darüber hinaus schockiert Carpenter noch viel eher mit Bildern, die sich mittlerweile zum Alltag einer ganz gewöhnlichen Großstadt gemausert haben. Der Klassenkonflikt wird hier durch den Wechsel aus armen und gut betuchten Menschen in Bildern ausgedrückt. Wenn man sieht, wie da Menschen auf der Straße leben, dann kann man eigentlich nicht anders, als den Film als dokumentarisch zu begreifen. Vielleicht war das zu jener Zeit noch dystopisch, doch daß es jenen Wandel gegeben haben muss, das können selbst neoliberale Menschen nicht leugnen. Unterdessen ist natürlich die Wahl der Helden auch etwas in die Jahre gekommen. Im selben Jahr, in dem John McClane zur Ikone einer Generation wurde, sieht man mit John Nada und Frank zwei Helden vom Bau, die bedingt durch ihre Angst vor der Wahrheit auch noch systemisch gegeneinander ausgespielt werden. Auch diese so lächerlich anmutende Kampfsequenz darf man hier nicht runtereden, wenngleich man sie natürlich hätte besser inszenieren müssen. Insgesamt ist der Film dann eben doch nicht so dystopisch, wie er zunächst anmuten mag, weil er eben auch gegen Ende eine Hoffnung andeutet.

Und das, obwohl Carpenter den ganzen Film daraufhin gearbeitet hat, daß der amerikanische Traum in all seinen Einzelheiten zerlegt wird. Damit beweist er natürlich auch, daß er für eine andere, vielleicht besser Zukunft bereit wäre.

Als Kind seiner Zeit ist Sie leben in jedem Fall zu verstehen. Man kann es ihm schlecht zum Vorwurf machen, daß er teils peinliche Ideen auch peinlich inszeniert, doch der Kern dahinter ist sicherlich alles andere als blöd. Die Arbeiterklasse, der Konsum und das Erkennen „der Wahrheit“ sind alles Themen, die heute mehr denn je in die Welt gehören, aber weitestgehend vernachlässigt oder verdrängt wurden. Daher ist dieser Film in fast allen Belangen noch hochbrisant.

Sie leben! Bewertung
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710

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