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Stillwater - Gegen jeden Verdacht

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Stillwater - Gegen jeden Verdacht Kritik

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Stillwater - Gegen jeden Verdacht Kritik
0 Kommentare - 22.07.2022 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Stillwater - Gegen jeden Verdacht" ist.
Stillwater - Gegen jeden Verdacht

Bewertung: 3 / 5

Als der Bohrarbeiter Bill Baker (Matt Damon) aus Stillwater erfährt, daß seine Tochter Allison (Abigail Breslin) während ihres Auslandsstudiums in Südfrankreich wegen Mordverdachts in Marseille inhaftiert wird, macht sich der wortkarge Amerikaner auf den Weg. In dem fremden Land wird er vor komplexe bürokratische Vorgänge, Sprachbarrieren und ein seltsames Justizsystem gestellt. Glücklicherweise lernt die Einheimische Virginie (Camille Cottin) kennen, die ihn dabei unterstützen will, seine Tochter wiederzusehen.

Viel größer und doch viel leiser kommt das Drama von Tom McCarthy daher. Nach seinem Spoltlight (2015) standen ihm womöglich alle Türen offen und der Künstler entschied sich dafür eine wirklich kleine Geschichte auf internationalem Boden zu machen. Dabei bietet eine solche Geschichte doch eigentlich genügend Zündstoff für narrative Explosionen. Allerdings wird das viel zu wenig ausgeschöpft. Man halte sich diese Realität nur mal vor Augen und würde erkennen, wie viel Potential in dieser Geschichte liegt: Ein hart arbeitender Mann, der in ein fremdes Land reist, um seine entfremdete Tochter aus dem Gefängnis zu holen, die für ein Verbrechen im Gefängnis sitzt, welches sie beteuert, nie begangen zu haben. Das grenzt eigentlich schon an menschlicher Überlastung. Doch irgendwie kommt die Geschichte nie so richtig in Fahrt und dafür gibt es womöglich einen ganz klaren Grund. Dieser bedeutet, den sozialen Konservatismus zum Kernthema der Geschichte zu machen. Fast schon abgeklärt, baut dieser Amerikaner im fremden Land eine Beziehung zu einer wildfremden und ihrer Tochter auf und die eigene Tochter scheint zunächst unerreichbar, gar für den Film nicht wichtig. Man hadert da ja schon mit der Rhetorik, weil man das so salopp nicht ausdrücken will. Und dennoch verfrachtet McCarthy den Zuschauer für einen nicht unwesentlichen Teil der Geschichte in eine Exposition.

Trailer zu Stillwater - Gegen jeden Verdacht

Dabei liegt auch gerade in dieser Formatierung so unendlich viel Potential. Man überlege nur mal, wie das wäre. Wie sich Sprachbarrieren zum Problem mausern können. Schließlich ist Sprache ja sowieso unendlich komplex und das definitiv auch, wenn man die gleiche Sprache spricht. Diese Probleme finden zu Beginn auch Einzug in die Geschichte und man bekommt das Gefühl, daß McCarthy verstanden hat, was der Kern seiner Geschichte sein sollte. Allerdings unterbricht der Film dies auch hin und wieder und so serviert er vor allem eine Familiengeschichte. Sprache ist natürlich ein zentrales Thema, nicht nur dieser Geschichte, aber auch des Lebens. Etwas anders sieht es da mit der Systemik anderer Länder aus. Denn wenngleich man aus einer völlig anderen Lebenswelt kommt, so muss man hin und wieder auch mit Staatsformen handeln, die einem erstmal völlig fremd sind. Es geht in Stillwater – Gegen jeden Verdacht, aber nicht darum, eine Erhebung zu vollführen: wenngleich das die amerikanische Sicht auf Geopolitik eigentlich sehr gerne tut. Viel eher geht es darum, den Menschen auf seine natürlichsten Fähigkeiten zu reduzieren, und ihn wieder das tun zu lassen, was er eigentlich am besten kann. Nämlich Überleben, Kontakte finden, Konflikte führen, sich verständlich machen. Und darin ist dieser Film auch ziemlich gut.

Eine wahre Geschichte macht noch keinen guten Film. Daß ist ja tatsächlich eine Art Irrglaube, der in der Filmwelt immer wieder herumgeistert. Und selbst wenn die Schicksale jener Personen authentisch porträtiert werden, so muss sich immer auch die Frage nach dem Nutzen solcher Filme gestellt werden. Denn nicht jede Realität ist auch eine verfilmbare. Wohingegen die Hauptfigur von Matt Damon realer kaum sein könnte. Hin und wieder vermittelt McCarthy den Eindruck, als wolle er bewusst die Jahre der Trump-Adiminstration Revue passieren lassen. Da trifft es sich gut, daß er die Arbeiterklasse repräsentiert und damit eigentlich auch die Wählerschaft von des 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten. Doch Bill Baker wählte ihn nicht. Wenngleich ihn seine Lebenssituation dazu hätte drängen können, ist es aber eine ganz andere Situation, die ihn nicht dazu brachte. Und das macht diese Figur schon mal grundlegend sympathisch. Natürlich ist ein politischer Diskurs nicht gleich auch ein künstlerischer, wenngleich man natürlich auch argumentieren könnte, daß das zusammengehört. So wäre zumindest meine Sichtweise. An der Stelle spielen sich aber auch lauter Kommentare in die Richtung der neuen Rechten im globalen Kontext ab. Sexualität ist da nur ein weiteres Thema.

In dieser Hauptrolle gefällt Matt Damon dazu noch sehr gut. Schließlich ist es eine Weiterentwicklung seiner Paraderolle aus Die Bourne Identität (2002). Zwar gibt es hier keine Erinnerungslücken und auch der vermutlich angeklebte Bart machen seine Figur hier wesentlich erwachsener als noch zu Bourne-Zeiten. Auch geht das gesamte über reines Präsenzspiel hinaus, weil die Figur eben durch die Konflikte mit der politisch eher freigeistigeren Tochter und auch den Problemen im Alltag, mit denen er sich konfrontiert sieht, etwas näher an der Realität dran ist. Da steckt eine Kraft und es brodelt etwas, weil die Figur in ihrer Klarheit und Schlichtheit auch immer wieder mit der Komplexität der Welt konfrontiert. Indes ist die Übertragung auf des politischen Konfliktes um die Herrschaft der USA auch ein Thema, daß sich durch die europäische Präsenz im Film zieht. Natürlich ist die freigeistige und Kunstschaffende Virginie ebenso wenig angetan, von diesem Mann, wie es die Linke Seite der Menschheit insgesamt war. Dann lernen wir sie in den Intellektuellen Kreisen kennen. Dort wo es immer um Politik, Philosophie aber im Falle des Theaters auch immer um das Träumen geht. Diese Aspekte geraten dann aber im Zuge des konservativen Familienbildes und der Suche etwas in den Hintergrund. Darin liegt aber doch die eigentliche Schwere, weil der Film eben auch komplett politisches Werk bleibt.

Auch wenn McCarthy nicht immer weiß seine Geschichte mit einem guten Spannungsverlauf bei Laune zu halten, so muss man ihm auf technischer Ebene wieder einmal ein großes Lob aussprechen. Denn die Tristesse, mit welcher der Filmemacher seine Geschichten ebenso schreibt wie inszeniert, sucht ihresgleichen. Es entsteht ein sehr intimer Film, der zwar auf menschlichen Ebenen klar auch manipulativ ist, dennoch aber zu keinem Zeitpunkt dabei nur heiße Luft. Immer wieder kommen dann Themen der moralischen Ambivalenz auf den Plan. Schuldfragen der Figuren treiben diese an. So etwa der vernachlässigende Vater oder die schuldende Tochter. Dabei rückt McCarthy abermals gekonnt den Menschen in den Mittelpunkt seiner Geschichte. Es geht übergeordnet natürlich um die Rolle der USA in Europa, den innerländischen Konflikt, die Selbstwirksamkeit dieser Menschen und vieles mehr.

Atmosphärisch dicht erzählt Stillwater – Gegen jeden Verdacht von neuen Chancen, kulturellen Konflikten und einer Generation, die vom eigenen Land vernachlässigt wurde. Klar ist der Film hochpolitisch und auch richtig gut darin. Auf der anderen Seite vernachlässigt der Film dabei die eigene Geschichte, die viel zu stringent und linear erzählt wird. Matt Damon spielt diese Rolle großartig, doch richtig tiefschürfend wird das Werk dabei nie.

Stillwater - Gegen jeden Verdacht Bewertung
Bewertung des Films
610

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