Bewertung: 4 / 5
Nachdem man zur Weihnachtszeit unausweichlich zu der Gelegenheit kommt, sich Stirb langsam aus dem Jahr 1988 anzusehen, folgten im Dezember interessanterweise noch Teil 2 und 5. Für den dritten und vierten Film gab es keine Gelegenheit, aber kürzlich kam ich in den Besitz des sogenannten Recut von Stirb langsam 4.0 und dieser wurde nun geschaut.
Trailer zu Stirb langsam 4.0
Die Stirb langsam Reihe hat unter dem fünften Teil stark gelitten. Es hat den Eindruck, dass ein Teil der Kritik auch auf Stirb langsam 4.0 überschwappte, welcher im Jahr 2007 noch überwiegend wohlwollend aufgenommen wurde.
Im Kinojahr 2007 gab es gerade von Sylvester Stallone sowohl eine Fortsetzung von Rocky als auch einen weiteren Rambo-Film. Darüber hinaus war ein vierter Terminator-Film in der Mache. Es war die Zeit, als die Actionhelden der 1980er Jahre ihre späten Revivals bekam und genau als solch ein Revival präsentiert sich Stirb langsam 4.0 oder auch der knackige Originaltitel Live Free or Die Hard.
Gezeigt werden die Vereinigten Staaten in einer überspitzten digitalen Welt, in welcher sehr viel durch Computer gesteuert wird. Was 2007 noch einigermaßen futurisch wirkte, ist inzwischen ein ganzes Stück näher gekommen. In dieser Welt gibt es kein Terrorrismus mit Flugzeugentführungen, Atombomben oder der gleichen, sondern die Gefechte finden in der digitalen Welt statt.
In diese Welt und in diesen Cyberkonflikt wird John McClane hinein geworfen. Weiterhin Polizist in New York, inzwischen geschieden und mit einem angespannten Verhältnis zu seinen Kindern. McClane selbst ist jedoch genau der gleiche Mensch geblieben und das macht den Reiz von Stirb langsam 4.0 aus. Es treffen zwei Welten aufeinander, welche nur schwer zusammenpassen können.
Ähnlich wie in den Vorgängern hat Bruce Willis auch im vierten Film einen Sidekick. Justin Long spielt den Hacker Matthew Farrell. Das große Plus des Films ist die Chemie des ungleichen Duos. Etwas, was schon in Teil 1 und 3 wunderbar funktioniert hat.
Darüber hinaus ist es schön, dass man John McClane nicht probiert hat zu modernisieren. Er ist weiterhin der einfache Cop, welcher zur falschen Zeit am falschen Ort ist. Bruce Willis schafft es perfekt das alte Gefühl zurückzuholen. Das zweckmäßig starke Drehbuch sorgt sogar dafür, dass auf Themen wie das Heldentum eingegangen wird. Die Folgen werden verständlich erläutert. Man kann sich vorstellen, warum McClane nach seiner bisherigen Odyssee kein klassisches glückliches Familienleben führt sondern so lebt, er lebt.
Stirb langsam 4.0 wird in der breiten öffentlichen Wahrnehmung für seine Action kritisiert, welche Over the Top ist sein soll. Man muss sich vor Augen halten, dass wir hier über einen Action-Unterhaltungsfilm sprechen, welcher zwar bodenständig aber auch in der Vergangenheit nicht immer realistisch erzählt hat. Ein gutes Beispiel ist die Schleudersitz-Szene im zweiten Film. Auf einem ähnlichen Niveau bewegt sich der vierte Film mit John McClane. Die Szene gegen Ende mit der F35 Kampfmaschine mag schon ziemlich am Limit sein und besonders schade ist, dass sie inhaltlich keine große Relevanz hat, aber darüber kann man meckern, wenn man unbedingt meckern will. Als Teil eines Actionfilms funktioniert sie ansonsten gut.
Im Jahr 2007 kam Stirb langsam 4.0 mit einem PG-13 ins Kino. Das Studio hat darauf gedrängt, bestimmte Szenen zu kürzen, weil man unbedingt das niedrigere Rating haben wollte. Im Schnitt betraf das überwiegend die Ausdrucksweise von John McClane, diverse F*ck-Wörter wurde gekürzt. Aber auch verschiedene kleinere Schnitte in Gewalt und Handlung wurden vorgenommen. In Deutschland hat das keinen Unterscheid gemacht, auch diese geschnittene Fassung erhielt eine FSK 16 Einstufung.
Ein paar Jahre später erschien dann zunächst nur auf DVD und später vereinzelt auf Blu Ray der sogenannte Recut, eine Fassung, welche die ursprüngliche Version von Stirb Langsam 4.0 wiederherstellt. In der deutschen Fassung halten sich die Wortzensuren im Rahmen, aber auch hier kann man an der einen oder anderen Stelle neue Ausdrücke hören. Zudem gibt es mehrere sehr kurze Szenen, in denen mehr Blut gezeigt wird. Diese wirken nicht aufgesetzt sondern integrieren sich authentisch in den Film. Darüber hinaus gibt es ein bis zwei Dialogerweiterungen, welche an manchen Stellen mehr Dramatik geben. Der Recut verschafft kein neues Sehvergnügen, rundet das Gesamtbild aber schon spürbar ab.
Stirb langsam 4.0 hat, ähnlich wie John Rambo und Rocky Balboa, es geschafft, die Heldenfigur der damaligen Zeit authentisch in die (damalige) Gegenwart zu befördern. Man erkennt John McClane nicht nur vom Aussehen sondern auch vom Verhalten sofort wieder und kann einmal mehr mit der Figur mitfiebern. Der Konflikt mit der neuen, digitalen Welt ist stimmungsvoll inszeniert und die Chemie mit Sidekick Justin Long funktioniert wunderbar. Der Gegenspieler Timothy Olyphant reißt zwar keine Bäume aus, hat aber durchaus eine gewisse Leinwandpräsenz. Zudem spielt Mary Elizabeth Winstead eine tolle Lucie McClane. Die Chemie zwischen ihr und ihrem Filmpapa ist unterhaltsam und später rührend zu gleich.
Der Film muss sich vor Teil 2 und 3 nicht verstecken und kann sich problemlos mit diesen beiden messen. Den wirklichen Abfall gab es erst im Jahr 2013.
