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Tokyo Godfathers

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Tokyo Godfathers Kritik

Tokyo Godfathers Kritik

Tokyo Godfathers Kritik
0 Kommentare - 17.12.2021 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Tokyo Godfathers" ist.

Bewertung: 3.5 / 5

Die drei Obdachlosen Gin (Tōru Emori), Hana (Yoshiaki Umegaki) und Miyuki (Aya Okamoto) leben auf den Straßen von Tokio vor sich hin. Sie essen das, was sie im Müll des Notbezirks Shinjuku finden. An Heiligabend streifen sie abermals durch die Stadt und finden hinter Müllsäcken einen ausgesetzten Säugling. Zusammen machen sich die drei auf die Suche nach den wahren Eltern und werden dabei unweigerlich mit ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert.

Geerdete Geschichten, brauchen eine geerdete Inszenierung. So oder so ähnlich geht wohl irgendein filmisches Kredo. Tokyo Godfathers hingegen profitiert von einer spannenden Idee, die zum einen natürlich durch die Darstellung einer zufällig zusammengewürfelten Patchworkfamilie, die auf ein Kind aufpassen muss, irgendwie eine seltsame Allegorie auf die Geburt Jesu und den Besuch der Heiligen drei Könige darstellt. Zum anderen ist es natürlich ein gefundenes Fressen, um Kritik an allem möglichen zu üben. Man will sich ja gar nicht ausmalen, was passiert, wenn man das eigene Kind verliert und es dann von Obdachlosen umsorgt werden muss. Zum anderen spielt das ganze Szenario auch mit der göttlichen Vorsehung und allem möglichen spirituellem, religiösem Gedankengut, daß sich natürlich zu Weihnachtszeit besonders leicht verschmerzen lässt. Doch wenn man eine so durchaus widersprüchliche Geschichte erdenkt, dann muss man aufpassen, was genau jetzt eigentlich die Aussage ist. So konfrontiert der Film den Zuschauer ob der Lebenssituation und der ungeschriebenen Gesetze der „Straße“ eben zum einen mit knallhartem Realismus. Hier gibt es keine Sonne, wird jedem klar, der auf der Straße sein zu Hause hat. Doch auf der anderen Seite muss göttliche Fügung innerhalb der Geschichte aus unerfindlichen Gründen durchaus eine nicht unwichtige Rolle spielen. Denn sobald sich das Trio einer scheinbar höheren Mission gewidmet hat, werden sie auch von Gott beschützt, wie der Wind eindrucksvoll suggeriert.

Das Leben ist natürlich anders. Und diese Seite zeigt Tokyo Godfathers zu weilen tatsächlich auch. Und nicht nur steht ihnen der Ausdruck des Schmerzes ins Gesicht geschrieben. Viel eher noch haben sie sich routiniert damit abgefunden. Das Leben braucht Konzept. Das Leben braucht Struktur und all diese Facetten finden sich auch in dem wunderbar animierten Film wieder. Natürlich ist das Symbolismus. Und natürlich steht es auf dieser Ebene eben für viel mehr als nur drei Obdachlose, die sich auf der Straße wiederfinden. So steckt dahinter natürlich eine systemische Analyse, deren Opfer die drei Hauptfiguren, mal mehr, mal weniger verschuldet, sind. So ist Gin ein Glücksspielabhängiger Trinker, der sein Leben damit zugetan hat, alle, die ihn lieben zu verprellen. Nicht aber aus Hass, oder weil er aus dem übergeordneten System geflohen sei, lebt er von nun an auf der Straße. Es war seine freie Entscheidung und so ist von nun an, alles was er tut, der eigenen Freiheit unterlegen. Dann wäre das Miyuki, die sich häuslicher Gewalt durch ihren Vater ausgesetzt sah. Gerade in einem Weihnachtsfilm, welche immer stark familiäre Bindung, aber auch die Nächstenliebe propagieren ist das ein Paukenschlag. So sind kritischere Weihnachtsfilme in der Regel eher konsumkritisch, als wirkliche Kritik gegenüber des Konservatismus zu wagen. Gerade Fröhliche Weihnachten (1984) ist ein Paradebeispiel dafür. Nun hebt das Konsumproblem aber nicht die familiären Probleme auf und auch das erkennt dieser Film. Nicht umsonst lässt er seine Geschichte in einer blinkenden Metropole stattfinden.

Dann wäre da Hana, ein Mensch, der sich dafür entscheidet, nach einem Zwischenfall mit einem Gast in der Bar, in der sie arbeitete, ebenfalls auf der Straße zu leben, gehört mit zu den interessantesten Figuren des gesamten Films. Denn was hier ganz klar hervorsticht ist, daß Hana als Transvestit ihr ganz eigene Art zu sich hat. Nun gewinnt der Film durchaus den ein oder anderen Witz aus der Thematik, allerdings immer mit einem gewissen Respekt. Fraglich bleibt ohnehin, warum denn ein Transvestit im Film eine so prägnante Rolle einnimmt und die einzig logische Schlußfolgerung daraus ist an der Stelle, daß der Film den Umgang mit Menschen anderer Neigungen anprangern möchte.

So werden alle Charaktere irgendwie von der Stadt verschlungen, und sobald sich die Figuren im Film präsentieren, werden sie von ihren Mitmenschen mit kritischen Minen beäugt. Doch nicht nur dieses Organ nimmt die drei Figuren unter die Lupe, auch die Nase trägt ihren Teil zur Wahrnehmung der Obdachlosen bei. So gibt es eine Zugfahrt, in welcher die drei einen unglaublichen Gestank ausstrahlen, welcher die anderen Fahrgeäste verstört und brüskiert. Ein ähnliches Szenario findet sich auch in Parasite (2019) Jahre später wieder. Die Menschen hier neigen dazu, den Unterschied der Klassen riechen zu können, und so ist es nur logisch, daß sie von dem Bild, das sich ihnen offenbart, verstört sind. Gleichzeitig scheinen die Hauptfiguren sich aber auch daran gewöhnt zu haben, das Ziel der Schaulustigen zu sein. Und so lässt der Film natürlich auch genügend Spielraum diese Szenerie zu deuten.

Auch die Jahreszeit scheint, nicht nur im Hinblick auf die Prämisse, nicht zufällig gewählt worden sein. So steht der Winter als solcher natürlich für Kälte, während Weihnachten eben das genaue Gegenteil sein soll. Dieser emotionale Kontrast spiegelt sich dann noch in den einzelnen Zeichnungen wider, weil die Szenen kalt und triste wirken und auch die Figuren keinerlei Farbe im Gesicht haben. Es symbolisiert sozusagen ihren Zustand, aber auch die Kälte. Dann wären da wieder die unglaublich prunkvollen Gebäude und Einrichtungen, deren Menschen sich eben doch wesentlich lebendiger ansehen lassen.

Ein clever durchdachtes Werk ist Tokyo Godfathers alle Mal. Zwar wirken einige Geschichten zu berechenbar und auch der Kitsch, der dem Ganzen zugrunde liegt, ist mehr als fragwürdig in einer solchen Geschichte. Dennoch wirkt die Symbolik, die die Figuren, die Welt und alles drumherum ausstrahlen, sodass der Film sich doch ins Gedächtnis schleicht und da auch zu verweilen vermag.

Tokyo Godfathers Bewertung
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