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Tournee Kritik

Tournee Kritik
0 Kommentare - 02.09.2011 von FBW
Hierbei handelt es sich um eine Kritik der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW).

Bewertung: 3.5 / 5

Schon Anfang des Jahres wandelte Sängerin Christina Aguilera im Musical Burlesque als sexy Ausdruckstänzerin auf den Spuren Dita von Teeses. Da hing Tournee, der bereits 2010 beim Festival in Cannes im Wettbewerb gezeigt wurde, noch in der Warteschleife. Vielleicht kann das Werk des Schauspieler und Regisseurs Mathieu Amalric nun von der wieder aufgelebten medialen Aufmerksamkeit für das Burlesque-Phänomen profitieren: Weniger glattgebügelt als in der Hollywoodversion und dafür umso authentischer führt der Franzose die Zuschauer in die Welt des kultivierten Striptease ein.

In Tournee heißen die Heldinnen Dirty Martini, Kitten On The Keys oder Mimi Le Meaux und sie spielen sich alle selbst. So gehört die Kalifornierin Mimi Le Meaux seit Mitte der 90er zu den Tänzerinnen, die das Burlesque-Revival in Amerika begründeten. Selbstbewusst betreiben sie und ihre Kolleginnen mit ihren Körpern Politik, während sie sich wortlos, durch ihre bloße, sexy Präsenz einem genormten Frauenbild widersetzen. Dirty Martini etwa erschaffte mit ihrer Nummer "Patriot Act" einen modernen Klassiker des Genres: Als amerikanische Justitia entledigt sie sich ihrer Kleidung und stößt dabei auf immer mehr versteckte Dollarnoten.

Diese pointierte und witzige Nummer ist natürlich auch in Mathieu Amalrics Film zu sehen. Ob mit Luftballon und Fächer, Ukulele und Akkorden oder in aufwändigen Verkleidungen als Meerjungfrau in einem Becken - die Frauen sind eine echte Schau und besitzen großen Unterhaltungswert.

Nun hat der Regisseur Amalric aber auch eine Geschichte rund um seine gewichtigen Damen gebaut, in der er selbst die Hauptrolle übernimmt. Als Schauspieler steht der 45-Jährige für anspruchsvolles Kino (Schmetterling und Taucherglocke) und hat sich seine Hollywood-Meriten als Bösewicht im letzten Bond verdient. In Tournee gibt er den verkrachten Ex-TV-Produzent Joachim, der in den USA die Burlesque-Truppe zusammenstellt und nach Frankreich auf Tournee bringt.

Angelockt hat er die Frauen mit der Aussicht auf einen Auftritt in Paris. Doch während sie durch die Provinz an der Atlantikküste von Hafenstadt zu Hafenstadt tingeln, steht die Hauptstadt wie ein großes, noch nicht eingelöstes Versprechen zwischen dem psychisch labilen Manager und den Frauen, deren Selbstbewusstsein unerschütterlich zu sein scheint.

Die Kamera begleitet die Girls fast dokumentarisch durch den Tag. In die Maske, zu den Proben, beim Einchecken in trostlose Hotels, beim Ausruhen und bei der Begegnung mit den Einheimischen außerhalb der Shows. Melancholische Momente, in denen man mehr über die Frauen und ihre Vergangenheit, über das was sie bewegt, erfahren hätte können, werden allein über das Bild gelöst. Ihre Körper sollen erzählen.

Der Film feiert die Exzentrik, die Freiheit und den weiblichen Körper in all seinen Facetten. Als dokumentarischer Blick hinter die Kulissen der Burlesque-Szene funktioniert das wunderbar. Doch den Amateurinnen vor der Kamera gelingt es nicht, den Zuschauer auch in den Bann zu ziehen, wenn sie die Bühne verlassen. Zu undeutlich wurde die Grenze zwischen Rolle und Realität gezogen.

Tournee bekommt 3,5 von 5 Hüten.


(Quelle: teleschau - der mediendienst | Diemuth Schmidt)

Tournee Bewertung
Bewertung des Films
710

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