Bewertung: 3.5 / 5
Der Vielflieger Ryan Bingham (George Clooney) reist durch die Staaten, um Menschen zu feuern. Das ist sein Job und er ist gut darin, weil er seinen Klienten auf eine sehr gelungene Weise das Ende ihrer Stelle beibringt. Eines Tages begegnet er Alex (Vera Farminga), die aus ähnlichem Holz gebaut scheint, wie er und glaubt in ihr die Frau seines Lebens gefunden zu haben.
In welchen Sphären die Wahrheit stattfindet, weiß man so einfach nicht zu beantworten am Ende des Tages. Wo sie allerdings ganz sicher nicht stattfindet, daß ist im Konservatismus. Was alt ist, kann keinen Fortschritt bringen. Und was keinen Fortschritt bringt, daß führt die Menschheit nicht weiter, sondern trägt maximal zu ihrem Erhalt bei. Hoch über den Wolken findet da sicherlich auch keine Wahrheit statt. Und Up in the Air ist eigentlich ein Paradebeispiel für den paradoxen Konflikt, den eben jene Menschen ausleben. Es gibt da ein System, dessen Funktionäre entmenschlicht erscheinen. Die Hauptfigur des Ryan Bingham hat einen Job, der relativ unüblich ist. Er reist nämlich um den gesamten Globus, um Menschen zu feuern. Geschönt und mit den richtigen Worten erzählt er davon, daß die Arbeitskraft nun keinen Platz mehr an der Stelle hat. Und da kommen sie auf, die schweren Schicksale, die ein kaputtes Sozialsystem in den Staaten auch nicht auffangen kann. Immer wieder hört und sieht man ja, daß gerade Menschen, die nach deutschem Maßstab das Rentenalter erreicht haben, nun doch noch mehrere Jobs annehmen müssen, um über die Runden zu kommen. Die Sorgen des kleinen Mannes sind hier aber gar nicht mal vergleichbar, mit dem Luxus, den man sich hier in Deutschland etwa gönnt. Darüber hinaus steckt da eine erschreckend moderne Wahrheit drin, die leider durch ein ganz anders gelagertes Problem nicht so ganz zu identifizieren ist.
Trailer zu Up in the Air
So ist es eben jener paradoxer Begriff, der dafür sorgt, daß daß man dieses Werk verstehen, aber nicht nachvollziehen kann. Denn das gesellschaftliche Problem, daß hier von Jason Reitman so bitter und vor allem Böse aufgezeigt wird, scheint mit dem einzigen bekämpft werden zu können, welches dem pervertiertem Kapitalismus noch Einhalt gebieten kann. Und so macht es Hollywood seit Jahren, der intellektuellen Krisen, die mehr und mehr Menschen durchleiden, ohne dabei überhaupt verstehen zu können, daß die Lösung teil des Problems ist. Um das aufzudröseln, muss man zum Anfang. Und so zeigt der Film, daß dieser Ryan Bingham eben gar nicht in der Lage ist, ob seines eigenen Charakters, oder auch diesem Job, der ihn rund um den Globus führt, eine Beziehung einzugehen. Die Liebe also, die es dem konservativen Wertebild ermöglicht, kleine Versionen ihres Selbst in die Welt zu setzen, und damit den Erhalt und den Fortbestand zu sichern. Der Punkt ist schlicht und ergreifend, daß sich das beißt. Man kann nicht ständig arbeiten und eine Familie gründen. Und der Film will letztlich auch darauf hinaus, daß es doch der eigene Charakter, das Ergreifen von Chancen, in Form von Polygamie dafür sorgt, daß die Figur nicht zur Ruhe kommt. Insofern sind natürlich der Handlungsort und das Fliegen als Symbol durchaus greifbar.
George Clooney verkörpert diese Figur auch ziemlich treffend, weil er eine klare Fassade aufrechterhalten kann. Er ist eben dieser harte Hund, der mit Blicken töten kann. Nichts scheint ihn so richtig aus der Bahn zu werfen und wenn er jemandem schonend beibringt, daß er seinen Job verliert, übernimmt er nur die Rolle eines Mittelsmannes. Insofern muss er sich von allem abschotten, was ihn Gefühle empfinden lässt. Der Charakter spiegelt insofern ein modernes Problem wider, indem er eben die Entmenschlichung durch den Kapitalismus repräsentiert. Auf der anderen Seite steht da der Kontrast in Form on Anna Kendricks Figur. Sie ist neu in dem Gewerbe und man merkt sofort, daß ihr das Ende von Existenzen durchaus nahe geht. Es gibt da einen Zusammenbruch und hier zeigt der Film durchaus seine menschliche Seite. Wenngleich das auch eben so plakativ daherkommt, ist eben genau das, was der Mensch im Gegenüber sucht. Spannend dabei ist ja, daß dieses System Menschen gegeneinander ausspielt. Wenngleich es nicht offenkundig ist, so zeigt Up in the Air die Hilflosig- und Verständnislosigkeit des Individuums im direkten Wettbewerb, indem eben alle Menschen gegeneinander ausgespielt werden. Da kann die neoliberale Allzweckantwort des sich selbst regelnden Marktes auch nicht mehr helfen und wird offenkundig auch widerlegt. Dabei möchte Up in the Air gerne sehr zynisch und abgeklärt daherkommen. Und sicherlich ist das Werk es auch in einigen Belangen, doch gerade, wenn es um den Kern, die Analyse und die Lösungsfindung geht, ist der Film dabei einfach zu banal. Sicher mag das auch ein zu großer Stoff sein, wenn es um einen Film geht. Doch die Wahrheit ist, man setzt alles, oder eben nichts.
Im Anblick der Weltfinanzkrise, die 2007 über den Planeten hineinbrach, scheint das Werk mit etlichen, ungerechtfertigten Entlassungen durchaus am Puls seiner Zeit gewesen zu sein. Doch das Spannende am Werk ist auch, daß Up in the Air trotz seiner sehr speziellen, will meinen originellen Prämisse, wie auch seiner Geschichte irgendwie zeitlos ist. Sowas kommt ja selten vor, weil die Welt stetig im Wandel ist und sich eben die Geschichte bewegt. Allerdings scheint es in Zeiten der Postmoderne so ein wenig zu einem Stillstand gekommen zu sein. Wenngleich man natürlich darüber streiten darf, ob es überhaupt jene Zeit gibt. Und so zeigt der Film insbesondere auch auf, wie schnell die Welt Menschen ausspuckt. Die Existenz ist nicht zu retten, wenn es eben keine Existenz mehr gibt.
Über den Wolken, ist die Freiheit sicherlich grenzenlos, doch wenn Up in the Air startet, geht es eher um irdische Belange. Dabei ist dieser Film sehr pointiert und tatsächlich unglaublich clever geschrieben. Vielleicht etwas zu nahe am Kitsch, der ja die Lösung aller Probleme zu sein scheint, doch Originalität, findet sich da ebenso. Und das kann man tatsächlich nur noch selten von Filmen behaupten.