Bewertung: 3.5 / 5
Die 50er-Jahre im spanischen Bergland Sierra Morena. Franco regiert "mit eiserner Hand", so heißt es im Vorspann, die arme Bevölkerung sei zu verzweifelten Taten gezwungen. - Danach sieht es zunächst nicht aus, wenn der Hirtenjunge mit seiner Schafsherde das grüne wilde Tal durchstreift und ganz in der paradiesischen Natur aufzugehen scheint. Nur die Wölfe sehen in der Hirtenballade doch sehr bedrohlich aus, wenn sie mit weißen Augen und gefletschten Zähnen wie die Indianer im Western ins tiefe Tal hinunter blicken. Doch bald wird zwischen ihnen und dem Hirtenjungen eine tiefe, ewige Freundschaft sein, von der die deutsch-spanische Produktion Wolfsbrüder (2010) mitreißend erzählt.
Die Geschichte von Marcos, dem Hirtenjungen, der aus Not von seinem Vater und der bösen Stiefmutter aus dem Haus getrieben wird, beruht auf einer "wahren Begebenheit". Es ist die Geschichte von Marcos Rodriguez Pantoja, der 1946 im Herzen der Sierra Morena (Provinz Cordoba) geboren wurde. Wie im Film wurde Marcos als Gehilfe an den Gutsherrn und über diesen an einen Ziegenhirten verkauft. An einen einsamen Menschen, der sich sprichwörtlich "unter Wölfen" durchs Leben schlägt. Marcos, den Manuel Camacho, ein umwerfender Kinderstar, mit großen runden Augen spielt, wird ein Leben lang unter den Wölfen bleiben.
Atanasio, so heißt der weise alte Hirte und Freund, lehrt den kleinen Marcos, wie man sich mit den Tricks eines Fallenstellers und schlauen Hirten durchs Leben schlägt. Er ist ein gütiger Mann, dem man die Hasenjagd mit dem Frettchen als südländischen Umgang mit dem Tierschutz verzeiht. Ohne Atanasio, den der glatzköpfige Sancho Gracia ganz in sich ruhend spielt, gäbe es Marcos spätere Liebe zu den Wölfen nicht.
Das Schönste an Gerardo Olivares naturnahem Film ist die Landschaft - die grünen Bergtäler, der weite Himmel. Er zeigt ein Leben mit und unter den Tieren. Nicht nur Wölfe, auch Uhl und Frosch spielen da noch mit. Und, ach ja, als Haustier das Frettchen. Es wird aber auch noch sehr indirekt und aus der Ferne die Geschichte vom General Franco und seinen Volksunterdrückern erzählt. Ein einsamer Freiheitskämpfer wird von der Guardia Civil und von willfährigen Schurken verfolgt.
Da wird dem Film dann doch ein wenig zu viel Ballast aufgeladen, die Geschichte muss schließlich mit großem Zeitsprung vorangetrieben werden. Ein halbes Jahrhundert später ist des erwachsenen Marcos Liebe zu den Wölfen immer noch groß. Franco ist weg, aber die Menschen mag Marcos noch immer nicht so sehr. Er wird zeitlebens ein Lonesome Cowboy unter Ziegen und Wölfen sein.
Wolfsbrüder bekommt 3,5 von 5 Hüten.
(Quelle: teleschau - der mediendienst | Wilfried Geldner)