"Es gibt immer einen Leuchtturm, immer einen Mann, immer eine Stadt.“ Seit mehr als einer Dekade geistert die Idee einer BioShock-Verfilmung durch Hollywood wie ein gedankenverlorener Splicer durch das geschundene Unterwasser-Utopia Rapture. Wie man mittlerweile weiß, wird I Am Legend-Regisseur Francis Lawrence die Verfilmung für Netflix realisieren. Als ausgewiesener Fan der Vorlage glaubt er fest daran, dass er dem Gespenst schlechter Videospieladaptionen nicht anheimfällt.
In einem Exklusivinterview mit Colliders Steve Weintraub sprach Francis Lawrence unter anderem über die Zusammenarbeit mit dem Drehbuchautor Michael Green (Blade Runner 2049, Alien - Covenant). Er sei mit diesem seit Jahren befreundet. Der Rohbau, inklusive zahlreicher Skizzen, sei längst angefertigt. Nun gelte es für Green, das düstere Szenario von Rapture via finalem Drehbuch zum Leben zu erwecken. Aufgrund der guten Fortschritte sei es denkbar, dass BioShock der nächste Dreh für Lawrence werde.
Der 51-jährige Die Tribute von Panem-Regisseur sagte bei der Gelegenheit, dass er den ersten Teil der BioShock-Reihe für eines der besten Videospiele aller Zeiten hält. Gleichzeitig lobte er die visuelle Identität des Universums und pries diese als einzigartig.
Ein kleiner Exkurs zu Teil 1 der Videospielreihe gefällig? Ähnlich zur Amazon-Serie The Man in the High Castle ist BioShock Anfang der 1960er Jahre eines alternierenden Universums angesiedelt. In einer riesigen Unterwasserstadt namens Rapture hausen die klügsten und radikalsten Geister der Erde, um ihre Vision eines Utopias unter dem progressiven Gründer und Geschäftsmann Andrew Ryan wahr werden zu lassen. Nachdem sie jahrelang den Egoismus zur Maxime gedeihen ließen, hat eine ominöse Substanz namens Adam ihnen dabei geholfen, sich noch weiter zu vervollkommnen - mit ungeahnten Nebenwirkungen.
Nichtsahnend, was in der schillernden Metropole alles vor sich geht, kommt ein unter Gedächtnisverlust leidender Fremder in die sterbende Meeresstadt. Hier das Intro von BioShock, damit ihr euch ein in der schaurig-schönen Atmosphäre baden könnt:
Das wesentliche Kennzeichen des Franchises sei für Francis Lawrence die tiefgründige Geschichte, die sich vor radikalen Ideen und Philosophien nicht scheue. Zahlreiche Videospiele seien zumeist in einem Aspekt herausragend (Worldbuilding, Story, Gameplay etc.) und würden die anderen Zutaten routiniert abarbeiten, doch Bioshock vereine all jene für das Medium hervorstechenden Merkmale zu einem besonderen Erlebnis:
Der Erstling sei voll von einschneidenden Momenten, Ernsthaftigkeit und Ideenreichtum. Insbesondere die wilde Mischung aus den verschiedensten Genres und die verdrehten Zeitebenen hätten es ihm angetan. Neben den historisierenden Anleihen hob Lawrence im Gespräch auch die mannigfaltigen Body-Horror- und Science-Fiction-Elemente der Reihe hervor. Ergänzend können wir noch anfügen, dass sich die Ästhetik der Videospielreihe etwa auch aus Versatzstücken des Film Noir und biblischen Referenzen speist.
Lest auf Seite 2, wie Francis Lawrence über mögliche Restriktionen seitens Netflix denkt und weshalb BioShock nicht ähnlich mittelprächtig (um das Wort schlecht zu vermeiden) wie andere Videospieladaptionen ausfallen werde.
Von Steve Weintraub darauf angesprochen, wie es um die angestrebte Altersfreigabe für die BioShock-Verfilmung bestellt sei und welchen Hürden man intern begegne, versicherte Francis Lawrence, dass man große Freiheiten bei der Gestaltung genieße und Netflix keine exakte Richtung vorgebe. Man stünde ebenfalls in engem Austausch mit dem Publisher 2K Games bzw. dem Konzern Take 2 Interactive und dem Schöpfer Ken Levine. Da das Projekt noch einige Zeit benötige, könne man aber bezüglich des vorgesehenen Ratings noch keine verlässlichen Informationen geben.
Zum Abschluss kommt der Wiener darauf zu sprechen, weshalb er denke, dass sich das Projekt nicht in die allermeisten grobschlächtigen Videospielverfilmungen einreihen werde, die wir liebend gern aus unserem Gedächtnis löschen. Seine Erläuterung ist bemerkenswert, weil er nicht auf das Budget, kreative Freiheit oder die Fähigkeiten seiner Wenigkeit bzw. des übrigen Teams pocht, sondern auf die unglaubliche Vorlage. BioShock sei ein vielschichtiges Meisterwerk mit einer lebendigen Mythologie und Ästhetik. Dies unterscheide die Reihe von den meisten bisher veröffentlichten Videospieladaptionen.
Wir können bestätigen, dass sich ein Trip in die sagenumwobenen Metropolen Rapture und Columbia jederzeit lohnt. Auch wir denken, dass Ken Levine und seinem Team der mittlerweile geschlossenen Schmiede Irrational Games im Jahr 2007 ein echter Meilenstein geglückt ist, der gezeigt hat, wie clever man Gameplay und Story miteinander verzahnen kann. Bei dieser Adelung haben wir noch nicht einmal von den geschmackvollen Art-déco-Interieurs, der unheimlichen Atmosphäre im Stile von Guillermo Del Toros Filmen (besonders Pans Labyrinth, Nightmare Alley) und den intellektuellen wie emotionalen Höhepunkten gesprochen.
Hoffen wir, dass Francis Lawrence tatsächlich die trüben Gewässer schlechter Videospielverfilmungen wie Max Payne oder Assassin’s Creed umschifft und uns einen unvergesslichen Tauchgang zur Unterwasserstadt Rapture beschert. Trotz seiner Zuversicht eines anstehenden Drehs dürfte die Adaption von BioShock noch eine ganze Weile auf sich warten lassen, bis wir sie erblicken dürfen.
Zur Sicherheit: Francis Lawrence, wärst du so freundlich, uns die beste Videospieladaption aller Zeiten zu liefern?