Bewertung: 4 / 5
Michael Fassbender ist trotz seiner Rollen in Blockbustern wie Prometheus - Dunkle Zeichen und als junger Magneto in der neuen X-Men-Trilogie ab X-Men - Erste Entscheidung auch immer noch dem Artkino treu ergeben. Ein aktuelles Paradebeispiel ist die Titelrolle in Justin Kurzels Macbeth, eine neue Interpretation des gleichnamigen Theaterstücks von William Shakespeare. Leichte Kost sind Theatertragödien nie, das gilt auch für Macbeth. Auch gibt es schon einige Verfilmungen des Stoffes, doch die shakespearesche Sprache und eine eigenwillige, bildgewaltige Inszenierung rechtfertigen Kurzels Version. Neben Fassbender.
Zu Beginn nur ein siegreicher Heerführer im mittelalterlichen Schottland, spornt eine Prophezeiung sowie seine Ehefrau (Marion Cotillard) Macbeth (Fassbender) an, nach der Königskrone zu gieren und sich dabei gehörig die Hände schmutzig zu machen. Dabei soll die Tat natürlich anderen in die Schuhe geschoben werden. Der Plan gelingt und Macbeth steigt über König Duncans (David Thewlis) Leiche auf den Thron. Doch lange kann er seine neue Machtpostion nicht genießen...
Trailer zu Macbeth
Macbeth Kritik
Justin Kurzel (Snowtown) nimmt sich in Macbeth einige Freiheiten, nicht umsonst heißt es nur "basierend auf". Einerseits nehmen die Änderungen der grundlegenden Story nichts, andererseits fragt man sich bei mancher Abweichung, ob sie hätte sein müssen, da sie keinen besonderen Zweck innerhalb des Films erfüllt. Doch solche Fragen geraten zur Nebensache, denn von der ersten Sekunde an nimmt Kurzel den Zuschauer mit seiner bildgewaltigen Inszenierung, die oft an 300 erinnert, gefangen. Jed Kurzels Musik verstärkt die Intensität der düsteren Bilder noch mit einem ebenso finsteren, eindringlichen Score.
So gewaltig die Bilder in Macbeth sind, sind sie dennoch fokussiert auf das Wesentliche und setzen dabei die Darsteller und die shakespearesche Sprache in den Mittelpunkt. An die Sprache gewöhnt man sich rasch, wir konnten zudem auf die Untertitel schielen, angesichts des manchmal starken schottischen Akzents durchaus hilfreich. Allerdings ließ sich hier und da manch starke Abweichung bei der Übersetzung entdecken, was aber den auch im Deutschen versuchten Reimen geschuldet sein mag. Den Film im Original zu sehen empfiehlt sich, um das ganze Ausmaß der darstellerischen Leistung zu erfassen, gerade dann, wenn Fassbender als Macbeth und Marion Cotillard (The Dark Knight Rises) als seine Frau im Spotlight stehen und die Sprache Shakespeares so richtig wirken lassen. Dies gelingt durch Close-ups, aber auch durch weitere Einstellungen, in denen kein Aktionismus vom Monolog oder Dialog ablenkt, die Szenerie tatsächlich zur reinen Kulisse wird, vor und in der sich der Darsteller voll entfalten kann. Etwas irritierend wirkt bei der sonst eher puristisch anmutenden Inszenierung auf dem Feld oder in der Burg die prunkvolle Kathedrale, die auch nicht so recht in die damalige Zeit passt.
Kurzel gesteht dem Zuschauer in Macbeth keinen Moment des Durchatmens zu, es ist ein 113 Minuten andauernder finsterer Albtraum, den man nur mit gebannter voller Aufmerksamkeit wirklich genießen kann. Manchem Zuschauer könnte das zu anstrengend werden, da auch die Musik auf Dauer an den Nerven zerrt. Doch es geht um das Thema Gier gefolgt von quälerischen Schuldgefühlen, gesteigert bis zum Wahn. Die düsteren, manchmal sehr grafisch anmutenden Bilder wie auch die Musik spiegeln das treffend wieder. Doch der Rahmen wäre nichts ohne die tollen Darsteller, Fassbender und Cotillard hauchen dem Ganzen erst die intensive Wirkung ein, die einen lange danach noch nicht loslässt. Cotillard bekommt vor allem gegen Ende eine tolle Szene, in der sie komplett im Close-up ihren Monolog entfalten kann.
Macbeth Fazit
Auch wenn Macbeth eine beklemmende Tragödie mit Tod, Blut, Wahn und Tränen ist, rutscht die Inszenierung und das Spiel nie in Melodramatik ab. Es fesselt durch starke, düstere Bilder, dazu passende finstere Musik und das hervorragende Spiel von Fassbender und Cotillard, auch die anderen Darsteller machen ihre Sache gut. Ganz sicher kein Film für einen entspannten Kinoabend, eher etwas für Artkino-Freunde und Fans wirklich düsterer Streifen. Für Fassbender-Fans sowieso ein Muss.