Bewertung: 4.5 / 5
Mit Birdman hatte Alejandro González Iñárritu vor einem Jahr für Aufsehen gesorgt, experimentell und anders. Diesem Prinzip bleibt er mit The Revenant - Der Rückkehrer treu, nur dieses Mal schickt er Stars in die Wildnis und lässt sie ums Überleben kämpfen. Nur mit echtem Licht wollte Iñárritu ein möglichst authentisches Bild zeichnen. Schauen wir mal, ob ihm dies gelungen ist.
1820 in der Wildnis von Amerika. Das Land ist ungezähmt und gefährlich. Mitten in dieser eisigen und lebensgefährlichen Umgebung wird der Fährtensucher Hugh Glass (Leonardo DiCaprio) von einem Bären angegriffen und schwer verletzt. Die Trapper, denen Glass bei der Jagd half, versuchen zwar ihn zu retten, müssen aber notgedrungen eine Entscheidung treffen. Hat Glass überhaupt Überlebenschancen? Während sein Sohn um das Leben seines Vaters kämpft, ist der Trapper John Fitzgerald (Tom Hardy) nicht besonders erfreut über die Aussicht, sein Leben für das eines Halbtoten aufs Spiel zu setzen. Tatenlos muss Glass mitansehen, wie er erst verraten und dann im Stich gelassen wird. Doch er gibt nicht auf, kämpft sich zurück ins Leben, angetrieben von einem Urinstinkt: Rache...
Trailer zu The Revenant - Der Rückkehrer
The Revenant - Der Rückkehrer Kritik
Würde man nichts über die Entstehung von The Revenant - Der Rückkehrer wissen, man würde wohl kaum die Besonderheit des Films erkennen, noch würde sie einem direkt ins Auge springen. Natürlich würde es auffallen, wie gewaltig die Landschaftsaufnahmen sind, wie authentisch das Bild wirkt, doch dass Alejandro González Iñárritu den gewagten Versuch unternahm, einen Film ohne künstliches Licht zu drehen, erschließt sich dem Zuschauer nicht direkt. Doch der Zuschauer nimmt es wahr, unterbewusst. Was es ist, ist schwer zu erklären, aber es ist da, dieses Gefühl, dass etwas anders ist. Hier wird nichts künstlich verfälscht, was unserem Verstand ein Schnippchen schlagen könnte und genau das zahlt sich aus, denn so authentisch wie The Revenant hat wohl noch kein Film gewirkt, der in den eisigen Lagen Nordamerikas spielt.
Auffällig ist, wie viel Zeit sich Iñárritu für Momentaufnahmen nimmt und gerade die Darstellung der Natur und der Einfluss auf die Atmosphäre wecken Erinnerungen an Werke von Terrence Malick. Verstärkt wird dieser Effekt durch atemberaubende Kamerafahrten und Szenenkompositionen. Da das Team nur bei Tageslicht arbeiten konnte, stand die Produktion ständig unter Zeitdruck. Das Ergebnis kann sich sehen lassen und ist an vielen Stellen unglaublich, allein der gefühlt schnittfreie Indianerangriff zu Beginn lässt den Zuschauer fassungslos zurück, wie so etwas choreographiert werden kann - und das ist nur der Anfang.
All das wäre dabei nicht möglich, wenn die Schauspieler nicht auf ebenjenem Niveau agieren würden, wie es das Bild andeutet. Einen besseren Schauspieler als Leonardo DiCaprio hätte man für die Hauptrolle nicht finden können, fast wortlos muss er große Teile des Films alleine stemmen. Ihm gegenüber steht Tom Hardy, der nach Mad Max 4 - Fury Road und Legend eine weitere großartige Leistung abliefert. Aber auch Domhnall Gleeson und Will Poulter sollen an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben.
Doch so grandios Iñárritus neuer Film als Gesamtwerk ist, so hat sich der Regisseur gerade bei der Story einige unnötige Schnitzer geleistet. Einige Nebenhandlungen, allen voran die omnipräsente Suche der vermissten Indianerin, wirken wie überflüssiges Beiwerk. Auch die Verbindung von Glass zu den Indianern wird zwar mit Rückblenden angedeutet und der Zuschauer kann sich alles zusammenreimen, jedoch bietet dieses Wissen keinen Mehrwert für den Film. Auch wirkt es auf Außenstehende unglaublich, welche Strapazen Glass durchleben muss. Den Bärenangriff zu überleben ist eine Sache, nicht an Wundbrand, Kälte oder eisigem Wasser zu sterben eine andere. Die Momente ergeben zwar tolle spannende Szenen, aber der Glaubwürdigkeit hätte etwas mehr Realismus gutgetan oder anders ausgedrückt, weniger wäre hier mehr gewesen. Der Ausritt am Ende zu zweit, statt mit Unterstützung, erscheint hier ebenfalls nicht durchdacht. Es ist schade, dass in die Handlung weit weniger Arbeit und Hingabe geflossen ist als in die technische Brillanz und schauspielerische Leistung. Dass diese Kritikpunkte aber kaum ins Gewicht fallen, ist eben jenen Faktoren zu verdanken, denn die Atmosphäre, Darsteller und Präsentation von The Revenant - Der Rückkehrer sind so außergewöhnlich, dass der Zuschauer nahezu alles vergisst.
The Revenant - Der Rückkehrer Fazit
Applaus, bitte mehr davon! Mit The Revenant - Der Rückkehrer ist Iñárritu ein echtes Meisterwerk gelungen, so authentisch wie hier wurden die Wildnis und der Überlebenskampf noch nie dargestellt. Auch wenn die Kritikpunkte harsch klingen oder pedantisch, sie kratzen bestenfalls an einer nahezu makellosen Oberfläche. Die Bildgewalt und schauspielerische Leistung sucht ihresgleichen. The Revenant ist ein Film, den man einfach im Kino erleben muss, um ihn wirklich wertschätzen zu können. Es sollte uns wundern, wenn bei Regie, Kamera und Schnitt nicht der Name The Revenant - Der Rückkehrer fällt. Ob dies auch beim Hauptdarsteller der Fall sein wird, hängt davon ab, ob die Academy Leonardo DiCaprio wirklich hasst...