Bewertung: 3.5 / 5
Vermutlich jeder hat schon einmal vom Klassiker Moby Dick des amerikanischen Schriftstellers Herman Melville gehört. Für uns persönlich war Melville nicht ganz mit der großen Schreibkunst gesegnet, denn gerade die teils komödiantischen Elemente wirken befremdlich, dennoch gilt sein Roman als Klassiker und als wohlverdientes Meisterwerk und dies rührt vor allem von der Faszination her, die die Geschichte um Kapitän Ahab und den Weißen Wal bietet. Doch diese fiktive Geschichte hat einen wahren Kern und dieser findet Im Herzen der See Anklang.
Mitte des 19. Jahrhunderts besucht der Schriftsteller Herman Melville (Ben Whishaw) den ehemaligen Seefahrer Thomas Nickerson (Brendan Gleeson). Melville möchte eine Geschichte hören, über die er in seinem nächsten Roman schreiben kann. Dafür will er die wahren Hintergründe über den Untergang der Essex erfahren, die sank, nachdem sie von einem Pottwal gerammt wurde:
Trailer zu Im Herzen der See
Im August 1919 sticht das Segelschiff Essex in See, ein stolzes Walfangschiff mit dem ungleichen Gespann Kapitän George Pollard (Benjamin Walker) und dem Ersten Maat Owen Chase (Chris Hemsworth). Chase, aus einfachen Verhältnissen stammend und für die Seefahrt geboren, ist erfahren, Pollard dagegen ein junger Kapitän, der das Amt mehr seiner Familie als seinen Fähigkeiten zu verdanken hat. Eine gefährliche Kombination, welche unweigerlich auf der Essex zu Spannungen führt und beide dazu verleitet, riskante Wege zu beschreiten, um die leeren Frachträume mit Waltran zu füllen. Eine Entscheidung, die später nicht nur das Schiff, sondern das Leben vieler Männer kosten wird...
Im Herzen der See Kritik
Im Herzen der See ist einer der Filme, bei denen einem erneut wieder auffällt, dass eindeutig zu wenige Filme über die Seefahrt existieren. Der letzte ernstzunehmende Beitrag Master & Commander - Bis ans Ende der Welt ist bereits 12 Jahre alt und die verfluchten Karibikfilme haben, Segelschiffen zum Trotz, diese Lücke nicht wirklich füllen können. Nun kommt also Ron Howard daher und erzählt uns die Geschichte, die Melville einst inspirierte - und die authentische Darstellung der Seefahrt ist einer der großen Pluspunkte, die Im Herzen der See zu bieten hat.
Bereits 2013 in Rush - Alles für den Sieg arbeiteten Howard und Hemsworth zusammen und da bewies Letzterer, dass er schauspielern kann, wenn man ihn nur lässt. In Im Herzen der See liefert er seine bisher beste schauspielerische Leistung ab und es ist erstaunlich, wozu er wirklich in der Lage ist, wenn er nicht unterfordert als Thor den Hammer schwingt. Aber auch die Nebenrollen glänzen, darunter Whishaw und Gleeson sowie in einer kleineren, aber markanten Rolle Cillian Murphy. Bei der Darstellung wirft Im Herzen der See aber auch viele Fragen auf, denn der Film zeigt, wozu der Mensch in seiner Gier fähig ist. Auch einst, auf der Jagd nach Lampenöl, bevor das schwarze Gold aus dem Boden gepumpt werden konnte, war die Menschheit bereit, alles zu tun.
Dies sind die Momente, in denen Im Herzen der See glänzen kann und immer wieder überzeugt. All seine Möglichkeiten kann der Film dann aber nicht ausschöpfen und zu einem echten Meisterwerk werden. Mit seinen zwei Stunden fühlt sich Howards-Werk zwar nie gehetzt an, aber als Zuschauer hat man auch nie das Gefühl, dass die Erzählung wirklich in ihrer Tiefe nachempfunden werden kann. So werden viele Konflikte, wie die zwischen Pollard und Chase, nur halbherzig, angedeutet, aber nicht bis zum Ende ausgearbeitet und dadurch bleiben die Figuren blasser als sie es sein müssten. Gerade nach dem Untergang und den dramatischen Ereignissen, die folgen, wäre mehr Substanz wünschenswert gewesen. Der Schrecken, der dem Ende der Essex folgt, wird der Freigabe zuliebe nur angedeutet und wirkt zwar erschreckend, aber nicht packend oder schockierend. Auch wird die Geschichte immer wieder durch die Gespräche zwischen Melville und Nickerson unterbrochen, was ihr an manchen Stellen einen unschönen episodenartigen Charakter verleiht. Einen zusätzliche halbe Stunde Laufzeit hätte Im Herzen der See deutlich aufgewertet, vor allem wenn diese Zeit für die Darstellung an Bord und Charakterentwicklung genutzt worden wäre.
Im Herzen der See-Bewertung
Im Herzen der See ist ein guter Film geworden, streckenweise sogar sehr gut und damit ein weiteres ordentliches Werk von Ron Howard. Dennoch bleibt dieser Film spürbar hinter seinen Möglichkeiten zurück, die Plot und Darsteller ermöglichen würden. Alles in allem aber packend für einen gelungenen Kinoabend und jeder, der sich für maritime Abenteuer und Seefahrt interessiert, kommt an Im Herzen der See nicht vorbei. Nur der erhoffte Oscarkandidat ist es für uns nicht geworden.