Bewertung: 4.5 / 5
Einer der größten Musiker unserer Zeit erhält seine verdiente Filmographie. Rocketman überzeugt auf so vielen Ebenen und lässt den Zuschauer mit einem vergnügten Gefühl der Zufriedenheit aus dem Kino gehen. Taron Egerton als Elton John steht Rami Malek in keiner Weise nach und inzwischen wurde aus dem begabten Jungschauspieler von einst eine ernstzunehmende Hollywoodkonkurrenz.
Rocketman Kritik
Reginald Kenneth Dwights Kindheit (Matthew Illesley, später Kit Connor) ist geprägt von Zynismus mütterlicherseits und Liebesentzug durch seinen Vater, das Ganze nur erträglich gemacht durch die Fürsorge und Liebe seiner Großmutter. Diese erkennt auch das musikalische Talent ihres Enkels, der beginnt, Klavierstunden zu nehmen und später, als junger Mann, mit Bandkollegen die örtlichen Bars zu beschallen. Als Reggie auf den begabten Texter Bernie Taupin (Jamie Bell) trifft, ist dies der Beginn einer unfassbar erfolgreichen und ihresgleichen suchenden Kooperation - und der Beginn von Elton John...
Trailer zu Rocketman
Denkt man an Elton John, fallen einem prompt Schlagworte wie Paradiesvogel, Brillen, Diana, Nikita und Diva ein. Der inzwischen 72-jährige Ausnahmemusiker hat es in seiner jahrzehntelangen Karriere geschafft, Hochs und Tiefs zu überwinden und der Menschheit unzählige wunderbare Songs geschenkt, darunter "Your song", das titelgebende "Rocket man", "Candle in the wind", "I´m still standing", "Sad songs (Say so much)" oder die oben erwähnte wunderschöne Kalter-Krieg-Hymne "Nikita". Es wurde also Zeit, Sir Elton Hercules John auf der Leinwand die Ehre zu erweisen, die ihm gebührt - und mit Hauptdarsteller Taron Egerton ist das grandios gelungen.
Emotional, dramatisch, liebenswert, exaltiert. Das sind nur einige Eigenschaften, die der Schauspieler in seiner Rolle - gezwungenermaßen - vereint und so die Genese des Musikers lebendig macht. Wo vielen in Bohemian Rhapsody die abgründige Welt des Freddie Mercury fehlte, versprüht Rocketman dreimal so viel Sex und Egerton geht ohne homophobe Berührungsängste in seiner Rolle auf, die durch seine Natürlichkeit so wunderbar greifbar wird. Mut zur Hässlichkeit, Mut zur Extravaganz, Mut sich hineinzusteigern, das sind Attribute, die in solch einem Film obligatorisch sind und auf den Zuschauer eine regelrechte Sogwirkung haben.
Das Ganze wird in vielen Momenten stimmig mit Elton Johns Songs garniert und das Mitwippen des Fußes ist gegebene Sache. Dabei erleben wir seine ersten Anfänge in der Kindheit, das denkwürdige Aufeinandertreffen mit Bernie Taupin, der bis heute mit John kollaboriert, den Durchbruch in LA sowie mehrere exzentrische Bühnenauftritte und auch den durch Drogen und Alkohol forcierten Absturz des Superstars. Anfang und Ende des Films lassen unweigerlich Parallelen zum erwähnten Bohemian Rhapsody aufkommen, auch wenn bei Rocketman zu Beginn schnell klar wird, dass anfangs keine Sternstunde auf den Sänger wartet.
Rocketman versucht sich, soweit es Sinn macht, an viele reale Momente zu halten, nimmt sich aber auch viele Freiheiten heraus (z.B. die Entstehung des Künstlernamens). Ob nun die Heirat mit Renate Blauel zwingend nötig war, die im Film wie ein kurzer Schluckauf wirkt, um das Fremdeln des Sängers mit seiner Homosexualität in der Öffentlichkeit zu verdeutlichen, darf jeder für sich entscheiden. Aber sie gehört zu seiner Vita wie Taupin, gigantische Brillen und schräge Bühnenoutfits.
Mit Rocketman ist Paramount Pictures ein überaus unterhaltsamer Abstecher ins Musikbusiness gelungen. Man muss nicht mal zwingend von Elton Johns Diskographie begeistert sein - sein musikalischer Einfallsreichtum sowie seine jahrzehntelange Bühnenpräsenz entlocken jedoch mit Leichtigkeit ein Staunen. Schauspieler inkl. Kinderdarsteller sind perfekt gecastet und es ist ein beeindruckendes Auf und Ab, das den Zuschauer im Kino erwartet.