Über viele Jahre hinweg arbeitete Frank Sheeran als Geldeintreiber für Mafiaboss Russell Bufalino. Davor kämpfte er im 2. Weltkrieg, wo er bei seinen Einsätzen unter anderem in Sizilien die italienische Sprache lernte. Über diese Sprachkenntnisse gelangte er in die Welt des organisierten Verbrechens. Er lernt die Cosa Nostra und den mit dieser zusammenarbeitenden Gewerkschaftsführer Jimmy Hoffa kennen, für den er anfängt als Bodyguard zu arbeiten. Die beiden lernen einander zu respektieren und eine enge Freundschaft entsteht. Doch je höher Frank in den Rängen der Mafia aufsteigt, desto grausamer werden die Verbrechen, die er begehen muss. Und dann soll er Hoffa töten.
Ich habe mir den Film am 26. Februar 2023 angeschaut. (Zum Filmtagebuch)
Richtig cool, dass man Altstars wie De Niro, Pacino und Pesci nochmal gemeinsam in einem Film zu sehen bekommt. Und dann noch bei einem Mafia-Epos von Martin Scorsese. Gerade die Schauspielriege und ihre Dialoge machen "The Irishman" trotz seiner enormen Lauflänge zu einem Filmvergnügen. Ich persönlich hatte in den dreieinhalb Stunden auch nie den Anflug von Langeweile. Neben dem beeindrucken Cast und den starken Dialogen, sticht hier vor allem das Setting hinaus. War schon cool, dass man mal wieder dieses spezielle Mafia-Feeling wie in früheren bekannten Werken von Scorsese oder von Coppola hatte.
Meine BewertungMeine Meinung steht fest » Hier ist meine "The Irishman" Kritik
Meine Bewertung"Mir gegenüber im Nachteil zu sein, ist ein Vorteil, den ich Dir gegenüber behalten will."
Weil viele davon schwärmen und weil er bei der Preisverleihungszeit überall mit dabei ist habe ich mir nun auch The Irishman angeschaut.Dazu muss man sagen: Ich fand zwar Der Pate gut, aber konnte mit Teil 2 nichts anfangen, Casino habe ich abgebrochen und diverse andere Maffia-Filme wie Es war einmal in Amerikca oder Goodfellas habe ich nicht gesehen.
Daher kommt es nicht überraschend, dass mich auch The Irishman nicht abholen konnte. Ich fand die Story nicht reizvoll und die Laufzeit von 3,5 Stunden steuerte dazu bei, dass ich kaum Zugang zum Film finden konnte. Trotzdem sind die Bilder stark, das Setting schön und die Schauspieler gut.
In Anbetracht meiner Position bewerte ich diesen Streifen hier nicht, weil es ihm nicht gerecht wird. Ich kann verstehen wenn Leute ihn mögen. Für mich ist es aber nichts.
@Duck-Anch-Amun
"dass er etwas hat was er verlieren könnte. Er wird ja am menschlichsten dargestellt aufgrund seiner Familie. Und durch seine Taten verliert er diese Familie, was dann zum "Epilog" führt."
Ok. Ich habe es so verstanden, dass Sheeran im Verlauf der 40 Jahre irgendwann so sehr im Mafialeben verankert ist, dass er es gar nicht mehr hinterfragen kann oder möchte und aus ihm zum Schluss oftmals nur Verblendung spricht. Im Epilog bereut er zwar das bewusste Anlügen von Jimmy Hoffas Witwe, im Dialog mit der eigenen Tochter führt er aber paradoxerweise das Argument an, er hätte die Mafiaarbeit nur wegen seiner Familie getan, obwohl dem in der Realität alles entgegenläuft.
"Was war bei dir das Ausschlaggebende? Oder verzichtest du i.d.R. immer auf Bewertungen à la 5 Hüte?"
Die volle Punktzahl vergebe ich tatsächlich nur noch selten.
Ausschlaggebend für mich waren hier (unabhängig von den Lichtseiten, siehe die Reviews von Silencio und MobyDick) die Schattenseiten des CGI-De-Agings. Bei De Niro sah das teilweise echt nicht gut aus und während der Szene, in der De Niro diesen Typen zusammenschlägt, merkt man eindeutig, dass er schon auf die 80 zugeht und das körperlich nicht mehr hinbekommt. Das war unfreiwillig ziemlich komisch und nahm für mich Schaden an der Immersion. Zudem sahen De Niro und Pesci in dem 1950er-Handlungsstrang trotz des De-Agings immer noch alt aus, Männer in ihren 30er oder 40er Jahren habe ich ihnen nie abgenommen.
@Silencio
"die letzten 30 Minuten sind der gesamte Zweck des Filmes. DARAUF arbeitet der Film hin, alles andere ist nur Beiwerk"
Ja, das habe ich ähnlich empfunden. Die letzten 30 Minuten sind das Kernstück und - in Abhängigkeit von der Vorbereitung in den 180 Minuten zuvor - der qualitativ hochwertigste Abschnitt des Films.
"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."
@Silencio @Duck-Anch-Amun
Danke. Den ganzen Tag brennt mir das schon unter den Nägeln, da ich die Diskussion nur beiläufig verfolgen konnte und ich @Duck-Anch-Amun einfach nur sagen wollte - thats the point. Jetzt kommst du um die Ecke.. ; )
- CINEAST -
luhp und Duck:
"Achso. Meiner Meinung nach war das in dieser langen Form von 30 Minuten schon sinnvoll, das steigerte die Radikalität des Gezeigten."
Es steigert nicht nur die Radikalität, die letzten 30 Minuten sind der gesamte Zweck des Filmes. DARAUF arbeitet der Film hin, alles andere ist nur Beiwerk...
"I am not fucking around here, I believe a well-rounded film lover oughta have something to say about Jean-Luc Godard and Jean-Claude Van Damme."
-Vern
@luhp92
Naja, beide Punkte (passt nicht so hinein und könnte aufhören) ziehe ich eben daraus, dass er etwas hat was er verlieren könnte. Er wird ja am menschlichsten dargestellt aufgrund seiner Familie. Und durch seine Taten verliert er diese Familie, was dann zum "Epilog" führt. Ich drücke mich wahrlich nicht gut genug aus merke ich gerade, aber mir persönlich fehlte das Element, was bei diesem Abschluss des Films auch zum Nachdenken anregt. Hätte man expliziter gezeigt, dass bei einem Austritt aus dem Konstrukt seine Tochter das nächste Opfer wäre, so würde es sich vielleicht für mich bisschen runder anfühlen.
Aber wie gesagt, dies ist mein kleines Meckern auf einem hohen Niveau, weshalb der Film nicht die volle Punktzahl bekam. Was war bei dir das Ausschlaggebende? Oder verzichtest du i.d.R. immer auf Bewertungen à la 5 Hüte?
@Duck-Anch-Amun
"Mir geht es eher um die Machart, wo diese letzten Minuten quasi als Epilog an die abgeschlossene Handlung drangehangen werden und man mit Zeitsprüngen diesen Isolierungsprozess aufzeigt."
Achso. Meiner Meinung nach war das in dieser langen Form von 30 Minuten schon sinnvoll, das steigerte die Radikalität des Gezeigten.
"Zudem zeigt der Film über die gesamte dauer ja, dass Sheran an sich nicht so wirklich darein passt."
Wie kommst du darauf? Sheeran arbeitet sich schnell in die Mafia ein und steigt z.B. vom LKW-Fahrer zum Auftragsmörder auf. Er ist hier der einzige Ire in der italienischen Mafia und Buffalino (Pesci) gibt ihm dann irgendwann diesen Ring von hohem Stellenwert, den ansonten nur zwei andere Mafiosi tragen. Derjenige Mafioso, der irgendwann nicht mehr reinpasst, ist dagegen Hoffa (Pacino), der dann ja ausgerechnet von Sheeran erschossen wird.
"dass wir nie wirklich erfahren warum er in diesem Konstrukt feststeckt. Letztendlich wirkt es so, als gebe es keine echten Konsequenzen für ihn, falls er aussteigen wolle."
Das stimmt zum Einen, zum Anderen stellt sich Sheeran diese Frage eines Ausstieg aber doch nie? Er tut das, weil er damit gutes Geld verdient und seine Familie ernähren kann.
"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."
@luhp92
Mir geht es eher um die Machart, wo diese letzten Minuten quasi als Epilog an die abgeschlossene Handlung drangehangen werden und man mit Zeitsprüngen diesen Isolierungsprozess aufzeigt. Hätte man auch alles kürzer machen können oder eben gewisse Dinge aussparen sollen.
Beim Mitleid sind wir ja auf der gleichen Linie. Aber wie gesagt, so wie es umgesetzt wurde könnte man auch meinen, dass dieser Mann doch ein trauriges Schicksal erleidet hat, da man so explizit darauf eingeht. Kann natürlich auch daran liegen, dass de Niro die Figur so stark gespielt hat und er eben immer gewisse Sympathiepunkte besitzt. Zudem zeigt der Film über die gesamte dauer ja, dass Sheran an sich nicht so wirklich darein passt.
Am Rand behandelt meine ich deshalb, dass wir nie wirklich erfahren warum er in diesem Konstrukt feststeckt. Letztendlich wirkt es so, als gebe es keine echten Konsequenzen für ihn, falls er aussteigen wolle. Da wird vieles angedeutet, mir fehlt aber die letzte Bedrohung für die Familie, wenn du verstehst was ich meine.
@Duck-Anch-Amun
"Die Aussage mit dem Ende des Mafialebens [...] ist tatsächlich passend, aber wer sich nicht so dafür interessiert, der wird eher den kläglichen Versuch sehen wie man mit Mitleid mit einem Gangster haben soll. Die Aspekte hätte man auch während der Handlung locker einbauen können"
In den 180 Minuten davor wird Sheeran ja als eiskalter Auftragsmörder, kapitalistisch-opportunistischer Mafiosi und Patriarch seiner Familie dargestellt. Der stumme Konflikt zwischen Sheeran und seiner Tochter wird im Film mehrmals gezeigt, das wird mMn nicht nur am Rand behandelt* und das geht alles aus dem Film hervor, dafür muss man sich nicht speziell für Mafiaepen interessieren. Scorsese zeigt zum Schluss zwar, dass Sheeran noch über Menschlichkeit verfügt, Mitleid mit ihm empfand ich da aber nicht. Dafür ist es nach 40 Jahren bzw. 180 Filmminuten organisierter Kriminalität längst zu spät, man kann Sheeran hier nur (spöttisch) selbst die Schuld zuschieben.
*Wie hätte man das Alter, die Krankheiten sowie das Wegsterben all der Mafia-Freunde während der Handlung einbauen sollen? Wenn man das Ende des Mafialebens (und Mafiaepos) zeigen möchte, ergibt das finde ich nur am Ende des Films Sinn.
"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."
@MobyDick
"sehr analytisch und beobachtend, da scheint jemand im Fach zu sein?"
Tatsächlich nicht^^ Er macht das nur als Hobby so wie die meisten hier.
Edit: Danke für den Hut!
"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."
@MobyDick
Nö, Martha war einfach doof.
Ich schau mir den Film dann nach meinem Ausstieg aus dem Gewerbe und mit 65 einfach nochmals an ;) Stand jetzt bleib ich dabei: Ganz unschuldig ist er ja dann doch nicht...
Aber ich will jetzt auch nicht wegen diesen letzten 30 Minuten in eine Schublade gesteckt werden für einen Film den ich überragend fand und dem ich deutlich mehr Anerkennung bei Preisverleihungen wünsche als es der Fall ist ;)
Duck
Wenn du dich nur bei diesen Gedanken ertappt hast, warst du einfach noch nicht so weit, du musst der alte Mann werden und dich beim Gedanken erwischen, dass du dir wünschst, dass deine Tochter doch nochmal mit dir spricht.
Vorher - wie sagt man so schön seit der berühmten Martha-Szene - hast du den Film einfach nicht verstanden ;)
@luhp92
Ist mir schon klar. Ich finde trotzdem, dass sich dies einfach zu lange hingezogen hat. Die Aussage mit dem Ende des Mafialebens und analog zum Ende des Mafia-Films ist tatsächlich passend, aber wer sich nicht so dafür interessiert, der wird eher den kläglichen Versuch sehen wie man mit Mitleid mit einem Gangster haben soll. Die Aspekte hätte man auch während der Handlung locker einbauen können, anstelle sie nur am Rande zu behandeln. Und dann zieht das Ende sich doch immer noch hin, die Aussage wäre auch in kürzerer Zeit hängen geblieben. Ich ertappte mich bei dem Gedanken "Ja gut, ich hab es verstanden!"
Luhp92
Sehr interessanter Link, sehr analytisch und beobachtend, da scheint jemand im Fach zu sein?
Danke und Hut!