
Bewertung: 4.5 / 5
Mit Shogun startet am 27. Februar auf Disney+ eine Neuverfilmung des gleichnamigen bekannten Romans von James Clavell. Die erste Verfilmung mit Richard Chamberlain in der Hauptrolle des John Blackthorne stammt aus dem Jahr 1980 und genießt in Deutschland den Status eines Klassikers, war die Serie doch bei ihrer Erstausstrahlung 1982 im ZDF ein enorm großer Erfolg. Kann die Neuverfilmung einen ähnlichen Status erreichen oder gelingt es ihr sogar, den Roman noch besser zu adaptieren als damals?
Review zu Shogun
Die Serie erzählt die Geschichte des englischen Seefahrers John Blackthorne, der im feudalen Japan um 1600 Schiffbruch erleidet und in die Gefangenschaft der Japaner gerät. Jedoch gelingt es ihm, die Gunst des mächtigen Fürsten Toronaga zu erlangen und schließlich sogar dessen Vertrauten zu gewinnen. Dies zieht ihn jedoch hinein in ein gefährliches Intrigenspiel der Feudalherren um die Macht in Japan. Als ein Krieg bevorsteht, wird Blackthornes Loyalität auf die Probe gestellt, auch, weil er sich in seine Übersetzerin Mariko verliebt hat.
Trailer zu Shogun
Mit Shogun ist eine wirklich gute und vor allem auch sehenswerte Adaption des Romans gelungen. Von den zehn Episoden konnten wir acht bereits vorab sehen und es muss schon furchtbar viel schiefgehen in den letzten beiden Folgen, um unseren wirklich positiven Ersteindruck zu schmälern.
Die Geschichte orientiert sich dabei natürlich wie auch die Erstverfilmung aus den 80ern stark am Roman, sodass Kenner hier keine großen Überraschungen erwarten sollten. Die Serie überzeugt vor allem mit dem großen Aufwand, der hier betrieben wurde. Ganze zehn Monate lang dauerten die Dreharbeiten, die sowohl in Kanada als auch in Japan stattfanden. Der Einsatz hat sich gelohnt, die Serie schafft es enorm gut, den Zuschauer auch dank einer tollen Ausstattung in die Zeit dieses mittelalterlichen Japans zu ziehen.
Im Vordergrund ist dies vor allem eine politische Serie in einer aus Sicht des gestrandeten Blackthornes fremden Kultur. Einer Kultur, deren Regeln und Verhaltensweisen ihm erst nach und nach bewusst werden. Wenngleich die zugrundeliegende Geschichte des Romans fiktiv ist, so basiert sie tatsächlich auf wahren historischen Ereignissen und Charakteren. Blackthorne z.B. ist dem englischen Navigator William Adams nachempfunden, dem ersten Europäer, der in Japan den Titel eines Samurai erhielt.
Diese wahren historischen Hintergründe sind spürbar und helfen der Serie enorm dabei, eine glaubhafte Welt für den Zuschauer zu erschaffen. Was man nicht erwarten sollte, sind große Schlachten oder eine actionreiche Handlung. Gleichwohl kann die Action überzeugen, wenn sie zum Einsatz kommt und auch in Sachen Gewalt hält man sich hier wahrlich nicht zurück.
Dieses Shogun wird nicht so sehr von der Figur des John Blackthornes getragen, wie es noch bei der Erstverfilmung der Fall war, als Richard Chamberlaine diese Rolle innehatte. Diesmal übernimmt Cosmo Jarvis diesen Part und er liefert auch eine überzeugende Darstellung ab. Doch der große Star dieser Verfilmung ist ganz eindeutig Hiroyuki Sanada in der Rolle des Fürsten Yoshi Toranaga. Ihm gehört schlichtweg jede Szene, in der er drin ist. Mit seiner kraftvollen Ausstrahlung schwebt er stets über allem und jedem. Es ist schlichtweg ein Genuss, ihn in dieser Serie haben zu dürfen.
Die Figur des Blackthorne und seiner Geschichte gerät hier sogar fast etwas zu sehr in den Hintergrund zugunsten der vielen japanischen Charaktere und ihrer Geschichten. Man fragt sich sogar im Verlauf der Serie, warum man ihn überhaupt benötigt, da die Handlung gefühlt auch ohne ihn auskommen würde. Dies ist aber nur ein kleiner Kritikpunkt, zumal die japanischen Charaktere die Serie hervorragend ausfüllen und der höhere Fokus auf sie nicht als störend empfunden wird. Neben Sanada muss hier Anna Sawai als Mariko erwähnt werden, die Übersetzerin des Anjin, wie Blackthorne von den Japanern genannt wird. Für Sawai ist es bisher ein ziemlich gutes Jahr, war sie doch gerade erst als Hauptdarstellerin in Monarch: Legacy Of Monsters zu sehen. In Shogun weiß sie ebenfalls zu überzeugen und sie sticht hier neben Sanada deutlich heraus.
Enorm erfreut hat uns die Komplexität der Handlung, vor der man hier nicht zurückgeschreckt ist. Seien es die Intrigen unter den japanischen Feudalherren oder die Intrigen unter den verschiedenen europäischen Gästen in Japan mit ihren unterschiedlichen Glaubensansätzen, was für zusätzlichen Konflikt sorgt. Zudem hat man es sich auch bei der Sprache nicht leicht gemacht, tatsächlich ist dies sogar ein enorm wichtiges Handlungselement. Während Blackthorne kein Wort Japanisch spricht oder versteht, haben es die Portugiesen, die den Engländer als große Bedrohung wahrnehmen, durch ihre bereits langjährige Beziehung zu den Japanern schon einfacher. In Shogun wird die Sprache ebenso als Waffe eingesetzt wie ein Schwert.
Fazit
Mit Shogun ist eine tolle und sehenswerte Adaption des bekannten Buches gelungen, die sich wahrlich nicht vor der Verfilmung aus den 80ern verstecken muss. Eine tolle Ausstattung, tolle Bilder und überzeugende Darsteller, angeführt vom grandiosen Hiroyuki Sanada, lassen den Zuschauer tief ins feudale Japan des frühen 17. Jahrhunderts eintauchen. Das Ergebnis ist schon jetzt eine der besten Serien des Jahres, die sich auch dank der komplexen Handlung und des historischen Hintergrunds nicht vor den ganz großen Serien vergangener Jahre zu verstecken braucht. Shogun beweist, dass es nicht immer erst Drachen, Raumschiffe oder Superhelden braucht, um großes Kino für den kleinen Bildschirm zu ermöglichen.
