Bewertung: 3.5 / 5
Regisseur Ang Lee, oscargesegnet für Brokeback Mountain und Life of Pi, stellt sich in seinem neuesten Film Gemini Man nicht nur Will Smith in doppelter Ausführung, sondern auch dem Thema Klonen. Herausgekommen ist ein kurzweiliger Actionfilm, auch überzeugend in 2D, sehr geradlinig und ohne Schnörkel, der in seinen besten Momenten einen Ausblick auf zukünftige, wohl schwer zu kontrollierende Entwicklungen bietet.
Gemini Man Kritik
Henry Brogen (Smith), einer der weltbesten Sniper und Kämpfer, will seinem Metier den Rücken kehren. Doch eine geheime Unterredung unter Freunden gefährdet seinen Ruhestand: Auf drastische Weise wohlgemerkt, denn sein ehemaliger Vorgesetzter Clay Verris (Clive Owen) will kein Risiko eingehen und setzt einen ebenso fähigen Attentäter auf Henry an. Was der nicht ahnt, sein Gegner ist eine jüngere Ausgabe seiner selbst, ein wahrer Klon, vor zwei Jahrzehnten im Labor gezeugt, um eine noch perfektere Kampfmaschine abzugeben...
Trailer zu Gemini Man
Das Wichtigste zuerst: Wir haben den Film leider nur in 2D gesehen. Daher kamen wir nicht in den Genuss des vielerorts gelobten 3D+, das angeblich einige atemberaubende Szenen ermöglicht, so dass man sich wie nie zuvor "mittendrin" fühlen soll.
Wer in Latein aufgepasst hat, weiß dass "Gemini" für Zwillinge steht, ansonsten hilft aber auch prompt das Filmposter weiter. Ein junger Will Smith und sein Pendant im besten Mannesalter, die das Zentrum von Ang Lees Gemini Man sind. Wobei das Wort "Gemini" nicht nur im Film für visionäre Zukunftsprojekte steht: Man denke nur an das einstige NASA-Raumfahrt-Programm im Vorfeld der Mondlandung oder die Gemini-Spiegelteleskope, die uns so viel über unser All verraten. Hier nun das Thema genetische Forschung und Klonen, alles verpackt in einem knapp zweistündigen Actionspektakel, in dem Smith zeigt, dass in uns auch mit Anfang 50 noch einiges an Saft stecken kann.
Um den Darsteller zu verüngen, wurde auf CGI gesetzt und hier hat Smith im Vorfeld nicht ganz so viel Häme abbekommen, wie es noch bei Aladdin zu spüren war. Hinterher überraschte das Ergebnis viele Zuschauer positiv und wir wünschen es den Machern auch an dieser Stelle. Zwar ist die jugendliche Smith-Version deutlich als künstliche Person zu erkennen, zu träge ist die Mimik, zu glatt die Person, doch das Experiment funktioniert, wenn man sich drauf einlässt. Im Grunde hat man eine gute Spieleanimation vor sich, auch wenn das Ganze immer noch etwas hölzern wirkt und in Zukunft eines weiteren Feinschliffes bedarf.
Dafür zeigt der echte Smith, wie bereits angedeutet, wie viel Leben noch in ihm steckt, an seiner Seite Mary Elizabeth Winstead und Benedict Wong. Die Drei treten lange als perfekt funktionierendes Team auf und so fühlt sich der Film auch auf weiter Strecke an, rund und einfach stringent, leicht zu folgen. Hin und wieder wirken die einzelnen Etappen trotz aller Kämpfe und Rückschläge etwas zu easy, aber wir sprechen immer noch von einem hochstilisierten Actionfilm, der aber im Gegenzug zu den üblichen Fast & Furious-Kandidaten dann doch wieder bodenständiger wirkt.
Lee hätte natürlich auch eine tiefergehende Auseinandersetzung mit der Machbarkeit und Ethik von genetischen Experimenten an Menschen kreieren können. Tat er aber nicht, der sich konsequent für den Actionweg entschied. Das kann man bedauern, bietet sich aber auch an, denn die Frage, ob jünger und psychisch optimiert auch gleichzeitig besser zuhaut, bleibt spannend. Zumindest setzt sich der Film auch etwas tiefgehender gegen Ende mit dem überaus spannenden Thema auseinander, und wenn Clive Owen ein Plädoyer für die positiven Aspekte des Gemini-Programms hält, dann ist man zumindest geneigt, ihm zuzuhören - in der Realität ist das Thema spätestens seit Dolly publik und wird u.a. durch Experimente chinesischer Forscher immer wieder befeuert. Wie weit also werden wir gehen?
Diese Frage beantwortet Gemini Man nicht, aber wir erleben auf unterhaltsame Weise, was für mögliche Auswirkungen derartige Experimente haben könnten. Gut oder schlecht? Für wen? Und wo beginnt die Menschlichkeit eines "Objekts", das nur zu einem Zweck geboren wurde, aber dennoch so menschlich ist, wie man eigentlich nur sein kann?