Bewertung: 3.5 / 5
"Back in black - I hit the sack - I´ve been too long Im glad to be back - Yes, I´m let loose - From the noose - Thats kept me hanging about - I´ve been looking at the sky - Cause it´s gettin´ me high - Forget the hearse cause I never die - I got nine lives - Cats eyes - Abusin´ every one of them and running wild" - Treffender als AC/DC in ihrem genialen Back in Black kann man Death Wish wohl kaum beschreiben. Willis will es noch einmal wissen und tatsächlich fühlt es sich zum ersten Mal seit langem so an, als hätte er Bock auf das, was er da tut. Doch ich greife vor..
Trailer zu Death Wish
Inhalt:
Unfallchirurg Paul Kersey, der mit Frau Joanna und Tochter Jordan ein glückliches Leben führt, ist ein guter Mann. Er kümmert sich um die Familie, sorgt sich um seine Mitmenschen und nimmt seinen Job sehr ernst. Doch ein unglücklicher Zufall und eine unerwartete Spätschicht für Paul sorgen dafür, dass seine Frau und Tochter daheim sind, wenn sie eigentlich mit ihm zu seinem Geburtstag im Restaurant sitzen sollten. So wird aus einem Einbruch mit Diebstahl schnell ein brutaler Raub und Paul steht vor einem Scherbenhaufen. Doch er kann und will nicht mit ansehen, wie die Polizei hilflos den Einbrechern hinterherhechelt und so nimmt er das Recht in die eigenen Hände und geht hinaus auf die Straßen von Chicago, um Rache zu üben.
Kritik:
Ja, Death Wish erfindet das Rad nicht neu, wenn es um Rachethriller mit einsamen Vigilanten geht, die Selbstjustiz als einzige Lösung sehen. Nicht umsonst hat das Original (Ein Mann sieht Rot) mit Charles Bronson aus den 70ern auch heute noch einen klaren Stellenwert im Genre als Paradebeispiel für einen gelungenen Genrevertreter. Doch das bedeutet nicht, dass wir 44 Jahre später nicht eine gelungene Neuauflage feiern könnten. Und so lag es an Eli Roth, einem Mann der eigentlich insbesondere im Horrorgenre seine Erfolge verbuchen konnte, diesem Klassiker einen Neuanstrich im modernen Gewand zu verpassen. Skepsis war zu Beginn in jedem Fall vorhanden, hatte doch Roth bisher nur selten wirklich überzeugen können. Sicherlich, Cabin Fever war eine nette, brutal-nihilistische Dekonstruktion des Hüttenhorror-Genres, welche jedoch selbst in den besten Momenten den großen Vorbildern wie The Evil Dead von Raimi nur hinterherhecheln konnte. Trotzdem war in einem Punkt Roth vermutlich eine der besseren Wahlen für eine solche Regierolle - er weiß wie man R-Rated-Filme inszeniert.
Was nun nicht bedeuten soll, dass Brutalität automatisch für Qualität sorgt, doch grade in einem solchen Rachefilm sollte eine gewisse Kompromisslosigkeit zu spüren sein und genau hier liefert der Film ungeschönte, fast schon die zweifelhafte Selbstjustiz zelebrierende Momente, in denen Willis zur Waffe greift und sich etwas einfallen lässt. Die Shootouts zählen sicherlich zu den absoluten Highlights des Films und sind nicht nur sehr solide inszeniert, sondern liefern eben auch für den etwas hartgesotteneren Actionfan und ganz klassische Blutpakete für die Schusswunden. CGI-Blut war nicht erkennbar, es spritzte immer phyisch vorhandenes Kunstblut, was dem Film eine urige Griffigkeit verlieh, die man heute oftmals im Actiongenre vermissen lässt. Insgesamt fühlt sich der Film wie ein klarer Schritt in die richtige Richtung für Roth an, der durchgehend eine gute Arbeit mit der Regie abliefert und den Großteil der Töne richtig trifft. Jedenfalls eine gute Ecke besser als sein bisheriger, eher auf trashige Weise charmanter Stil. Aus dem Mann könnte nach diesem Film durchaus nochmal was werden.
Dass dabei Bruce Willis endlich mal wieder nicht durch einen Film schlafwandelt, sondern sich tatsächlich von seiner darstellerisch guten Seite zeigt, spricht dafür, dass er am Film Spaß hatte. Die Niedergeschlagenheit nach dem Überfall, die reifende Idee für die Selbstjustiz und auch der Umgang mit der Situation - alles wird glaubhaft vermittelt. Und im Rahmen des genretypisch eng gesteckten Skripts fühlt sich der Übergang glaubhaft an, die nächtlichen Streifzüge sind fast schon therapeuthisch für Paul und geben seiner Hilflosigkeit eine klare Richtung. Typischer Batman-Komplex, aber eben glaubhaft und grundsolide durchexerziert. Nun könnte man sicherlich argumentieren, dass es den Film so nicht brauchte, dass man all das eben schon etliche Male so oder besser bereits gesehen hat, aber dann hätten wir heutzutage wohl ohnehin nur noch selten Genrefilme im Kino und das wäre durchaus schade. Eben solche absolut grundsoliden Genrefilme sind es, die man auch braucht, um die wirklichen Meisterwerke davon abgrenzen zu können. Death Wish ist 2018 kein Meisterwerk, aber eben auch weit weg vom B-Movie-Racheschund, der in Hundertschaften Direct-to-DVD auf die Regale befördert wird.
Interessant, grade vor dem aktuellen Hintergrund in den USA, ist die Diskussion um die Selbstjustiz im Angesicht der sehr losen Waffengesetze des Landes. Gewaltverbrechen unter Schusswaffeneinsatz werden konstant in den fiktiven Medien des Films thematisiert, das Handeln Pauls unter dem medienwirksamen Spitznamen "Grim Reaper" (Sensenmann) wird immer wieder hinterfragt. Es gibt die klassischen Pro-Stimmen, die davon sprechen, dass es richtig ist Gewalt mit Gegengewalt zu beantworten, aber genauso gibt es die Contra-Stimmen, die Rehabilitation eine Chance einräumen wollen. Doch die einfache Lösung wird nicht präsentiert - die Idee, dass ein Verbrechen Grundvoraussetzung ist, um die Polizei überhaupt etwas tun zu lassen, wird ebenso untergemischt wie der Gedanke, dass es fast lächerlich einfach ist, in Chicago an eine Schusswaffe zu gelangen. Auch wird die Waffengeilheit der Amerikaner stellenweise sarkastisch kommentiert, indem Werbespots eingespielt werden, die Willis überhaupt auf den Gedanken bringen, sich eine Waffe zu besorgen. Völlig verschreiben will sich der Film jedoch trotzdem keiner der Ideen die er einwirft, das überlässt er dem Zuschauer. Und das ist auch gut so, denn keine Antwort kann in dieser Frage die eine "richtige" sein, wenn doch alle ihre Pro- und Contra-Argumente haben.
Neben Willis spielen sich der gewohnt starke Vincent D´Onofrio als dessen Film-Bruder Frank Kersey und vor allem Dean Norris und Kimberly Elise als Polizei-Detectives Kevin Raines und Leonore Jackson, die versuchen die Einbrecher genauso wie den "Grim Reaper" dingfest zu machen, ins Gedächtnis. Der Rest des Casts hat keine Ausfälle zu verzeichnen, bleibt jedoch auch überwiegend relativ funktional in seinen Rollen. Musikalisch liefert der Film ein paar erinnerungswürdige Songs und ansonsten überwiegend typische Genrekost von Ludwig Göransson, der insbesondere die emotionaleren Augenblicke aufzuwerten weiß und sich davon abgesehen auf völlig solidem Niveau bewegt.
Fazit:
Death Wish 2018 liefert genau das, was uns die Trailer glauben machen wollten - einen grundsoliden, teilweise sehr spaßigen, gut gefilmten Rachethriller mit einem gut aufgelegten Willis und gekonnt genutztem R-Rating. Die Freigabe ab 18 Jahren hierzulande geht absolut klar, die stellenweise recht grafische Brutalität und teilweise rigurose Selbstjustiz rechtfertigen sie absolut, grade gepaart mit den offenbar überwiegend praktischen Effekten. Willis hat zum ersten Mal seit Jahren wieder mal sichtliche Spaß an seinem Job, die Rolle passt hervorragend zu ihm und mit einem starken supportenden Cast trägt der den Film mühelos auf seinen Schultern. Sicherlich ist nicht alles Gold was glänzt und Roth bedient sich vieler typischer Genreelemente, doch mit guter Inszenierung und einigen gelungenen Actionsetpieces macht er viele dieser "hab ich doch schonmal irgendwo gesehen"-Momente vergessen. Außerdem gefallen die teils recht ambivalenten Ideen zum Thema Selbstjustiz, die der Film in den Mix wirft. Death Wish mag kein Pflichtfilm für die große Leinwand sein, doch Fans gut gemachter Rachethriller dürfen den Blick gefahrlos wagen. Alle anderen können getrost bis zum Heimkinorelease warten und dem Film dann daheim die Chance geben, die er zweifellos verdient hat.
Von mir gibt es verdiente
7/10 Punkte bzw. 3,5/5 Hüte,
für einen grundsoliden Genrefilm, der beweist, dass Willis manchmal eben doch noch Bock hat.