Bewertung: 3.5 / 5
Manchmal tun mir Filme wie "Der Exorzist" schon etwas leid. Die hier präsentierten Schockmomente (ein zuckender und schwebender Körper, ein verdrehter Kopf, Schleim im Überfluss und dezenter Gore) sind aus heutiger Sicht so normal, dass "Der Exorzist" auf mich nur ganz selten wie ein Horrorfilm wirkte.
Als Drama funktioniert der Film dagegen sehr gut, indem er sich intensiv mit einem unbekannten, scheinbar unheilbaren Krankheitsbild auseinandersetzt und die emotionale Belastung des näheren Umfelds durch diese Krankheit näher beleuchtet. Chris MacNeil ist als Filmschauspielerin beruflich sehr beschäftigt, unterhält ein Kindermädchen und zwei Hausangestellte und schafft es dennoch, Zeit für ihre liebenswürdige Tochter Regan zu finden. Diese hervorragend gespielte Mutter-Tochter-Beziehung ging mir direkt ins Herz, weswegen es für mich nur schwer ertragbar war, die Veränderung des Mädchens zum Dämon und die Verzweiflung der Mutter mitanzusehen. Verschiedenste Heilmethoden werden, beeinflusst durch die emotional aufgewühlte Atmosphäre, abgewägt und durchexerziert, William Friedkin scheut dabei auch nicht vor drastischen Aufnahmen z.B. aus dem OP-Saal zurück. Es ist diese Angst vor grausigen medizinischen Instrumenten und Apparaten, die in vielen Menschen wie auch mir innewohnt, welche Friedkin hier eindrucksvoll bebildern und einfangen kann.
Es folgen Spoiler:
Mit dem titelgebenden Exorzismus tue ich mich allerdings etwas schwer. Glücklicherweise verzichten Friedkin und Blatty auf eine kirchliche Holzhammerrhetorik und stellen hier den von Schuldgefühlen und Gotteszweifeln geplagten Pater Damien Karras ins Zentrum der Handlung. Der Exorzismus wird wie die anderen Heilpraktiken nicht nur in Frage gestellt, sondern offenbart sich obendrein als unwirksam. Der Dämon kann nicht ausgetrieben werden, sondern kann nur auf einen anderen Körper überwechseln. Ein Sieg über ihn ist zudem an einen Preis gebunden: hier den Tod der beiden Patres. Nichtsdestotrotz fühlte sich die Exorzismusszene für mich so an wie ein ätzender Kirchengottesdienst, dem man am liebsten entfliehen würde, es aber nicht kann. Friedkin mag dies außerordentlich inszeniert haben, ich war allerdings froh, als der ganze Bibelrezitierungsquark endlich sein Ende fand.
Auch wenn "Der Exorzist" gegen Ende nicht wirklich meinen Geschmack trifft und aus heutiger Sicht für einen Neuling zu sehr unter den zahlreichen Nachahmern und Parodien leidet, ist es meiner Meinung nach dennoch ein guter bis sehenswerter Film. Nachträglich muss ich hier auch ein Lob für die Maskenbildnerei aussprechen: Dass Max von Sydow mit 40 Jahren als alter Pater fast genauso aussieht wie heute, ist ganz große Kunst!
Zum Abschluss ein kleiner Scherz:
https://www.youtube.com/watch?v=ejYc_fHkg_A