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Der Fall Richard Jewell

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Der Fall Richard Jewell Kritik

Der Fall Richard Jewell Kritik

Der Fall Richard Jewell Kritik
0 Kommentare - 28.01.2022 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Der Fall Richard Jewell" ist.
Der Fall Richard Jewell

Bewertung: 3.5 / 5

Im Jahr 1996 finden gerade die Olympischen Spiele in Atlanta statt. Als der Wachmann Richard Jewell (Paul Walter Hauser) eine Bombe findet, sorgt er sofort für die Evakuierung der Zone und rettet damit hunderte Leben. Nun wird das FBI unter der Führung von Agent Tom Shaw (Jon Hamm) auf den Plan gerufen, und nimmt Jewell unter Verdacht, der als Person perfekt in das Profil eines Täters passt. Auch die Erfolgssuchende Journalistin Kathy Scruggs (Olivia Wilde) sieht in Jewell den perfekten Täter und so setzt sie alles daran, ihn zu überführen. Jewell, der einen Anwalt namens Watson Bryant (Sam Rockwell) kennt, kontaktiert diesen sogleich und versucht alles, um seinen Namen reinzuwaschen.

Für Clint Eastwood bedeuten Filme häufig die Repräsentation der sowohl intellektuellen, als auch finanziellen Unterschicht der USA. Ob in Mystic River (2003), Million Dollar Baby (2004), oder auch Gran Torino (2008). Eastwood berichtet immer vom Helden der Arbeiterklasse, der sich in einem System wiederfindet, mit dem er eine Art Hassliebe verbindet. Ähnlich ist es auch in Der Fall Richard Jewell. Die gleichnamige Hauptfigur ist weder attraktiv, erfolgreich, intelligent noch hat sie sonst irgendein Merkmal, was sie eventuell Hollywoodtauglich machen würde. Im Prinzip ist Jewell der letzte Hillbilly und findet sich nicht zuletzt auch deshalb in einer misslichen Lage, weil er ein vollendeter Idiot ist. Es ist fast schon tragisch, daß Eastwood als gemäßigter Konservativer in den Staaten auf Helden zurückgreifen muss, die eigentlich gar nicht als Helden taugen. So ist auch Richard Jewell ein Mann, der bei seiner Mutter lebt, zu viel isst, eine patriotische Grundhaltung an den Tag legt und natürlich Unmengen an Waffen besitzt, wie auch sein Anwalt bemerken muss. Doch das ist mitunter auch ganz amüsant, weil Hauser den dümmlichen, adipösen Mann auch mit soviel Leben füllt. Denn zum einen wirkt er bestimmt und übereifrig in seiner Funktion als Wachmann und zum anderen aber auch wie jemand, der eben intellektuell nicht die Mäuse unter den Schränken hervorholen könnte.

Trailer zu Der Fall Richard Jewell

Das steht natürlich im starken Kontrast zu all dem, was auf Jewell nun einprasseln wird. So suchen FBI, die vierte Gewalt, aber auch Freunde in dem naiven Mann die Antwort auf die Frage nach dem Täter. Interessant ist das alle Mal. Weil der Anschlag auch noch einige Jahre vor dem 11. September 2001 stattgefunden hat, hätte man eigentlich denken können, daß sich diese Tat ähnlich auswirkt, wie auch jener grausame Anschlag. Doch die Bevölkerung scheint hier weit weniger schockiert, als einige Jahre später und so legt sich eben keine übergeordnete Massenparanoia um den Staatsapparat und seine Funktionäre. Im Gegenteil, alle Beteiligten wirken hier sehr fokussiert, wenn auch übermäßig inkompetent. So macht es Jewell zum einen zwar durch sein wirklich dämliches Verhalten, schwer für die Behörden ihn gänzlich aus dem Radar zu nehmen. Zum anderen offenbart sich der Drang zur Wahrheit bei allen Beteiligten aber auch als eine Sache der Ehre, die eben weit weniger an der eigentlichen Lösung interessiert sind, als an einer schnellen. Und so stehen natürlich die Figuren in Eastwoods Werk auch für ein Problem, welches sich durch viele seiner Werke zieht. Kurz um: Der Staat ist irgendwie doof, das Proletariat ist herzlich und trotzdem braucht man den Staat. Schade ist, daß Eastwood nie begreifen mag, daß reine Kritik am Staat, eben nicht ausreicht, um wirkliche Veränderung herbeizuführen und so könnte man auch zynisch behaupten, daß es Eastwood gar nicht darum geht. Schließlich ließ er nicht umsonst etliche Klagen seitens Jewell gegen die vierte Gewalt aus.

Eine große Wahrheit steckt dennoch hinter Jewell. So macht der Film keinen Hehl darauß, daß Jewell nicht wegen irgendwelcher Beweise oder Indizien von allen möglichen Instanzen für schuldig befunden wird, ohne daß es je eine Anklage gegeben hätte. Viel eher liegt darin die Vermutung und das Bauchgefühl vieler Menschen, daß sich aufgrund von äußerlichen Merkmalen festigt. Nun muss man festhalten, daß der Mensch eben auch ob bestimmter Urinstinkte gar nicht anders kann, als andere Menschen zu kategorisieren und bewerten. Anders wäre das Überleben recht schwierig zu gestalten. Damit schafft Eastwood ein gewisses Bild in der Wahrnehmung der Personalie Richard Jewell und tut gleichzeitig gut daran, den Zuschauer nie an dieser zweifeln zu lassen. So versuchen sich viele Werke um große Kriminalfälle eben daran, ein interaktives Ratespiel aus der Geschichte zu ziehen, um so vermeintliche Spannung beim Zuschauer zu erzeugen, die durch eine tatsächlich spannende Geschichte scheinbar nicht aufkommt. Doch Eastwood tut das nicht und fokussiert sich viel eher auf die Medien um Jewell herum.

Und daß die vierte Gewalt nicht zwingend immer zugunsten der Wahrheit agiert, muss man sich auch hier wieder eingestehen. Besonders durch die Journalistin Kathy Scruggs wird hier der Eastwoodtypische Zynismus transportiert, indem die Wahrheit zwar nicht egal, aber Meinungen offenkundig auch keiner definitiven Belegung bedürfen. Und auch hier ist es das Schauspiel, welches viel ausmacht. So ist Olivia Wilde großartig als knallharte, kalte Journalistin, die für Informationen alles tun würde. Gleichzeitig umgibt die Figur ein gewisser Sexappeal, ohne daß dieser sich aufgezwungen anfühlen würde. Dennoch ist gerade Kathy Scruggs die wohl mit Abstand komplexeste Figur, weil sie zum einen schnell eine Meinung festigt, wiederum alles für Informationen tut, der Wahrheit nicht abgeneigt ist und dennoch Kontrolle abgibt und Kontrolle gleichzeitig gewinnt. Irgendwie ist ihre Figur feministisch und antifeministisch zugleich. Denn die Figur weiß, um ihren Stand in der Gesellschaft, hat aber auch kein Problem damit, sich für etwaige Informationen hinzugeben. Ihr Gegenüber steht mit Jon Hamms Tom Shaw eine typische Inkarnation des FBI. Staatsliebe, vermeintlich männlich und irgendwie machthungrig. Seine Figur verdeutlicht nur noch mehr die Festigung der Wahrnehmung. Kathy Bates als Barbara Jewell gibt eine gewohnt solide Performance mitsamt einer spannenden Hysterie um eine Frau, die soviel Druck auf ihrem Sohn sieht.

Gleichzeitig schafft die Regie es durch einfache Beobachtungen, ohne Wertung dem Zuschauer genügend Raum zu geben, um die Geschehnisse einfach wirken zu lassen. In diesen Momenten offenbart sich die Regie von Eastwood als echter Segen, weil sie so typisch kalt und analytisch ist, ohne dem Zuschauer dabei die offenkundige Wahrheit aufs Auge zu drücken. Es ist möglich hier auch selbst zu denken, weswegen der Film eben auch viel seiner Kraft darauß zieht.

Wenn man in ein Schema passt, so muss man dort auch stattfinden. Das zumindest ist die These, die die meisten Menschen in Der Fall Richard Jewell vertreten. Doch die Hauptfigur lehnt sich dagegen auf, ohne besonders große Macht zu besitzen und macht den Film damit zu einem typischen Eastwood-Werk mit den typischen Eastwood-Schwächen. Gleichzeitig ist das schauspielerisch durch die Bank weg solide bis ziemlich gut, und was bleibt ist ein Film, der abermals den Staat und die Macht hinter einzelnen Instanzen aufdeckt und ankreidet.

Der Fall Richard Jewell Bewertung
Bewertung des Films
710

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