Bewertung: 3.5 / 5
Im Jahr 1776 wird der Farmer und Witwer Benjamin Martin (Mel Gibson) von englischen Soldaten unter der Führung von Col William Tavington (Jason Isaacs) bedroht. Obwohl er dem Kampf schon lange abgeschworen hat, begibt er sich geschlagen von den Ereignissen zusammen mit seinem ältesten Sohn Gabriel (Heath Ledger) auf den Weg, um eine Miliz anzuführen und die Briten ein für alle Mal zu besiegen.
Was war das nur für eine Zeit, in der alle Menschen verschiedenster Hautfarben sich gegen einen einfallenden Feind von außen gewehrt haben. In der der Rassismus und die systemische Unterdrückung und Entwertung von Menschen keinerlei Platz fand. In der sich Menschen jenes Stigmas darüber freuten, für ihre wohlbetuchten, weißen Herren zu kämpfen. Ja, was war das nur für eine Zeit. Eine Zeit, die es nicht gab. Ein harter Schlag in die Magengrube der Realität gelingt, wenn man sich historisch auch nur minimal bildet. Selbst dann dürfte auffallen, wie naiv und blauäugig Emmerich die amerikanische Revolution konterkariert. Fast nichts entspricht hier der geschichtlichen Wahrheit und dennoch kann man das mit zweierlei Maßstäben begutachten. Historisch wird aus Der Patriot nie ein bedeutendes Werk. Zumindest nicht im positiven Sinne. Auf der anderen Seite ist es auch gute, alte amerikanische Tradition Geschichtsklitterung zu betreiben. Wenige Konflikte in der langen Historie der Vereinigten Staaten sind so eindimensional, wie es Filme gerne glauben lassen wollen. Und dennoch dürfte das an der Stelle nur marginal zum Problem werden, weil ein Film ein Drama ist. Und Dramen haben zugunsten dramaturgischer Effekte immer das Recht, Symbolismus gegen Politik, Metaphern gegen Wahrheit und Vereinfachung gegen Objektivierung auszutauschen. Geschichte wird dort betrieben, wo sie gelehrt wird. In einem solchen Kontext profitiert der Film aber auch davon, daß diese Gräueltaten schon so lange zurückliegen. Andere Filme hätten da vermutlich größere Probleme.
Nun nach der kleinen Schadensbegrenzung und Relativierung geht es letztlich aber auch darum, den Film aufgrund filmischer Kompetenzen zu loben. Während ein Roland Emmerich natürlich auch für gelinde gesagt übertriebene Science-Fiction-Filme steht, so stellt Der Patriot in seiner Vita vielleicht sogar ein absolutes Novum dar. Der Grund liegt ja auf der Hand, denn während sich Sci-Fi mit der Zukunft und dem Paradoxon des Retro-Futurismus befasst, wirft dieser Film einen Blick in die Vergangenheit. Und es ist klar und auch nur allzu verständlich, daß man in diesem Kontext auch peinlich genau hinschauen möchte, um dem Film all seine historischen Patzer vorzuhalten. Daß kann in bestimmten Kontexten natürlich gefährlich sein. Auf der anderen Seite bietet Der Patriot aber auch genau das, was sein Titel verspricht: Nämlich den Heroismus. Nie war ein Vater mutiger, nie war ein Sohn mutiger und irgendwie sind beide über alle Maßen sympathisch. Mel Gibson in diesem Kontext als Allegorie auf den amerikanischen Traum zu verstehen, ist vermutlich nicht ganz das Ziel des Films. Und dennoch schafft Emmerich es seiner Figur mit den klischiertesten aller Mittel Charisma zu geben. Man sieht Gibson gerne dabei zu, wie er gewinnt und der Grund dafür könnte sein, daß man sich natürlich hier einer simplen Figurenstruktur verschreibt und einen Mann zeichnet, der durch äußere Umstände wieder zum Kämpfen bewegt wird.
Daß ist alte Schule im Hollywoodkino. Auch moderne Werke stellen das ja immer unter Beweis und zeichnen etwa mit John Wick (2014), oder auch Logan – The Wolverine (2017) müde Krieger, die wieder in den alten Trott geraten. Dabei gefällt Mel Gibson als eben solcher, weil er den puren Mann ausstrahlt. Also den Mann, den man engstirnigerweise in vielen Stigmen über Jahrhunderte, gar Jahrtausende geformt hat. Es kann aber vielleicht auch ein wenig von der eigentlichen Qualität des Filmes ablenken. Denn tatsächlich sammelt Emmerich hier einen insgesamt wirklich großartigen Cast um sich. Von einem Heath Ledger, über Chris Cooper, zu Tom Wilkinson und insbesondere Jason Isaacs sind hier Künstler vertreten, die ihre Rollen sehr gut ausfüllen und denen es insgesamt einfach Spaß macht dabei zuzuschauen. Speziell Isaacs spielt hier einen wirklich psychopathischen und bösartigen Mann, der in jeder Szene die pure Intriganz zur Schau stellt. Vermutlich empfahl sich der Brite mit dieser Leistung auch ganz klar für Harry Potter und die Kammer des Schreckens (2002). Das führt den Hauptcharakter dann nämlich auch zu seiner Grundmotivation. Nämlich der Rache. Als Mensch relativiert man ja gerne Dinge, wenn es um Gräueltaten an Kindern geht und insofern ruft das Drehbuch beim Zuschauer die niedersten Schatten hervor, weil wir uns wünschen, daß die Hauptfigur ihre Rache bekommt.
Daß heißt eben, daß die revisionistischen Ansätze zugunsten der Simplifizierung ihren Zweck erfüllen. Es ist klar banal und es fällt auf, daß man hier ganz schnell manipuliert wird, wenn man eine einfache Faschismusallegorie auf das gesamtgesellschaftliche Thema anwendet. Doch das ist eben wie gesagt auch das Recht eines Dramas. Darüber hinaus lässt Emmerich dann den Zuschauer an diesen wirklich kraftvollen und imposanten Schlachtszenen teilhaben und auch das kann man als reines Kalkül abtun, weil man das in dieser Form eben so selten bekommen. Da wirkt alles gut durchgeplant und jede Fahne scheint ihren Platz zu haben. Im Zusammenspiel mit der melodischen Musik von John Williams ist man dann spätestens berieselt. Diese erinnert im übrigen auch zu Teilen wie eine eins zu eins Vorlage für selbigen, oben genannten Harry Potter-Film. Und die Action ist dabei auch nicht zimperlich. Immer wieder fliegen da irgendwelche Kadaver durch die Lüfte und es knallt. Alles zugunsten des Effektes. Das ist bloßer Kitsch, vom Pseudo-Shakespeare zu Gefühlen, über das Treffen der Konfliktparteien auf dem Schlachtfeld. Es ist ein Wahnsinn. Es ist Emmerichs Wahnsinn und man kann das aus jeder Pore hasse, weil es einem das tatsächlich einfach macht. Man kann es aber auch einfach nur unterhaltsam finden.
Und so verbringt dieser Film seine Zeit von Pathos, über Liebe, bis hin zur Geschichtsklitterung. Das erinnert natürlich stark an Braveheart (1995), dem in diesem Kontext aber auch einfach die Banalität fehlte, um an dieser Stelle wirklich unterhaltsam zu sein. Man kann es auch anders ausdrücken, indem man Mel Gibson bescheinigen kann, ein wesentlich besserer Regisseur zu sein. Dabei geht dennoch die Zeit nur so dahin, weil es alles so banal inszeniert ist, es keine wirklichen Subplots gibt, die den Film ins Leere laufen ließen, fokussiert Emmerich sich auf das, was für ihn wirklich zählt. Und das ist die Zerstörung, die Ästhetik der Unordnung, wenn man so will. Dabei gelingt es Emmerich aber auch durch diese Inszenierung, die Kostüme, die echten Sets und eigentlich alles im technischen Segment, daß Werk authentisch wirken zu lassen. Klar ist das patriotisch und kann viele Abschrecken. Vielleicht auch zurecht.
Skandalös, aber mit Stil inszeniert Roland Emmerich mit Der Patriot seine ganz eigene Fassung von Fakten. Banal zwischen gut und böse wandelnd, werden hier sogar einige der schlimmsten Gräueltaten der Menschheit zugunsten einer simplen Dramaturgie geopfert. Daß muss man dem Werk ankreiden. Und dennoch gibt es selten Filme, die sich dabei doch so einfach ertragen lassen, weil sie in letzter Instanz auch das präsentieren, was den voyeuristischen Trieb des Menschen ausmacht. Schauspielerisch ist das nicht weltbewegend, aber in jedem Fall funktionieren die Akteure gut und bei einem gewissen Herrn Gibson, muss der geneigte Zuschauer sowieso immer wieder unfreiwillig ein Lachen herauslassen.
