Bewertung: 3.5 / 5
Und Christoph Waltz? Den gibt es natürlich auch, ist er doch das Zentrum aller Intrigen als fieser Kardinal Richelieu - oder ist es doch nur Kardinal Landa? Seine wohl markanteste Rolle aus Inglourious Basterds kann er auch hier nicht abschütteln, selbst wenn er in Die Drei Musketiere sehr viel zurückhaltender spielt. Zu sagen, Waltz wäre zu wünschen, nicht zu sehr auf diese Rolle festgenagelt zu werden, ist wohl inzwischen zu spät und es muss nach mehreren ähnlichen Auftritten erlaubt sein zu fragen, ob Waltz vielleicht doch nicht der überragende Schauspieler ist, als den ihn die deutschen Medien gerne zeichnen. Diese eine Rolle spielte er magnifique, aber einen wirklich großen Schauspieler zeichnet es eben aus, jede Rolle einzigartig zu spielen. Ein abschließendes Urteil möchten wir aber erst dann fällen, wenn Quentin Tarantinos Django Unchained veröffentlicht wird, vielleicht erleben wir Waltz dann ganz anders. Er wäre nicht der erste europäische Hollywood-Import, der enttäuscht erkennen könnte, dass eine Schablone nicht leicht zu durchbrechen ist.
Resident Evil ist überhaupt ein Stichwort. Vielleicht hat sich Anderson in der Zeit geirrt, aber nicht wenige Szenen könnten direkt der Zombiehatz entstammen. Auch sonst wirken so manche Momente aus anderen Filmen entliehen, zum Beispiel könnte die Schlacht in luftigen Höhen direkt aus Star Trek 2 - Der Zorn des Khan stammen. Man kann vieles über Paul W.S. Anderson sagen, aber wirklich kreativ ist er nicht. Auch sonst dürfte es so manchen Liebhaber der Werke von Alexandre Dumas stören, wie frei der Regisseur adaptiert. So wird die Geschichte komprimiert, simplifiziert und alles leicht verdaulich serviert. Dabei verliert sich Die Drei Musketiere oft in viel zu modernen Szenen: Luftschiffe, hochtechnologische Apparaturen, unheimlich gefährliche Fallen. All das oft auf Videospielniveau und an vielen Stellen unnötig. Eine bodenständigere Darstellung hätte dem Film durchaus gut getan. Auch stört an vielen Stellen, dass Anderson nicht begriffen hat, dass Schwerter scharf sind. Wenn sich die Musketiere mit 40 Gardisten hauen und stechen, dann wird dies im Film als Rauferei bezeichnet - die Darstellung ähnelt aber eher einem Gemetzel, bei dem auf wundersame Weise jede Klinge lupenrein bleibt. Blut scheint im 17. Jahrhundert gerade ausgegangen zu sein. Womöglich hätte Anderson auch viele Dinge vorlagennah adaptieren sollen; manche Änderung ist zwar nicht unbedingt schlecht, aber manches Originalereignis hätte im Film deutlich besser funktioniert. Am Ende natürlich der obligatorische Cliffhanger, der - den finanziellen Erfolg vorausgesetzt - schon den nächsten Teil andeutet.
Trailer zu Die Drei Musketiere
Es wäre jetzt leicht nach dieser harschen Kritik Die Drei Musketiere in der Luft zu zerreißen, als filmisches Desaster eines handwerklichen Stümpers darzustellen und weiß Gott, wir waren dazu gewillt. Doch welche Überraschung, trotz genannter Mängel weiß der Film zu unterhalten. Das liegt zum einen an den Schauspielern, deren Rollen zwar wenig Spielraum zur Entfaltung bieten, die aber toll gecastet wurden. Da ist die Ausstattung und da sind die Kostüme des Films, die opulent ausfallen, wenn sie auch das 17. Jahrhundert nicht an allen Stellen historisch korrekt nachbilden. Da ist das unverbrauchte Setting, das sich vom üblichen Einheitsbrei dieser Tage abhebt und da ist der nötige Witz im Film. Hinzu kommt, dass Anderson die Laufzeit von unter zwei Stunden kurzweilig gestaltet, dem Film keine Längen gönnt und sich auch nicht in überbordenden Actionsequenzen verrennt. Streckenweise fühlt er sich so an wie Fluch der Karibik im Jahr 2003 - nicht ganz auf diesem hohen Niveau, aber mit Ähnlichkeiten. Das liegt beileibe nicht nur an Orlando Bloom, der hier und dort sein Stelldichein gibt, es ist auch der Humor, der beiden Filmen innewohnt. Wie Fluch der Karibik nimmt sich auch Die Drei Musketiere an vielen Stellen nicht ernst und das lässt uns so manchen Kritikpunkt schnell wieder vergessen.
Mehr Bodenständigkeit, ein wenig mehr Komplexität sowie etwas mehr Gespür und Paul W.S. Anderson wäre mit Die Drei Musketiere ein echter Hit gelungen. Der Film hat alles, was ein netter Abenteuerfilm bieten muss, nur verrennt sich der Regisseur immer wieder in einigen unnötigen Szenen, wohl um seiner Frau mehr Leinwandzeit zu widmen, was leider vieles kaputtmacht. Wer unkomplizierte Filme mag und abschalten möchte, ist hier auf jeden Fall ganz gut aufgehoben und wer als Fan der Bücher damit leben kann, dass hier kein echter Dumas auf einen wartet, kann ebenfalls seinen Spaß haben. Für Andersons Verhältnisse stellt der Film auf jeden Fall eine seiner besten Arbeiten dar. 3,5 von 5 Hüten für gute Unterhaltung, die jedoch viel Potential verschenkt.
(Kinogänger: Alexander S.)