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Die Vögel

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Die Vögel Kritik

Die Vögel Kritik

Die Vögel Kritik
0 Kommentare - 31.10.2022 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Die Vögel" ist.

Bewertung: 5 / 5

Die friedliche Küste der Bodega Bay bekommt mit der verwöhnten Melanie Daniels (Tippi Hedren) eine unerwartete Besucherin. Sie ist dort hingekommen, um den Anwalt Mitch Brenner (Rod Taylor) wiederzusehen, welchen sie kurz zuvor kennengelernt hat. Derweil wird sie von Möwen angegriffen und auch die restliche Vogeltierwelt attackiert immer mehr Bewohner des kleinen Ortes. Große Scharen von Vögeln zwingen die beiden, samt Mitchs Mutter Lydia (Jessica Tandy) in ihrem Haus zu verweilen und dieses zu verteidigen.

In den seltensten Fällen lassen Künstler dem Zuschauer so viel Freiraum zur Interpretation des Werkes. Alfred Hitchock war gewiss nicht einfach irgendein Künstler, sondern vermutlich der bedeutendste Filmemacher, der je auf Erden gewandelt ist. Daher ist es nur logisch, daß es auch ihm vergönnt war, ein solches Werk in Szene zu setzen. Nun, man könnte den Film retrospektiv betrachten und einen modernen Maßstab in Sachen Film- aber auch Videospielwertung in den Fokus rücken. Demnach gibt es gute Filme und Spiele, die gut sind, weil sie optisch gut aussehen. Häufig hört und liest man das ja in irgendwelchen Reviews als ein Verkaufsargument für ein Werk. Leider vermischt sich so Pop und Kunst. Selten eine gute Mischung. Und man könnte natürlich sagen, daß Die Vögel, bedingt durch seine doch recht andersartige Inszenierung von den titelgebenden Tieren irgendwie lahm wirkt. Doch das ist gar nicht der Fall. Hitchcock schafft beeindruckende Herbstbilder, indessen, daß er ganze Scharen von Vögeln inszeniert. Mal fliegen sie durch die Luft. Mal rasten sie auf Dächern, der Straße, Bäumen und wenn sie dann angreifen, hat das eine unglaubliche Wirkung. Nicht zuletzt auch deshalb, weil der Film ja nie wirklich erklärt, warum sie das tun. Hitchcock spielt gekonnt mit der Angst vor dem Unbekannten und erweist sich darin tatsächlich als Großmeister des Horrorkinos. Denn was ist schon so gruselig, wie das, was man nicht verstehen kann?

Begründungen für das Handeln der Vögel kann man durchaus in einigen Momenten finden. Nie eindeutig und somit taugt der Film unendlich gut für Interpretationen. Im Prinzip gilt der Angriff der Menschheit. Die Vögel greifen die Menschen an. Und welchen Grund sie dafür haben. Nun, eine Lesart wäre demnach, daß sich die Vögel auf die Menschen stürzen, weil sie sie eingesperrt haben: Schließlich ist zu Beginn zu sehen, daß Mitch Brenner in eine Zoohandlung geht, um ihrer Schwester ein Geburtstagsgeschenk zu kaufen. Als Melanie Daniels dann schließlich einige Vögel kauft, um Mitch einen Überraschungsbesuch bei der Geburtstagsfeier abzustatten, wird sie samt Käfig angegriffen. Auch diese Tatsache, würde die These unterstützen, daß es darum geht, die Freiheit zu erlangen. Dabei kehrt Hitchcock das Grundprinzip um, indem er die Menschen zu Gefangenen in einem Käfig macht. Nachdem die Vögel befreit sind und die Menschen angreifen, verstecken und barrikadieren sie sich in ihren Häusern. Bretter und Möbelstücke werden vor Türen und Fenster gebracht. Der Film nimmt somit dem Menschen die Macht und allein in dieser Tatsache finden sich schon wieder einige Lesarten. Natürlich ist der Film irgendwie im Sinne eines Katastrophenfilms gehalten. In solchen Werken geht es recht häufig auch um die Rache der Umwelt am Menschen. Der Mensch hat durch irgendeine Idiotie und oder ein Verlangen nach Macht in Form von Kapital die Umwelt abgewirtschaftet und zerstört. Ob das Thema Klimawandel hier allerdings so präsent ist, darf bezweifelt werden. Allerdings könnte man es hineinlesen, wodurch das eindeutig für die Qualität des Films spricht.

Man könnte aber auch die Tiere hier vermenschlichen. Dann müsste man allerdings fragen, welche Menschen denn in Käfigen gehalten werden und ein Verlangen haben, sich zu emanzipieren, beziehungsweise frei sein möchten. Unweigerlich kommt einem dort sicherlich die Bürgerrechtsbewegung in den Sinn. Inwieweit die Filmemacher allerdings die Vögel als Allegorie auf dunkelhäutige, beziehungsweise schwarze Menschen sahen, kann man nicht sagen. Schließlich könnte man dort ja auch in Anbetracht der Situation im Film etwas entmenschlichendes hineinlesen. Insofern vielleicht etwas weit hergeholt. Wobei auch ganz klar gesagt werden muss, daß es keine Raubvögel sind, die hier angreifen. Ebenso wichtig ist zudem, daß die Angriffe ja quasi nur im Bereich Bodega Bay stattfinden und auch nur deshalb, weil Tippi Hedrens Figur Melanie Daniels dort erscheint. Spätestens ab dem Zeitpunkt wird es ziemlich kompliziert. Nun hat die Figur eine gewisse Vorgeschichte und ist als Tochter eines reichen Unternehmers in einen Skandal durch die Boulevardpresse verwickelt. Interessant ist ja, daß hier ähnlich wie in Psycho (1960) eine mehr oder weniger flüchtende Frau im Mittelpunkt steht. Diese hat sich einen gesellschaftlichen Patzer erlaubt. Doch während im Psycho die Schuld eigentlich auf der Frau lag, sind es hier eher Instanzen von Außen, die das Geschehen ins Rollen bringen. Vielleicht geht es daher auch so ein wenig um den Medienrummel und den Einfluss, den die Boulevardpresse auf sogenannte „Stars“ nimmt. Das wäre dann natürlich für Filmstarts durchaus ein gefundenes Fressen. Indessen sei auch hier erwähnt, daß es um gutbetuchte, recht sorgenlose Menschen geht.

Auch der Strahlemann Mitch Brenner ist nämlich jemand, der keine wirklichen Probleme aufzuweisen hat. Hin und wieder verweist er die Frau auf ihren Platz. Eben so, wie es in einem patriarchalen Zeitalter gang und gäbe ist. Tatsächlich bahnt sich da eine Romanze an, die aber auch immer wieder durch latent inzestuös wirkende Beziehungen von Mitch zu seiner Mutter unterbrochen werden. Die angreifenden Vögel symbolisieren demnach die Gefahr und den Ausdruck der Gewalt, der sich da in das Leben der recht ödipal anmutenden Beziehung zwischen Mitch und seiner Mutter Lydia brennt. So richtig hergeben will sie ihn nicht und ebenso tritt sie der neuen Gefahr von Außen, also der Frau sehr missmutig und feindselig gegenüber. Es geht also darum, die eigene Brut zu schützen. Der Ödipus-Komplex ist ja nichts, was zum ersten Mal in einem Hitchcock-Werk auftritt. Was allerdings ungewöhnlich ist, ist, daß die Vögel tatsächlich hier den Großteil der Geschichte völlig vereinnahmen. Wann immer es zu schwierigen Situationen, bedingt durch zwischenmenschliche Interaktionen kommen könnte, unterbrechen die Vögel das Geschehen. Insofern kommt der Gefahr von Außen eine mindestens genauso große Bedeutung zu, wie es den Menschen zukommt. Dabei stellt sich auch tatsächlich die Frage, wie wichtig eigentlich die Menschen in diesem Geschehen sind. So richtig Einfluss nehmen sie nicht und das was passiert, könnte auch vielleicht ohne sie passieren. Insofern könnte man meinen, daß sich Hitchcock auch so ein wenig gegen den Narzissmus der Menschheit richtet und ihn auch auf den Boden der Tatsachen zurückholen will.

Doch Hitchcock zeigt in Die Vögel nicht etwa einfache Menschen, sondern holt aus dem gewöhnlichen Landleben, daß voller vermeintlicher Banalitäten steckt, ganz und gar dreidimensionale Menschen heraus. Denn bedingt durch die Triebe, die die Figuren hier antreiben, durch die Ängste, die sie antreiben, durch die schwerwiegende Kommunikation untereinander und durch viele weitere Aspekte zementiert der Film die Schwierigkeit in ganz banalen Situation und den gesellschaftlichen Druck, den Menschen immer wieder durch die Wirkung nach außen ausgesetzt sind. Also unweigerlich. Interessant ist zudem, daß man das, was die Figur überhaupt in die Ortschaft treibt, wohl heute als Stalking bezeichnen würde. Aber das nur mal am Rande.

Hitchcock beweist mit Die Vögel, daß eine banale Prämisse völlig egal ist, wenn man einen Film, in ein Gemälde verwandelt. Dieser Film ist ein solches Gemälde, weil er den Zuschauer eigentlich mit ganz statisch wirkenden Bildern konfrontiert, die aber bedingt durch die Tragweite der Geschichte eine unglaubliche Schwere aufweisen. Dabei liegt der Fokus immer auf den Akteuren, während für das eigentliche, das existentielle gar keine Zeit bleibt. Man möchte eigentlich die Frage stellen und irgendwie eine Antwort darauf erhalten. Doch Hitchock lässt sich glücklicherweise nie ganz in die Karten schauen und hat somit eines der vielschichtigsten und interessantesten Werke der Filmgeschichte geschaffen.

Die Vögel Bewertung
Bewertung des Films
1010

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