Bewertung: 4 / 5
Jackie Chan ist eine lebende Legende, dem Mann ist es gelungen, sowohl in Asien als auch in Hollywood Fuss zu fassen und das Beste beider Welten zu einen. Er ist sowohl der legitime Erbe von Bruce Lee als auch von Buster Keaton und hat maßgeblich dazu beigetragen, dass das Honk Kong Kino auf der Weltbühne großer Erfolge hatte. Viele seiner Filme gelten heute noch als Meilensteine, die in ihrer professionellen Effizienz noch heute imitiert und gewürdigt werden. Jackie Chan ist auf der anderen Seite aber auch mittlerweile ein extrem systemtreuer Superstar, der nie anecken würde. Daher verwundert es denn auch nicht, dass er die Hauptrolle im vorliegenden Film dann auch aus "Termingründen" absagen musste (ursprünglich sollte der Mann im Vordergrund stehen, was man zumindest dem Anfang des Films noch ansieht, und die Frau nur Zulieferer sein). Aber seien wir mal ehrlich, können wir uns einen Jackie Chan in einem Film vorstellen, wo blutverschmierte Riesengummipenisse als Kampfwaffen und irgendwelche Bürogegenstände als Analsonden mißbraucht werden? Können wir uns Jackie Chan in einem Film vorstellen, wo er völlig okay ist und damit hausieren geht, dass seine Tochter eine Lesbe ist? Wohl kaum.
Alleine schon deswegen ist Michelle Yeoh die bessere Wahl für die Hauptrolle. Denn das ist eine Frau, die sich schon inden 1980ern durch die Fitnessräume Honk Kongs gegen jegliche machistoiden Vorurteile gekämpft hat, und sich eben als Nicht-Chinesin besonders hart durchsetzen musste in einer Kultur, die sehr oft nationalistisch mit fremdenfeindlich gleichsetzt, eben doch ihren Mann bzw. ihre Frau stehen konnte. Mit Würde, Ehrgeiz und Eleganz gelang es ihr eben auch, den von Bruce Lee, und später Jackie Chan vorgelegten Pfad in den Westen ebenfalls zu meistern, und eben im Gegensatz zu den beiden Erstgenannten (oder auch später folgenden wie Chow Yun Fat oder Gong Li) eben einen festen Platz im Hollywood-Pantheon zu ergattern. Seit über 20 Jahren ist sie sowohl hier als auch dort erfolgreich, und ihr nimmt man es eben nicht übel, über den Tellergang - auch ideologisch - zu schauen, eben weil sie nie richtig dazu gehört hat.
Trailer zu Everything Everywhere All at Once
Aber um es anders auszudrücken: Sie ist nicht außerhalb der Norm, sie ist über den Dingen! Und das ist nicht bloß eine Liebesbezeugung für eine Leinwandgöttin, sondern prinzipiell das Thema des vorliegenden Filmes.
Was im Prinzip als eine Multiversumsgeschichte vermarktet wird und deshalb das seltene Glück ist, dass ein Film der es verdient, im Rampenlicht steht (MCU sei ausnahmsweise mal Dank!), ist eigentlich im Kern eine sehr intime Nabelschau und Geschichte einer Frau, die gerade dabei ist, alles zu verlieren, und die lernen muss, wie man mit seinen Familienmitgliedern umgeht, wie man sich gegenseitig die Liebe ausspricht, dass Lieben auch gehen lassen und gleichzeitig niemals loslassen ist.
All das wird kongenial in einem irrwitzigen Panoptikum an allerlei Filmzitaten zusammengeschwurbelt, das weder vor Gonry, Kubrick, noch Kar-Wai halt macht. Und erst recht nicht vor Hollywoodblockbustern und existentialistischem Kunstkino. Und in jeder Szene wird Yeohs Leinwand-Alter-Ego zelebriert, und gelichzeitig so ziemlich jede mögliche Filmperle zitiert, parodiert, imitiert.
Das ist unglaublich herzlich, das ist nerdig, das ist schön.
Aber das ist auch experimentell und das findet sehr oft auch nicht das richtige Ende. Deshalb ist der Film dann auch ziemlich lang und auch langatmig, und er hat viele verschiedene Enden auf einmal. Und jedes einzelne wird bis zum Ende durchgespielt, aber dann geht es eben doch immer weiter, eben weil die beiden Regisseure mit dem bisherigen Ende nicht zufrieden sind, das machen sie so lange, bis sie und wir dann zufrieden sind. Ja, auch das ist eine Art Hollywoodblockbuster. Es wird nicht das intelligente, intellektuelle, bittere Ende angepeilt, auch wenn das auch möglich wäre, sondern komplett anders als zB Funny Games, eben doch das publikumswirksamste, weil herzerwärmendste Finale ausgewählt.
Und das ist auch gut so, denn nichts anderes möchte man, Eskapismus vom Feinsten.
Nur noch zwei sachen: das Prinzip von verschiedenen Realitätsebenen ist nicht erst seit dem MCU gegebn sondern gesitert schon seit Jahrzehnten sowohl durch Lieratur als auch Zelluloid, nur weil es eben modern ist und durch das MCU wieder in aller Munde ist, muss es jetzt nicht alles gleich damit verglichen werden.
A Propos Vergleich: Tatsächlich ist die Action am Anfang und Gestik sehr stark von Jackie Chan inspiriert, da merkt man die ursprüngliche Intention durchaus...
Der Film ist sehr schön, hat das herz am rechten Fleck, ist aber auch etwas zu spleenig und auch nicht wahrscheinlich für jeden was, eben kein typischer Blockbuster. Zu den ganz grßen Dingen fehlt ein kleines bißchen, ich persönlich wäre fast genigt hier 9 Punkte zu zücken, aber irgendwie ist er dann doch nicht ganz so groß wahrscheinlich, daher ganz starke 8 Punkte