
Bewertung: 3.5 / 5
Marvels The Avengers wurde 2012 zum dritterfolgreichsten Film aller Zeiten, direkt hinter Titanic und Avatar - Aufbruch nach Pandora. Ein Erfolg, mit dem wohl auch Marvel selbst kaum gerechnet hat. Dies dürfte bei der Fortsetzung Avengers 2 - Age of Ultron sicherlich anders sein, denn hier stehen seit Monaten alle Vorzeichnen auf einen überwältigenden Einschlag. In den letzten drei Jahren hat Marvel sein Cinematic Universe noch weiter geformt, noch mehr Fans gesammelt und nun gilt es, die Früchte zu ernten.
VIDEOKRITIK
Trailer zu Avengers 2 - Age of Ultron
Die Verwerfungen, die The Return of the First Avenger mit sich gebracht hat, sind für die Avengers spürbar. Ein Krieg zwischen ihnen und der Hydra-Organisation ist entbrannt und in einer entscheidenden Schlacht schaffen es die Avengers, die Basis von Baron von Strucker (Thomas Kretschmann) einzunehmen und Lokis Stab wieder zu erobern. Mit dessen Kraft will Tony Stark (Robert Downey Jr.) nun einen Weg finden, die Menschheit vor neuen Gefahren zu schützen. Zusammen mit Bruce Banner (Mark Ruffalo) erschaffen sie Ultron, eine künstliche Intelligenz. Doch Ultron entwickelt nicht nur ein Bewusstsein und einen eigenen Willen, sondern auch Hass auf die Avengers und die gesamte Menschheit. Zusammen mit den Zwillingen Scarlett Witch (Elizabeth Olsen) und Quicksilver (Aaron Taylor-Johnson) plant er, die Avengers auszulöschen...
Avengers 2 - Age of Ultron Kritik
Marvels Filme, die vor allem mit bunten Bildern bestechen, brachen bereits bei The Return of the First Avenger mit diesem Konzept und Avengers 2 - Age of Ultron setzt diesen Weg nun unbeirrbar fort. Deutlich düsterer und beklemmender als das bunte Superheldenfeuerwerk des Vorgängers inszeniert Regisseur Joss Whedon die Fortsetzung. Dabei setzt er mit Ultron einen klassischen Avengers-Gegenspieler aus den Comics ein, um gleichzeitig über den Film hinweg die Saat für Marvels Phase III und den großen Konflikt mit Thanos zu streuen. Egal ob Captain America 3 - Civil War, Thor 3 - Ragnarok oder eben Avengers - Infinity War - Part I und Avengers - Infinity War - Part II, mit Avengers 2 - Age of Ultron bekommen wir einen ersten Vorgeschmack auf das, was uns die nächsten Jahre erwartet. Das MCU ist im Umbruch begriffen, alte Helden gehen, neue Helden stoßen hinzu, die Avengers im Wandel.
Bezogen auf die Grundelemente bleibt in Avengers 2 - Age of Ultron dabei erst einmal alles gleich. Viel Action und eine ganze Reihe flotter Sprüche, die vor allem von Publikumsliebling Robert Downey Jr. als Iron Man getragen werden. Jeremy Renner bekommt als Hawkeye endlich etwas mehr Hintergrundgeschichte mit auf den Weg, zwischen Mark Ruffalos Banner und Scarlett Johansson als Black Widow darf es knistern. Nur Chris Evans als Captain America tritt etwas auf der Stelle und darf "nur" anführen, während Chris Hemsworth als Thor schon mal einen kleinen Ausblick auf seine baldige Götterdämmerung erhält. Frischen Wind bekommt die Superheldenliga durch Paul Bettanys Vision und die beiden Zwillinge. Mit diesen Neuzugängen driftet das MCU auch stärker in den Fantasybereich ab, was umso erstaunlicher ist, bedenkt man die Anfänge, die noch einen bodenständigen Realitätsbezug hatten. Dies wird inzwischen für abgedrehte Superhelden gänzlich aufgegeben und sorgt im Falle von Olsens Scarlett Witch für tolle Bilder, wobei Aaron Taylor-Johnson etwas blass zurückbleibt. Dieser ist gezwungen, einen deutlich ernsteren Quicksilver zu spielen, der nicht die Leichtigkeit eines Evan Peters aus X-Men - Zukunft ist Vergangenheit auf die Leinwand bringen kann.
Bei all den Helden ist es fast schon beeindruckend, wie es Joss Whedon schafft, nicht nur jedem genug Zeit einzuräumen, sondern auch noch Randfiguren wie War Machine, Falcon und andere unterzubringen. Beeindruckend. Weniger beeindruckend, dass trotz 142 Minuten Laufzeit bei so vielen Figuren irgendwo Abstriche gemacht werden müssen. Wie so oft passiert dies bei Marvel dann auf Schurkenseite und hier wird richtig bei Avengers 2 - Age of Ultron gepatzt. Hydra, erst in The Return of the First Avenger zurück ins Rampenlicht geholt und als neue Bedrohung aufgebaut, wird nur kurz thematisiert und dann unkompliziert beseitigt. Nichts weiter als ein Aufhänger für Ultron, der ohne große Exposition im Schnellverfahren als Superschurke aus dem Hut gezaubert wird und dabei auch nichts weiter ist als ein Zwischenschritt hin zu Thanos.
Dabei ist Ultron ein durchweg interessanter Gegenspieler als ein sich unendlich reproduzierender künstlicher Organismus. Daraus lässt sich doch was machen und das tut Whedon auch. Gerade der Schöpfungsakt Ultrons gehört mit zu den stärksten und beklemmendsten Szenen im gesamten Film, vielleicht sogar im gesamten MCU bisher. Die Entwicklung von Ultrons Bewusstsein und dessen Schwenk zum Bösen ist großartig gelungen. Schade nur, dass Ultron in einer Nacht- und Nebelaktion gezeugt wird und zuvor nicht einmal im MCU thematisiert wurde. Das großartige Potential dieser Figur als Gegenspieler wird nicht ansatzweise ausgeschöpft und das ist wirklich bedauerlich.
Wir fragen uns: Wie soll es der Zuschauer werten, dass Marvel Hydra erst groß rausbringt, nur um die Organisation dann mit einem Fingerwisch zu beseitigen? Wie soll man sich vor dem (unter uns: unsagbar dämlichen) Plan von Ultron fürchten, wenn wir bereits wissen, dass Thanos hinter der nächsten Ecke lauert und Ultron in all seiner Perfektion einfach zu blöde ist, auch nur einen Avenger ernsthaft zu verletzten? Wenn Schurken so austauschbar und Helden so aalglatt sind, dass sie den Übermenschen darstellen und selbst im Angesicht der Apokalypse noch einen coolen Einzeiler bringen können, was ist dann die wahre Bedrohung, die den Zuschauer mitreißen soll, wegen der eine ganze Superheldentruppe eigentlich zusammenkommt? Sterben ist verboten im MCU und wenn, dann darf es nur bedeutungslose Nebencharaktere treffen. Avengers 2 - Age of Ultron wirkt groß, weil der Film durchgeplant ist, durchgeplant bis in jeden kleinen Winkel, aber genau dadurch will bei all der Pracht der Funke einfach nicht überspringen.
Fazit
Zwei Herzen schlagen in unserer Brust. Die eine Stimme, die weiß, dass man diesen Achterbahnritt nur unbeschwert genießen kann, wenn man sich vom schönen Schein und den ganzen Explosionen einlullen lässt und die vielen Unzulänglichkeiten übersieht, die schnell in extreme Langatmigkeit münden. Die andere Stimme freut sich aber, dass Avengers 2 - Age of Ultron an vielen Stellen deutlich packender ist als sein Vorgänger. Mehr Superhelden, mehr Action und spektakuläre Szenen auf engstem Raum sind kaum möglich, hier kommen Marvel-Fans fast jede Filmminute auf ihre Kosten.
