Bewertung: 4 / 5
Wolf von Frankenstein, Sohn des berüchtigten Henry von Frankenstein, kehrt zum Sitz seiner Familie in das Dorf Frankenstein zurück. Dort ist er allerdings nicht gerne gesehen, denn die Geschichten um Frankensteins Monster sind den Dorfbewohner trotz der langen Zeit immer noch lebhaft im Gedächtnis. Als er die Aufzeichnungen seines Vaters entdeckt, ist sein Interesse geweckt. Da kommt Ygor gerade recht, der weiß, wo das Monster versteckt liegt. Ygor bringt Frankenstein dazu, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten und dem Monster wieder zu alter Stärke zu verhelfen. Aber Ygors Motive sind eigennützig, denn er hat eine Hinrichtung überlebt und will sich nun des Monsters bemächtigen, um sich an denen zu rächen, die ihn zum Tode verurteilt haben...
Irgendwann in den 1930ern entschied man sich bei Universal keine neuen Horrorfilme zu produzieren. Mit den erfolgreichen Neuaufführungen von „Dracula“ und „Frankenstein“ im Jahre 1938 stellte man aber fest, dass das Publikum immer noch Lust auf den Nervenkitzel, den die Monster versprachen, hatte. Deswegen entschied man sich, eine Fortsetzung zu „Frankenstein“ zu drehen, in der Bela Lugosi (wahrscheinlich der definitive Dracula) und Boris Karloff zusammen die Leinwand heimsuchen. Regisseur James Whale ließ sich nicht dazu überreden, die Geschichte des Monsters fortzusetzen und so engagierte man Rowland V. Lee, um den vakanten Posten zu besetzen. 1939 erblickte „Frankensteins Sohn“ dann das Licht der Welt. Er sollte der letzte Film mit Boris Karloff in der Rolle des Monsters werden.
Als wichtigster Zuwachs im wachsenden Frankensteinmythos, den „Frankensteins Sohn“ verbuchen kann, dürfte der von Bela Lugosi dargestellte Ygor anzusehen sein. In der Popkultur oft mit dem buckligen, von Dwight Frye gespielten Gehilfen Fritz aus dem ersten Teil zusammengeworfen, ist der Name „Ygor“ wahrscheinlich auf ewig mit Frankenstein verbunden. Lugosi spielt Ygor mit einer Boshaftigkeit und einer Verachtung für die Welt und ihre Bewohner, die Ihresgleichen sucht. Da man versucht hat, Ygor zu hängen und ihm dabei das Genick gebrochen hat, ist er eine verwachsene Gestalt. Gepaart mit seiner schnarrenden Stimme gibt er eine absurd-morbide Figur ab, die sehens- und hörenswert ist.
Karloff hingegen tut der Film keinen Gefallen. Durfte er im Vorgänger noch die gesamte Klaviatur der menschlichen Emotionen spielen, wird er in „Sohn“ bis zur Halbzeitmarke darauf reduziert, regungslos herumzuliegen. Und auch sobald das Monster wieder Angst und Schrecken verbreiten darf, bleibt es erschreckend eindimensional. Dabei hilft es natürlich nicht, dass „Sohn“ das Monster quasi zu Ygors Lakaien degradiert. Das ist nicht unbedingt schlecht, aber Karloffs Leistungen in den Vorgängern unwürdig.
Als Frankensteins Sohn spielt Basil Rathbone auf, der im gleichen Jahr als Sherlock Holmes in „Der Hund der Baskervilles“ an der Seite von Lionell Atwill, der hier den Inspektor Krogh gibt, seinen Durchbruch feiern sollte. Rathbone spielt Wolf überzeugend und das Drehbuch gibt im viel, mit dem er arbeiten kann. Wolf ist ein Mann, der zerrissen ist: einerseits will er den Fehler seines Vaters aus der Welt räumen und das Monster zerstören, andererseits will er gleichfalls die Ehre des Frankenstein-Namens wiederherstellen, indem er die bahnbrechende Arbeit seines Vaters fortsetzt. Clever entlarvt das Drehbuch dabei Wolf als weitere Kreatur seines Vaters, indem er Ygor andeuten lässt, dass er und das Monster eigentlich nichts anderes als Brüder sind.
Visuell setzt der Film auf reduzierte Sets, in denen sich Licht und Schatten meterweit ziehen. Das ist nett anzusehen, Lees meist statische Kamera kann sich aber mit Whales sich dauernd in Bewegung befindenden Bildern nur bedingt messen. Generell bietet „Sohn“ weniger Schauwerte als „Frankenstein“ und „Braut“, gerade die beeindruckenden Effekte der Homunculi im direkten Vorgänger finden hier kein Äquivalent. Dafür hat „Sohn“ jedoch den graphischsten Mord der Reihe, wenn das Monster einen Kutscher erwürgt und ihn danach vom Rad seiner eigenen Kutsche den Brustkorb eindrücken lässt.
„Frankensteins Sohn“ kann mit seinen großen Vorgängern nicht ganz mithalten, ist aber dennoch ein sehenswerter Beitrag der Reihe, der gerade durch seine thematische Dichte zu überzeugen weiß. Filmhistorisch darüber hinaus natürlich gerade interessant, weil er Mel Brooks als Vorbild für sein Meisterwerk „Frankenstein Junior“ diente.