Bewertung: 3.5 / 5
Ryan Reynolds spielt die Rolle gut, wenn man sich auch manchmal bei dem Gedanken ertappt, ob sein makelloses Äußeres nicht eher hinderlich ist. Seine Attraktivität verleiht ihm etwas Steriles, so dass man sich mitunter einen Schauspieler mit mehr Ecken und Kanten wünscht. Für die Rolle ist er zwar eine nahezu perfekte Besetzung - der smarte Kerl, der selbstredend auch im Superheldenanzug gut aussieht -, doch genau genommen ist er immer Ryan Reynolds. Ein kompletter Gegensatz, und fast der heimliche Star des Films, Peter Sarsgaard. Dieser spielt den weltfremden Wissenschaftler in Green Lantern mit einer unglaublichen Leichtigkeit, die man ihm fast nicht zugetraut hätte. Seine Mimik, sein schlurfiger Gang...alles deutet unverkennbar auf einen Mann hin, der von seiner Umwelt emotional enttäuscht wurde. Auch wenn er wahrlich kein Sympath ist, gerade in Szenen mit Hammond wird dem Zuschauer die Ungerechtigkeit dieser Welt vorgeführt, in der nur die Hübschen eine Chance erhalten. Physikwissen ist eben nicht annähernd so sexy wie ein adrettes Aussehen. Dennoch stört seine unglaublich fixe Entwicklung vom Normal-Wissenschaftler zum hasserfüllten, machtbesessenen Übermenschen. Klar, Daddy (Tim Robbins) war nicht immer nett und Traumfrau Carol unerreichbar, aber hier kann sich der Zuschauer tatsächlich etwas alleingelassen fühlen. Man reimt sich alles zusammen, dass es passt. Blake Lively spielt ebenfalls recht passabel, aber ein hübsches Aussehen allein reicht nicht, um auch als toughe Geschäftsfrau und Pilotin durchzugehen. Zumindest macht sie sowohl im Kampfanzug als auch im Bleistiftrock eine atemberaubende Figur, das dürfte für so manche(n) Berechtigung genug sein.
Positiv fallen in Green Lantern die witzigen Sprüche auf. Selten aufgesetzt überraschen sie den Zuschauer, der sich bei einer IMDb-Wertung von 6+ und den US-Einspielergebnissen (113 Mio. zurzeit) bestimmt nicht wegen des durchschlagenden Filmerfolgs ins Kino begibt. Gerade eine Szene zwischen Hal und Carol bleibt in Erinnerung, als sie seine Identität erkennt (frühzeitig - Pluspunkt!) und ihn auf diese lächerliche Maskerade anspricht. Andererseits fallen die übermäßigen Computereffekte auf, sei es bei Hal Jordans Körpersuit oder im Weltraum. Über den Anzug wurde im Vorfeld schon viel gespottet - wenn man sich aber vorstellt, dass dieser eigentlich nur aus purer Energie besteht, passt die Darstellung schon. Was jedoch definitiv des Guten zu viel ist und damit zu künstlich, zu aufgesetzt wirkt, ist der Planet Oa. Die Szenerie ist auf eine bestimmte Art und Weise beeindruckend, aber bei solch überbordenden Schauwerten sehnt man sich hin und wieder nach guter alter Handarbeit wie in Alien oder Enemy Mine. Das Wesen Parallax punktet dagegen wieder durch CGI, das äußerst bedrohlich wirkt. Auch wenn der Film sehr blutarm daherkommt - ein Wesen, das andere aussaugt und dabei ihrer Seele beraubt, könnte eventuell negativen Einfluss auf 12-jährige haben. Aber wenn die FSK meint, das passt schon, wird es wohl so sein.
Der Film ist nicht perfekt und die Kombination Martin Campbell und Ryan Reynolds hätte tatsächlich mehr punkten können. Ohne Frage, Green Lantern ist unglaublich künstlich und man kann sich wieder streiten, ob 3D ein Bonuspunkt ist, doch trotz missglückter PR-Aktion ist der Film für einen kurzweiligen Kinoabend geeignet. Er bietet nicht die schlechtesten zwei Stunden Unterhaltung, denn nach all diesen fragilen Superhelden, die mehr mit inneren Dämonen kämpfen, kommt Green Lantern mit seiner echten Bedrohung erstaunlich frisch daher. Wir vergeben 3,5 von 5 Hüten.
PS: Sitzen bleiben beim Abspann. Ob der Ausblick aber wirklich zu Green Lantern 2 führt, darf vorerst bezweifelt werden.
Trailer zu Green Lantern
(Kinogängerin: Diana V.)