
Bewertung: 4.5 / 5
Soundtracks sind das Herzstück eines jeden guten Films. Egal, ob Horror, Drama oder epischer Blockbuster – am Ende haucht die Musik den Figuren, mithilfe von markanten Melodien, Leben ein oder hebt die besonders epischen Momente, die wir im Kinosaal als magisch empfinden, heraus. Einer der ganz Großen in diesem Bereich ist der deutsche Filmkomponist Hans Zimmer, der mit unkonventionellen Synthesizer-Einwürfen und rockigen E-Gitarren-Klängen seinen ganz eigenen Sound kreiert hat. Im Rahmen seines neuen Konzertfilms Hans Zimmer & Friends - Diamond in the Desert präsentiert der gebürtige Frankfurter all seine erfolgreichen Scores und lädt in gut zweieinhalb Stunden auf eine Reise durch seine Karriere ein, die keine Wünsche offen lässt, oder?
Hans Zimmer & Friends – Diamond in the Desert Kritik
Bevor wir mit der eigentlichen Kritik loslegen, möchten wir darauf hinweisen, dass wir Hans Zimmer & Friends - Diamond in the Desert viel mehr in Form eines Konzertberichts anstatt einer herkömmlichen Filmkritik bewerten werden. Sonst übliche Schwerpunkte, wie etwa Handlung, Darstellerleistungen oder Pacing, fallen schließlich bei einem Konzertfilm weg, weshalb das Hauptaugenmerk natürlich auf der Musik und dem Gesamteindruck des filmischen Erlebnisses liegt.
Trailer zu Hans Zimmer & Friends - Diamond in the Desert
Der Film beginnt mit der Großaufnahme einer Wüste, woraufhin sich die Kamera langsam zwei Personen neben einer Trommel nähert und man zugleich den unverkennbaren Gesang der Sängerin Loire Cotler vom 2021 aus dem Oscar-prämierten Dune-Soundtracks hören kann. Als dann der Percussionist Steven Doar auf einmal auf die riesige Trommel schlägt, weiß jeder, dass das den Beginn einer musikalischen Reise markiert, die bereits mit ihrem cineastischen Einstieg zu beeindrucken weiß. Was folgt, ist eine leidenschaftliche Bühnenperformance, die Hans Zimmer gekonnt arrangiert und im Gegensatz zu üblichen Filmmusik-Konzerten auch selbst aktiv mitgestaltet. Egal ob am Klavier, der E-Gitarre oder als Motivator seiner Instrumentalisten, Zimmer stellt sich nicht in den Vordergrund, sondern agiert mit den Musikern viel mehr auf einer Ebene, was ihn für die Zuschauer äußerst nahbar macht. Kleine Interaktionen mit dem Publikum zwischen den Stücken, welches beispielsweise auf Zimmers Wunsch kurz das Smartphone herausholen soll, um Erinnerungen zu schaffen, verstärken diesen Eindruck selbstverständlich.
Die musikalische Bandbreite der Soundtracks ist schier grenzenlos. Von düsteren und melancholischen Klängen aus The Dark Knight hin zum emotionalen "Now We Are Free" aus Gladiator mit der fantastischen Gesangseinlage von Lisa Gerrad bis zur fröhlich-freibeuterischen Violinen-Melodie aus Fluch der Karibik wird einem noch einmal klar, dass man gerade einem musikalischen Genie bei der Arbeit lauscht. Auch der bereits angesprochene Zimmer-Sound fasziniert mit seiner Mischung aus Synthwave und E-Gitarren und spiegelt damit überraschenderweise immer die richtige Emotion des jeweiligen Films wieder. Die Instrumentalisten sind bei ihrer Darbietung sehr überzeugend und verdeutlichen mit Mimik und Gestik ihre Passion für die Musik. Vor allem die Performances der Cellistin Tina Guo, des Flötisten Pedro Eustache und die Soli von E-Gitarrist Guthrie Govan zeigen die musikalische Spitzen-Klasse des Ensembles auf. Letzterer ist Zimmers Ansicht nach sogar der weltbeste Gitarrist, was man ihm nach dem Soundtrack zu Man of Steel auch mehr als glaubt. Was manche Zuschauer eventuell "stören" könnte, sind die etwas weniger bekannten Stücke, wie zum Beispiel X-Men - Dark Phoenix oder Teile des Wonder Woman-Scores, da sie dem ein oder anderen womöglich etwas zu lang vorkommen. Generell muss man sich ein wenig länger gedulden, bis die ganz großen Soundtracks an der Reihe sind, was dazu führt, dass die Länge des Filmes an manchen Stellen deutlich zu spüren ist. Allerdings erwarten Disney-Fans gerade gegen Ende mit "The Circle of Live" aus Der König der Löwen, gesungen von Lebo Morake, ein herausstechendes Musical-Highlight.
Optisch sprechen auch die verschiedenen Locations an, denn obwohl wir einer Live-Aufzeichnung aus der Coca-Cola Arena in Dubai folgen, entführen uns manche Soundtracks auch an aufwendig gestaltete Sets, was die Musik natürlich ganz anders wirken lässt. Bei Gladiator finden wir Hans Zimmer und sein Ensemble etwa in einem antik-aussehenden Rastplatz mit ausgelegten Teppichen in der Wüste wieder, wohingegen der Soundtrack zu Interstellar unter einer riesigen Glaskuppel mit den verschiedensten Projektionen angestimmt wird. So hat auch der etwas ruhigere Abschluss des Konzertfilms in Form des Klavier-Synthie-Stücks "Time" aus Inception hoch oben auf dem Fluglandeplatz des Burj Al Arab noch einmal eine ganz andere Wirkung und bietet ein rundes Ende zum musikalischen Filmerlebnis.
Zwischen den Soundtracks gibt es, wie der Trailer und das Poster bereits verraten haben, immer wieder kleine Gespräche mit Hans Zimmer und seinen langjährigen Freunden und Arbeitskollegen, die eine kleine Abwechslung zur Musik darstellen. So hat der Komponist unter anderem die Regisseure Christopher Nolan und Denis Villeneuve, Sängerin Billie Eilish oder Schauspieler Timothée Chalamet zu Gast und plaudert über Musik, Filme und seine eigenen Unsicherheiten bei bestimmten damaligen Entscheidungen. Die Gespräche zeigen ein weiteres Mal, wie sympathisch und auf dem Boden geblieben der zweifache Oscar- und fünffache Grammy-Preisträger trotz seiner Weltkarriere eigentlich noch immer ist.
Fazit
Hans Zimmer & Friends - Diamond in the Desert ist eine beeindruckende Dokumentation der Bandbreite der Karriere eines Filmkomponisten, die nicht nur die musikalische Brillianz, sondern auch dessen Charakter zur Schau stellt. Neben einer fantastischen Darbietung, Weltklasse-Musikern und passend hergerichteten Locations kann man sich auf gut zweieinhalb Stunden voller einprägsamer Soundtracks freuen und sich nach dem Kinogang an den Film erinnern, als hätte man selbst im Publikum gesessen. Einziger Kritikpunkt ist das verhältnismäßig lange Warten auf die Soundtracks zu Gladiator oder Interstellar, wodurch sich die Lauflänge an manchen Stellen bemerkbar macht.
Die hineingeschnittenen Interviews bekräftigen Zimmer als Sympathieträger und stellen heraus, was der deutsche Komponist in Hollywood bisher erreichen konnte. Der Schluss zum Film wirkt rund und man hat noch lange die verschiedenen Themes im Kopf. Dazu verspürt man die Lust, Hans Zimmer und seinen Instrumentalisten auf seiner Tour ebenfalls mal einen Besuch abzustatten. Am Ende des Tages lässt sich sagen, dass sich das Kinoticket für Hans Zimmer & Friends - Diamond in the Desert mehr als gelohnt hat, auch wenn der Konzertfilm, aufgrund des limitierten Releases, nur sehr kurz über die Kinoleinwand laufen durfte.
