Bewertung: 4 / 5
Robert Neville (Will Smith) ist der letzte lebende Mensch. Die Menschheit wurde durch eine seltsame Krankheit ausgelöscht. Neville lebt im verlassenen New York und wird nur noch von seinem Hund Sam begleitet. Tagsüber streift Neville durch die Stadt, geht jagen und hofft drauf, noch Überlebende zu erreichen.
Geboren in einer Unoriginalität bedient I Am Legend natürlich etwaige Kinderkrankheiten, die eben ein Film über Zombies, die Post-Apokalypse und die Hoffnung auf Rettung hat. Doch das sind gar nicht die Probleme, die diesem Film schaden sollen. Das, was viel eher die Hand an den Kopf greifen lässt, ist die Tatsache, daß der Film gealtert ist. So eine Kritik klingt natürlich schon etwas uninspiriert, doch wenn man mit dem Aufkeimen des CGI in den späten 1990er und 2000er Jahren das Kino retrospektiv betrachtet, dann wirken gerade aufwändige Blockbuster häufig relativ hässlich. Der Grund dafür ist einfach die Technik. Beispiele für gut gealterte CGI-Effekte gibt es natürlich auch und dieser Film hat auch keine desaströsen Effekte zu bieten. Und dennoch merkt man dem Film einfach an, daß diese Untoten oder Zombies oder wie auch immer sie eben heißen, nicht wirklich real sind. Viel zu hölzern wirken ihre Bewegungen mit den Extremitäten oder im Gesicht. Das mag vielleicht als bloße Unterhaltung für kurze Zeit reichen, ist aber über einen längeren Zeitraum etwas ermüdend. Und ebenso ermüdend ist dann zu Teilen auch die Geschichte. So verliert sich der Film ziemlich genau nach der ersten Hälfte so ein wenig im Nichts. Erklärungen und das Eintauchen in die Welt werden unterbrochen, um den ohnehin nicht sehr vielversprechenden Plot in Gang zu bringen. Und das ist schade, weil der Film bis dahin ein sehr gutes Pacing zu sich hatte.
Trailer zu I Am Legend
Während Harrison Ford in Ruf der Wildnis (2020) lieber einen Mann mit einem Green-Suit, der einen Hund per CGI darstellen sollte, streichelte, ist Will Smith hier die ganze Zeit mit einem echten Vierbeiner unterwegs. Und tatsächlich hätte man erwarten können, daß gerade die Beziehung zwischen Mensch und Hund im Vergleich zur erwartbaren Action in einem Blockbuster abstinken würde. Doch das tut sie nicht und ist mit Abstand der definitiv spannendere Part. Zu sehen, wie Mensch und Tier hier eine Symbiose bilden und eine Beziehung auf Augenhöhe und mit Respekt führen, ist wirklich rührend. Zumal Will Smith hier schauspielerisch auch mehr fesseln kann als Tom Hanks in Cast Away – Verschollen (2000). Hin und wieder reizt das Drehbuch und vor allem die Regie von Francis Lawrence dann den langsamen psychischen Verfall von Hauptfigur Robert Neville aus, doch ist dabei immer auf einer sehr unterhaltsamen, latent komödiantischen Ebene. Vielleicht ist das dem Umstand geschuldet, daß Smith hier tatsächlich seine Stärken als Schauspieler ausspielen kann, oder es ist wirklich so gut im Drehbuch geschrieben. Genau verifizieren kann man das an der Stelle leider nicht. Doch das ist auch völlig egal. Und die Tatsache, daß Neville hier dermaßen mit dem Hund mitfühlt, ist dann an der Stelle auch nicht weit hergeholt. Schließlich scheint das Tier das einzig noch existierende Lebewesen aus vergangenen Zeiten zu sein.
Man spürt aber nicht nur in der Beziehung der beiden eine Dynamik, auch wie die Welt etabliert wird, wie die Figur ihren Alltag fristet und immer wieder hofft, von irgendwelchen Menschen gefunden zu werden und daher so routiniert vorgeht, ist absolut logisch und würde auch in einer potenziellen Apokalypse wohl am ehesten so ablaufen. Dazu gesellen sich etwaige Rückblenden, die auch das Forschertalent der Figur erklären. Dabei würde man in vielen herkömmlichen Hollywoodfilmen erläutern, daß die Figur dieses oder jenes Wunder nun vollbringen kann, weil sie es eben kann. Doch I Am Legend begründet das Talent seiner Figur und lässt den Zuschauer dann durch etwaige Traumata dann auch die Beziehung zu dem Hund noch etwas besser verstehen. Die Rückblenden fungieren hier also nicht als bloße Mittel zum Zweck, sondern sind absolut notwendig, um viele der Handlungsweisen der Figur zu verstehen. Gleichsam reißen sie auch gekonnt aus eher unspannenderen Szenen heraus.
Wenn man ein bisschen über das Werk philosophiert, dann kann man darin eigentlich eine ganz interessante These finden. Nämlich, daß des Menschen Drang nach Heilung ihn letztlich in den Untergang führt. Das ist nun tatsächlich ein sehr schmaler Grat, auf dem sich I Am Legend bewegt. Denn wenn man weitläufig in die Natur eingreift, dann spricht man eigentlich von Selbstoptimierung und eben Transhumanismus. Das wird hier dann durch die von Emma Thompson verkörperte Dr. Alice Krippin ausgedrückt. Wenn man aber anderen Thesen geht, dann wäre ein Eingriff in die Natur grundsätzlich falsch, weil man damit Gott spiele. Insofern bereitet der Film hier eine Komplexität auf, indem er den Menschen natürlich als strebsames Wesen mit guten Absichten tituliert, der aber gleichsam durch sein Wirken eben dafür sorgt, daß die Menschheit ausstirbt. Nun muss man natürlich sagen, daß der dem Werk zugrundeliegende Werk aus dem Jahr 1954 stammt und damit aus einer Zeit, in der dystopische Post-Apokalypsen ihren Aufstieg feierten. Da mag die Komplexität der modernen Welt etwas abhandenkommen, auf der anderen Seite fügt sich das Werk gerade auch im Hinblick auf sein sehr mutiges Ende in eine Reihe von Science-Fiction-Werken à la Planet der Affen (1968).
Spannend ist zudem, daß Sexualität vor dem Hintergrund des Weltuntergangs keinerlei Rolle mehr spielt. Nun könnte man dem Film natürlich auch Progressivität in Vermeidung von Konservatismus zugutehalten, doch spätestens, wenn Robert Neville auf Anna und Ethan trifft und man das Gefühl vermittelt bekommt, man könne jeden Moment den Tod der Hauptcharaktere sehen, dann würden viele Filme vermutlich doch eher in eine eher schlecht geratene Romanze abdriften. Nun sind viele Horrorfilme natürlich auch eher konservativ in ihrer Auslegung von Sexualität. Doch auf der anderen Seite ist der Film dann wiederum sehr spannend, wenn er auf das Ende zusteuert, weil er dahingehend sehr konsequent ist. Das hat dann nichts mit Fairness zu tun, aber mit der Vollendung einer Heldenreise. Klar bietet das Genre als solches natürlich auch endlose Möglichkeiten, daß weiterzuspinnen und dennoch gefällt der Film in seinem Finale auch, weil die Action dahingehend relativ gut gemacht ist. Das trifft außerdem auf den gesamten Film zu, der sehr rasant und mit wirklich tollen Gefechten auskommt.
Unsterblich wird I Am Legend sicherlich nicht sein. Dazu wurde die Geschichte schon zu oft erzählt und ist auch eben relativ vorhersehbar. Auch auf den ein oder anderen Effekt kann man ganz gut verzichten. Doch wenn man das verschmerzen kann, dann bekommt man vor allem eine grandiose erste Hälfte, ein mutiges Finale und einen Hauch Kritik am Transhumanismus serviert, was alles auch von Hauptdarsteller Will Smith großartig getragen wird.
