Bewertung: 4 / 5
Inside Man ist mehr als nur ein Heist Film, und das muss man erstmal würdigen lernen. Als Heist Film per se ist er irgendwie mit Goodwill Durchschnitt, vielleicht ein bißchen mehr, je nach persönlicher Vorliebe. Aber wenn man dann den Vorhang ein bißchen zurück zieht, dann brodelt es ganz gewaltig hinter den Kulissen, und das Ding wird zu einem richtigen Monster von Film. Und das Dank der filligranen und sehr subtilen Regie eines Spike Lee, der schon oft zeigte, dass wenn er gerade Mal Lust dazu hat, er einen absoluten Hochkaräter drehen kann. Ähnlich wie bei seinem Werk Inside Man muss man auch Spike Lee erstmal schätzen lernen.
Was im Prinzip wie ein klassisches Heist-Movie daher kommt mit Clive Owen als alles planender Krimineller vs Denzel Washington als typischer schrulliger Ermittler auf der gegenseite, entpuppt sich im Nachgang nämlich als so viel mehr, was man halt dann mal eben als Kritik am System selbst, als Metapher für den Zustand der Gesellschaft, den vorherrschenden Machtverhältnissen, wie es überhaupt soweit kommen konnte, inklusive 2001er Post-Trauma und Vorgriff auf die Weltwirtschaftskrise seit (angeblich) 2008 (aber eigtl. schon weitaus früher angefangen), Hinzu kommt wie bei Lee üblich auch das Thema Rassismus kein bißchen zu kurz. Kurz, der Film ist so wie die heimliche Hauptfigur New York ein absoluter Melting Pot, alles kulminiert dann letztlich in der komplett überhöhten Figur, die Washiungton herrlich überzogen spielt, irgendwo zwischen rassistischer Karikatur eines Schwarzen, einem schwarzen Gregory Peck in Wer die Nachtigall stört, und einer herrlich aus der Zeit gefallenen Leck-Mich-Am-Arsch Attitude, die ganz klar zeigt, dass die Art wie diese Figur aufgezogen ist, inkl. lächerlich wichtigem Hut, eine Bedienung und Unterlaufung jeglicher gängiger Klischees ist. Doch das muss man erstmal wahrnehmen.
Auch muss man erstmal wahrnehmen, dass der Film mit der Geiselsituation eine durchaus damals zeitgemäße Annäherung an Guantamo und wie ide ganzen Einrichtungen damals hiessen vollführt. Genauso wie dass Plummers Figur eigtl. - nicht unähnlich dem Vater der Kennedys - einer der Urväter der Bushs ist, das muss man erstmal alles verstehen und verdauen.
Aber auch fernab dieser Elemente nimmt sich dieser sog. Heist-Thriller die Zeit einem den Unterschied zwischen einem Sikh und einem Moslem näher zu bringen. All das nicht unbedingt Elemente, die ein unschuldiger Heist-Film schultern würde.
Subversiv unterläuft Lee immer wieder gefühlt mit einem schelmischen Grinsen unsere Erwartungshaltungen, spielt inszenatorisch seine Klasse aus und läuft fast zu Scorsesescher Hochform auf, platziert aber dabei eben "seine" Themen gekonnt wie kaum ein anderer.
Als ich Inside Man damals im Kino sah, war ich ehrlich gesagt wenig geflasht von dem Film per se, da er wie gesagt oberflächlich eine Geschichte erzählte, die so schonmal als Heistfilm deutlich häufiger und besser inszeniert wurde. Dass hier dabei solche Hochkaräter mitspielen und der Film oberflächlich eben so ein bißchen dümpelt, machte die ganze Schose nicht unbedingt besser.
Aber bei zugegegeben unfreiwiliiger Zweitsichtung - und möglicherweise diesmal auch weniger Bier im Voraus konsumiert, wer weiß das schon so genau - lichtetet sich der nebel und man konnte schon erahnen wohin die Reise geht.
Sicher ist, dass Inside Man in Lees Vita eben nicht die Dringlich- oder Wichtigkeit seiner anderen wirklich herausragenden und wichtigen Werke zukommt, aber das leigt eben auch daran, dass der Film selbst eine Art Heist ist und nur durch das Heist Motiv seine eigentlichen Motive sehr gut verschleiert.Insofern durchaus ein schelmisches Äquivalent zu einem Eulenspiegel. Ganz groß irgendwie.
(Und eigentlich ist es wirklich eine Schande dass Owen niemals zu einem Bond wurde.)
8 Punkte