Bewertung: 3.5 / 5
James Bond (Daniel Craig) lebt ein unbeschwertes Leben im süditalienischen Matera. Zusammen mit seiner großen Liebe Madeleine Swann (Léa Seydoux) genießt er seinen Ruhestand. Nach einem Anschlag auf ihn schickt er Madleine fort, da er ihr nicht mehr trauenen kann. Jahre später bittet Bonds alter Freund Felix Leiter (Jeffrey Wright) ihn um Hilfe. Er soll den entführten Wissenschaftler Valdo Obruchev (David Dencik) retten. Die Mission ist alles andere als leicht und bald erfährt Bond, daß der mysteriöse Safin (Rami Malek), der auch mit Madeleine eine Vergangenheit hat, seine Fäden in der Hand hält. Glücklicherweise bekommt er Unterstützung durch die neue 007 Nomi (Lashana Lynch) und die CIA-Agentin Paloma (Ana de Armas).
Die Ära Craig nimmt mit seinem fünften Leinwandabenteuer als Doppel Null-Agent nun nach mehr als fünfzehn Jahren ihr Ende. Wo es noch zu Beginn dieser Zeit hieß Craig sei weder sportlich genug, noch hätte er den Charme eines Sean Connery, heißt es nun mit gemischten Gefühlen Abschiednehmen. Der blonde Bond findet nach Casino Royale, Ein Quantum Trost, Skyfall und Spectre nun sein Ende in Keine Zeit zu sterben. Ein ziemlich klassischer Bond-Titel der den Zuschauer gleich nach dem Einsetzen des Titelsongs von Billie Eilish in eine große Melancholie verfallen lässt. Das Hauptthema des neuen Bond wird damit überdeutlich: Liebe. Alles was Bond nun tut, tut er ausschließlich aus Liebe. Eine gewagte These für den sonst so misogynen Helden. Gleich zu Beginn fragt sich der eingefleischte Bond-Fan was hier eigentlich gerade passiert. Ein Liebesfilm also ist Keine Zeit zu sterben. Nun wäre es nicht das erste Mal, daß sich Bond final binden möchte und Craigs Bond hat mit der Figur Vesper Lynd schon einmal "die Eine" eingeführt. Doch Seydoux ist nicht Eva Green und Swann ist nicht Vesper Lynd und so bleibt die romantische Endgültigkeit Bonds bloße Behauptung. Wenngleich Craig und Seydoux das gut spielen, so ist es doch der Fluch der längsten Filmreihe der Filmgeschichte ihre Glaubwürdigkeit in dieser Hinsicht auf jeden Fall zu verlieren.
Trailer zu James Bond - Keine Zeit zu sterben
Ohnehin wird dieser Film in Bond-Fankreisen endweder für Herzinfarkte, oder für Luftsprünge sorgen. Denn eines kann man wahrlich nicht abstreiten: Keine Zeit zu sterben ist vermutlich einer der gewagtesten Bonds überhaupt. Es scheint die Götterdämmerung des Bond-Franchises zu sein, und genau dieser Umstand macht den Film auch so faszinierend. Denn selbst wenn das Drehbuch Marveleske Ebenen in Sachen Humor annimmt, so ist dieser Film mehr noch die Verheißung einer finalen Konfrontation. Niemand ist in den Fängen des von Rami Malek verkörperten Lyutsifer Safin sicher. Was in dem einen Moment zwar mutig und gewagt ist, ist im anderen aber auch ein Problem. So stellt sich der Zuschauer auch im Hinblick auf den viel zu kurz gekommenen Safin die Frage, warum er diese eine Bedrohung sein soll. Er ist weder so Ausdrucksstark wie Le Chiffre, noch hat er irgendeine Art persönlicher Agenda mit Bond wie Blofeld oder Raoul Silva. Zwar möchte man Malek den sinisteren Schurken gerne abnehmen, allerdings belaufen sich sowohl Screen-Time als auch das Drehbuch auf marginale Verbindungen zu unserem Protagonisten.
Dennoch schafft es dieser Bond abermals mit den altbekannten Stärken der Craig-Ära zu punkten. Zum einen bietet der Film gefühlt jede Jahreszeit an Schauwertern auf unserem Globus. Ob kalte Schneelandschaft, oder tropische Südessee. Der Film macht keinen Hehl darum uns Dinge zu bieten, die in dieser Konsequenz und Härte nur von einem Bondfilm kommen können. Dabei sind auch die Actionsequenzen in diesen Momenten wieder Fabelhaft. Vieles deutete zudem ja auch schon das Marketing um den Film an und so wird in Keine Zeit zu sterben erneut nicht an Geld gespart. Ob in dunklen Kammern, oder auf offenem Feld, dieser Bond weiß erneut zu erstaunen, wenn es darum geht den Zuschauer bei Laune zu halten.
Etwas zu kurz hingegen kommen die neuen Figuren. So wurden Lashana Lynch und besonders Ana de Armas im Vorfeld um den Film als neue wichtige Figuren und/oder Bondgirls etabliert. Nun, zumindest bei Lynch lässt sich dieser Umstand nicht gänzlich leugnen, und so bekommt sie als neues Aushängeschild des MI-6 auch ordentlich was zu tun. Dabei wirkt ihre Figur nicht zimperlich und Bond in jedem Moment ebenbürtig. de Armas Figur hingegen hätte man sich vermutlich für den gesamten Film sparen können. Zwar verhaut sie mal den ein oder anderen Schurken in einem Kleid, doch viel mehr bleibt von ihrem Episodenhaften erscheinen am Ende nicht. Weder muss Bond sie verführen, noch hätte sie eine größere Bedeutung für die Handlung. Und da wäre es wieder, daß zentrale Problem dieses Films: Bond ist sesshaft geworden. Diese Tatsache ist auch im Kreise Bonds keine einfache Sache. Denn zum einen muss man den Film hier irgendwie loben, daß er neue Wege geht und damit dem Konservatismus des Bond entgegenwirkt, zum anderen ist ein sesshafter Bond auch ein konservativer Bond und insofern stellt der Film seine Zuschauer damit auch vor ein schizophrenes Problem.
Dennoch wird dieses eben durch die unglaublichen Schauwerte, aber auch die gewagten Neuerungen der Reihe aufgefangen. Einen kleinen Wink in Richtung kalter Krieg kann der Film zwar nicht ganz vermeiden, wird aber auch durch den tollen Supporting-Cast wieder wettgemacht. Und wenngleich der Humor hier ganz stark in eine Marvel-Schiene abdriften könnte, so zeigt Craig auch hier erstaunliches Gespür für Timing, wie er es bereits in Knives Out unter beweis stellte. Zwar sitzt nicht alles immer zu hundert Prozent, aber locker doch das Meiste.
Ja, wahrlich dieser Film lässt seinem Zuschauer keine Zeit zu sterben. Der neue und letzte Bond mit Craig, erweist sich als mutiger und wohl mit gewagtester Bond der gesamten Reihe. Neue Wege werden bestritten, wobei nicht jeder immer so hätte gelaufen werden müssen. Dennoch stimmt die Verpackung und liefert die ach so geliebten Schauwerte eines Bonds, mit einem vielleicht zu kurz gekommenem Schurken, aber mit toller Action, Musik und fast allem, was einen großen Bond ausmacht.