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Jung & Schön

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Jung & Schön Kritik

Jung & Schön Kritik

Jung & Schön Kritik
0 Kommentare - 10.07.2022 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Jung & Schön" ist.

Bewertung: 3.5 / 5

Auf einem Sommerurlaub schläft die noch minderjährige Isabelle (Marine Vacth) zum ersten Mal mit einem Jungen. In der Hoffnung, ein großes Erlebnis zu haben, lässt sie der Geschlechtsakt völlig kalt. Doch daraufhin entdeckt sie, daß sie mit ihrem Körper Geld verdienen kann und so lässt sie sich von Männern für Sex bezahlen. Während Isabelle immer mehr Geld bekommt, weiß niemand aus ihrem näheren Umkreis um ihr Geheimnis. Bis plötzlich ein tragischer Zwischenfall dafür sorgt, daß ihre Mutter Sylvie (Géraldine Pailhas) doch davon erfährt.

Für François Ozon ist die weibliche Perspektive ein extrem wichtiger Bestandteil der eigenen Philosophie, ausgedrückt in Filmen. Das kann gerne laut, exzentrisch und frech sein, wie in 8 Frauen (2002) oder es kann konfus, ruhig und schmerzlich wie in Jung & Schön sein. Die Ruhe liegt hier vor allem an der gradlinigen und zurückhaltenden Erzählung, die diesen Film ausmachen. Dabei führt diese Distanz zu wirklich emotional aufwühlenden Situationen aber auch zu einem Problem. Denn dadurch, daß Jung & Schön so zurückhaltend auf Dinge blickt, die vermutlich ein Großteil der Menschen schockierend würden, leidet der Film aber auch unter einer Hauptfigur, dessen Präsenz den Zuschauer nie so ganz in den Bann zieht. Es geht dann alles recht schnell. Nach einem Trip nach Deutschland lernt diese Figur den einheimischen Felix kennen. Schnell knistert es und dann ist da eine Faszination geweckt. Allein hier schon wird das Werk aber auch schon recht unglaubwürdig. Nähme man mal die Komponente heraus, daß eine heranwachsende Frau, auf einem Urlaub in einem fremden Land, mit einem ebenso fremden Menschen ihr erstes Mal hat, dann bleibt immer noch die Frage im Raum, warum denn die gemeinsame Nacht, die ja doch relativ unterwältigend empfunden wurde, dazu anregt, sich mehr und mehr der Obsession des Geschlechtsaktes hinzugeben. Man lässt im Kino ja zugunsten des eigenen, unversehrten Erfahrens viel durchgehen, aber das wirkt nun mal mehr als nur unglaubwürdig.

Trailer zu Jung & Schön

Das soll den Menschen provozieren, weil es natürlich ein Tabuthema ist. Doch auch da kommt Ozon mit seinem Werk wirklich einige Jahre zu spät. Natürlich gibt es nichts, was es nicht bereits gibt und daher kann man dem Film auch keinen Vorwurf machen, daß er Dinge aufzeigt, die man schon kennt. Zumindest, wenn man sie denn kennt. Wenn man aber spontan über Filme mit sexueller Freizügigkeit und der Möglichkeit auf eine soziale Debatte hinausführen zu können, spricht, dann würden einem spontan die Werke von Paul Verhoeven einfallen, aber auch Nymphomaniac (2013), oder das Exploitationkino im Allgemeinen. Auch Luc Besson spielte bereits 1994 in Léon – Der Profi, mit diesem Thema. Dabei lachen Lars von Trier und Verhoeven vermutlich über diesen Film, weil auch dahingehend lange nicht so explizit und ausführlich ist, wie die genannten Vertreter. Natürlich brauch man auch keine exzessiven Bilder, um etwas auszusagen. Doch Ozon legt einen nicht minderen Stellenwert eben auf diese Bilder, weil der sinnliche Akt hier mehr und mehr Zeit einnimmt, welche man ebenso auch mit Konflikten aufbringen könnte, die dann gegen Ende stark gezogen wirken. Die Inszenierung wirkt ohnehin relativ starr und analytisch, was natürlich zum einen ein Segen sein kann, wenn man eben ein Problem deutlich machen und dem Zuschauer keine Möglichkeit lassen will sich in den Situationen nun wohlzufühlen. Auf der anderen Seite wird es dann aber zum Problem, wenn die Nahbarkeit oder das Interesse an den Figuren auf der Strecke bleibt.

Nun würden Systemiker und Familienforscher vermutlich in so einer Situation immer direkt das Umfeld des Individuums betrachten, um so die Psychologie dessen zu verstehen. Woher kommt dieser Trieb? Das wäre so eine Frage. Eine Frage, derer sich Ozon aber bewusst entziehen will, weil es nicht wichtig scheint. Gleichsam kann man dem Film dann aber auch eine gewisse Feigheit unterstellen, weil er sich nicht auf eine Aussage festlegen lassen will. Und normalerweise wäre das auch feige, wenn dies nicht der reinen Interpretation unterläge und die Wahrheit dessen nicht irgendwo in der Mitte läge. Damit will Ozon weder die Familie als Konstrukt, noch die Prostitution als Geschäftsmodell verteufeln. Damit täte man auch niemandem einen Gefallen. Schließlich sind es hier zwei Pole, die miteinander koexistieren und salopp gesagt, auch nie ohneeinander könnten. Gesellschaftlich ist dieser Film meines Erachtens zwar nicht wirklich analytisch, doch es ist klar, wenn die Familie kein Kind in die Welt setzt, kann es auch keine Sexarbeiter geben. Und wenn es kein Geschäft gibt, kann auch kein Staat existieren. Insofern ist es ein Geben und Nehmen, wenngleich das natürlich sehr provokant anmutet. Doch gerade, weil der Film zu beidem keine wirkliche Position bezieht, ist er so schwer in eine einfache Ideologie zu packen.

Dabei kann der Film natürlich einige Menschen provozieren. Denn mit dem Entdecken der Sexualität kommt auch die Freiheit derer ganz klar in den Film. Das ist nicht immer so und umso erfreulicher ist es, daß es hier so ist. Dann wiederum steckt die Figur natürlich mitten in der Adoleszenz, in welcher sie gegen alles schießt, was man in klischierten Familienmodellen eben als feindlich betrachtet. Dabei entspricht die Figur aber ganz klar auch modernen Ansichten, weil sie eben durch die pure Lust und das Verständnis dessen, daß ihr Körper natürlich auch ein gewisses Kapital birgt, einfach ein Geschäft aus diesem machen kann. Ob das nun den Menschen entwertet, ist ja so eine Frage. Sicherlich wird dabei aber auch die philosophische Auslegung der Bedeutung von Emanzipation eine Rolle spielen. Schließlich ist das Ausschlachten des eigenen, wohl gemerkt, stinknormalen Lebens, etwas, was in Zeiten von Influencern und dergleichen einfach immer gängiger erscheint. Gerade diese gaukeln ja eine Freiheit und Nahbarkeit zugleich vor, die in beiden Fällen aber nicht gegeben ist, weil ohne die Darstellung kein Kapital. Und wäre diese Nahbarkeit, die in Form von Gleichheit und Ähnlichkeit zum Publikum oder zahlendem Gegenüber ausgedrückt wird, gegeben, dann wären diese Menschen tatsächlich auch in der gleichen Position. Um dann auf Jung & Schön zurückzukommen, ist hier vor allem so, daß in der Figur gar nicht Notwendigkeit besteht, ein solches Kapital erringen zu müssen, weil sie eigentlich aus gut betagten Umständen stammt. Dann wäre natürlich die Langeweile eine Idee, die im Zuge von New Hollywood den Kapitalismus gerne erklärte und dort häufig auch Teil der Heldenreise wurde. Ob Sex allerdings das Resultat von Langeweile ist, weiß man auch nicht so genau.

Ganz klar ist Sex hier aber auch eine Form von Macht. Das junge unschuldige Mädchen verfügt nach und nach mehr über diese Männer, am ehesten aber noch über das eigene Leben. Schließlich kann es bis zu einem gewissen Grad die Außenwirkung der Lüge strafen und auch bestimmen, welchen Wert so nun wortwörtlich hat. In der Sache der Adoleszenz sind es natürlich die stereotypen Konflikte, die hier ausgetragen werden. „Wer bist du?“, „Wo warst du?“, „Was tust du?“ wären so Phrasen, die sich in den Film schleichen. Dabei zeigt der Film natürlich auf, daß Menschen nicht immer nur das Produkt ihrer Eltern sind und dabei auch in eine ganz andere Richtung geraten können. Dieser Ansatz ist eigentlich mit am spannendsten, wird aber vom Film relativ klischiert gezeichnet. Denn es ist schon interessant, weil man eben nicht seine Erzeuger sein muss, um leben zu können. Und dann lässt Ozon den Zuschauer auch hin und wieder mit einigen Fragezeichen zurück, die er mit dem Streuen kleinerer Informationen nach und nach aufdeckt. So wirkt das Verhalten der männlichen Familienmitglieder im Film etwas seltsam. Es geht dabei um voyeuristisches Verlangen, welches dann ausgelebt, und bewusst auch ausgekostet wird.

Manchmal zäh und klischiert, bereitet Jung & Schön die voyeuristische Freude eines guten Films, der hin und wieder etwas mehr wagen könnte. Da traut man sich zu, nicht wirklich Dinge zu werten und versteht den Geschlechtsakt als ausgearbeitetes Geschäft, was hier und da dann auch zu Extremen führt, die überlegt und verständnisvoll in eine Welt blicken, die wie keine andere von außen moralisiert wird.

Jung & Schön Bewertung
Bewertung des Films
710

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