Bewertung: 2.5 / 5
Leider komme ich nicht um massive Spoiler, um meine subjektive Wahrnehmung des vorliegenden Films klar zu begründen.
Leave the World behind könnte ein richtig guter Mystery-Thriller sein, reiht sich aber leider in die Tradition von Filmen wie How It Ends und der Serie Lost ein. Man wird mit spannenden Situationen konfrontiert und ist extremst gespannt, was da wohl die Auflösung sein wird. Selbst wenn die Auflösung irgendeine übernatürliche, gegebene Sache ist, kann man sich damit arrangieren. So akzeptierte man bei Poltergeist einfach, dass es eine schlechte Idee ist, ein Haus auf einem ehemaligen Indianerfriedhof zu bauen.
Trailer zu Leave The World Behind
So werde ich in Leave the World behind mit mystischen Vorfällen eingedeckt, die intensiv inszeniert sind und mich in den Film eintauchen lassen. Einzig die musikalische Untermalung ist oftmals für mein Empfinden zu over-the-top. Die sonnige Strandszene mit Gruselmusik soll mir zwar direkt und ohne Umschweife klar machen, dass gleich etwas Ungewöhnliches passieren wird, aber der Überraschungseffekt wäre deutlich größer, hätte man dies anders umgesetzt – zumindest subtiler. Ebenfalls Stimmungskiller war die Art, wie Protagonisten mit ungewöhnlichen Situationen umgingen, oder, wie diese filmisch eingefangen wurden. Person A sieht etwas Verrücktes, während die Kamera die Verwirrung der Person zelebriert, ohne den Zuschauer an der eigentlichen Situation teilhaben zu lassen. Während ich also immer noch nicht weiß, was da gerade passiert, hat man schon x-Mal Person A starren und Person B verwirrt auf Person A zulaufen sehen. Es hätten Anime-like nur noch die Stimmen aus dem Off gefehlt, à la "Was zum Geier ist das? Ich kann es nicht glauben. Soll ich weglaufen? Das kann doch überhaupt nicht sein, etc.".
Das Beschriebene ist nun zugegeben Kritik auf hohem Niveau. Verloren hat mich der Film erst bei der Begründung der Ursachen. Okay, fairerweise muss man dazu sagen, dass die Gründe bis zum Schluss nicht 100%ig bestätigt werden. Spoiler: Eine fremde Macht (irdischen Ursprungs) sorgt mit - in Anführungszeichen - "einfachen Mitteln" (Kraftwerke hacken, Fahr-/Flugzeuge hacken, Tiere hacken(?), Drohnen mit Flugblättern hacken, Geräusche bzw. Microwellen hacken, etc.) für chaotische Situationen und dazu, dass sich Menschen beginnen, gegenseitig zu bekämpfen.
All diese Punkte sind aus mystischer Sicht großartige Ideen. Sie wollen nur einfach nicht zur Begründung passen. Vielmehr fühlt es sich an, als hätte der Autor mit diesen spannenden Ideen begonnen und irgendwann den Faden verloren, bzw. keinen vernünftigen Einfall mehr für ein stimmiges Ende gehabt. Oder umgekehrt, das Ende stand bereits fest (was tatsächlich wahrscheinlicher ist) und die Fantasie des Autors nahm Überhand. Auch hier nochmals der Spoiler für die Fragen: Ein Schiff kracht auf einen Strand. Warum? Man vermutet erstmal "Geisterschiff" – alle tot an Bord. Eigentlich eine superspannende und mystische Situation. Letztendlich sollte es aber einfach nur ein gestörtes Navigationssystem sein. Der Käpt`n? Dachte wohl der Strand ist nur eine Fata Morgana. Flugzeuge stürzen ab… und zwar immer an genau derselben Stelle. Klar, auch hier ein GPS- bzw. Autopilotproblem. Aber warum immer dieselbe Stelle? In Sachen Mystik superspannend. Eine Horde E-Autos (alle weiß, alle Teslas) fährt völlig autonom zu einer bestimmten Stelle und krachen alle ineinander. Warum fahren sie immer erstmal hunderte Kilometer um immer an derselben Stelle zu crashen? Stromausfall durch gehackte Kraftwerke. Warum nur in der Stadt, aber nicht auf dem Land? Die Tiere benehmen sich seltsam. Warum? Sind sie auch GPS-gesteuert? Warum versammeln sie sich alle um Person X im Wald und starren sie an? Und last but not least: Warum funktioniert der Empfang in der selbstgebauten Einsatzzentrale am Ende des Films?
Wie gesagt: Ich finde das alles cool und packend. Aber es gibt einfach diesen empfindlichen Bruch zur offiziellen Erklärung. Das will nicht passen und ich habe das Gefühl, ich wurde um die wahre Auflösung betrogen.
Leave the World behind will eine Verhaltensstudie sein. Wie verhalten sich Menschen in Extremsituationen. Das ist völlig legitim und macht auch Sinn. Da bin ich dabei. Aber die Story hätte im Hinblick auf die Kernaussage einfach anders sein müssen. Ich kann hier nicht einfach nur die interessante Kernaussage bewerten (die ist gut), sondern den Film komplett und hier wird einfach viel zu viel falsch gemacht – obwohl ich mit dem grundsätzlichen mystischen Hintergrund einverstanden bin. Die Enttäuschung wiegt da leider zu schwer und somit komme ich nicht über wohlwollende 2,5 Hüte.