Bewertung: 4.5 / 5
Da sind wir also endlich bei der finalen Episode der sogenannten Sequel Trilogie angekommen. Wie seinerzeit die Prequel Trilogie war auch diese neue Auswertung der Marke „Star Wars“ mit Kontroversen behaftet, die so unvergleichlich typisch für Star Wars geworden sind. Während die Prequel Trilogie noch den „Luxus“ genoss, dass jeder wusste, wo das ganze hinführen würde und lediglich die Hintergründe und die Art und Weise des „Wie“ über Stand und Fall bei den Fans entscheiden sollte, musste die Sequel Trilogie einiges mehr schultern. Es musste eine neue Story her, die auf den Ereignissen der Original Trilogie aufsetzt - und Fan-Erwartungen sind sowieso grundsätzlich ein harter Konkurrent.
Höchst spannend für mich war vor allem, dass man den Zuschauer bis zuletzt an der Nase herumgeführt hatte. Der wichtigste Teil war in der Tat die abschließende Episode. Mit ihr sollte sich zeigen, ob ich mit der Auflösung der Handlung zufrieden bin, oder rückwirkend die ganze Trilogie abwerten würde. Dieses Gefühl lag tatsächlich wie ein schwerer Stein auf meiner Seele und ich war buchstäblich besorgt, ich könnte enttäuscht aus dem Kino kommen. Hatten die Kritiker recht, und der handlungsübergreifende Plan existierte überhaupt nicht?
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Zugegeben, J. J. Abrams lieferte mit Episode 7 zwar einen tollen Einstieg in die Trilogie, aber gerade die aus seiner Feder stammende Serie „Lost“ zeigte, dass sich Abrams trotz guter Idee und Ausgangslage extrem in der restlichen Handlung verrennen kann und eingeführte Handlungsstränge nicht zufriedenstellend abzuschließen vermag. Soviel sei vorweggenommen: Die Sorge war absolut unbegründet. Wenn es jemand gezeigt hat, dass ein Fanfilm mit so viel Liebe zum Detail den Ansprüchen meines Star-Wars-Herzens gerecht werden kann, dann J. J. Abrams. Ich gehe sogar soweit, dass er gerade mit Episode 9 seine beste Regiearbeit überhaupt abgeliefert hat, die mir bisher untergekommen ist. Während ich mit seiner Interpretation der Star Trek Reihe nie wirklich warm geworden bin, schaffte er es nicht nur das magische Star Wars Gefühl einzufangen, sondern auch sämtliche Handlungsstränge intelligent und mit dem Herz am rechten Fleck zu Ende zu denken und auf Zelluloid zu bannen. Rückblickend wertet sein Finale sogar die gute Episode 8 etwas ab und ich hätte es begrüßt, hätte er die gesamte Trilogie gemacht. Er weiß, worauf es ankommt und vermittelt wieder den Spirit, das Märchenhafte und die Fantasie – kurz: Die Magie, die ich gerade bei der Prequel Trilogie so schmerzlich vermisste.
Man merkt, dass ich nicht nur Episode 9 bewerte, sondern das Gesamtpaket, die komplette Trilogie, die ich als große, übergreifende Geschichte verstehe und auch so sehen wollte... wie ein spannender Krimi, dessen überraschende Auflösung im letzten Drittel der Handlung thematisiert wird. Und ich bin mehr als zufrieden! Mehr, als je zuvor, bin ich mir jetzt sicher, dass die übergreifende Geschichte von Anfang an klar war und lediglich der Weg dorthin von den jeweiligen Regisseuren interpretiert werden konnte und Nebenhandlungen teilweise clever in die Irre führten. Hier sieht man, dass die Sequel Trilogie im Gegensatz zur Original Trilogie von vornherein als „Trilogie“ geplant war und im Vergleich zur Prequel Trilogie wirklich Spannung aufbauen konnte.
Story alleine ist aber nicht alles. Eine Geschichte kann noch so gut sein, wenn die Charaktere mich nicht mitnehmen. Auch das hat für mich bestens gepasst. Sämtliche Hauptpersonen konnten mich überzeugen und meine Sympathien, wie auch Antipathien gekonnt gewinnen. Ich liebe Rey, die gerade in Episode 9 so sympathisch rüberkam, wie es nur möglich ist. Sie weckte Emotionen, die mich sowohl euphorisch mitfiebern, gebannt die Finger in die Seitenlehne krallen, wie auch zwischendurch entsetzt schniefen ließen. Ich wünschte mir inständig, dass sie jenes Ende ereilen würde, das ich mir für sie erhofft hatte. Wenn ein Film das schafft, dann ist das schon ganz großes Kino! Auf der Gegenseite war der facettenreiche Kylo Ren. Ein Antagonist dessen Vielschichtigkeit bisher einzigartig im Star Wars Universum ist (zumindest jenes, das ich kenne). Diese überzeugend gespielte Hin- und Hergerissenheit hätte ich mir für Anakin in der Prequel Trilogie gewünscht. Weder der scheinbare Held, noch der Bösewicht waren klassische Stereotypen und machten es bis zum Schluss interessant und spannend.
Auch die anderen Figuren, insbesondere die „Bromantic“ zwischen Finn und Poe, aber natürlich auch die altbekannten C-3PO, R2-D2, Chewbacca u.a., nahmen mich spielend mit und ließen mich in den Film eintauchen. Gerade diese Gruppendynamik (die in der OT natürlich mit „Luke/Leia/Han“ viel intensiver ist und somit sehr zur Identifikation durch den Zuschauer mit seinen Helden beiträgt) fehlt mir rückblickend in Episode 8, da die Interaktionen der Figuren durch die Handlungsstränge zu sehr auseinandergerissen wurden.
Was natürlich auch für leuchtende Augen sorgte, waren die Cameos, wie auch die sympathischen neuen Figuren. Die Aliens, denen in Form von Puppen Leben eingehaucht wurden, rundeten das Star Wars Gefühl noch weiter ab. Mit viel Liebe zum Detail konnte die Magie der Original Trilogie eingefangen werden und man hatte nicht ständig das Gefühl, dass leblose CGI-Platzhalter die kreative Unlust der Filmemacher kompensieren mussten.
Die Hommage an die 1980er Jahre (ja, ich bin ein verklärter Romantiker) ist nicht nur bei den Puppen-Darstellern, sondern grundsätzlich bei praktischen Effekten zu spüren und nicht zuletzt an den McGuffins (Story-Treiber), die genauso vorhersehbar wie liebevoll inszeniert sind – ganz im Stile klassischer Spielberg-Filme. Einmal mehr zeigt sich, wer J. J. Abrams großes Vorbild ist und in welchem Jahrzehnt er sich zuhause fühlt. Trotz aller 80er-Romantik kommt man heutzutage dennoch nicht um gut dosierte und unaufdringliche Computereffekte herum. Episode 9 brilliert mit hervorragenden Effekten, wie tollen Locations, die den perfekten Mix aus praktischen und computergenerierten Effekten bieten. Besonders der Ort des Showdowns ist überwältigend inszeniert und wird mich wohl ab sofort vor dem geistigen Auge begleiten, wenn ich den selben Ort in der Original Trilogie sehen werde.
Alles in allem machte diese Sequel Trilogie alles so viel besser, als die Prequel Trilogie, die einfach viel vom Märchencharakter von Star Wars einbüßte. Während die PT versuchte, alles wissenschaftlich zu erklären, den Fokus zu sehr auf Politik verlagerte (so wahnsinnig viel gab die Story auch einfach nicht her) und der Fantasie kaum noch Platz ließ, lud die ST zum träumen ein und servierte mir ein sagenhaftes Abenteuer im Weltraum. Mir ist die Idee des „Learning by Doing“ bzw. „Learning by Watching“, das Rey zu etwas Besonderem macht einfach so viel lieber, als diese Not-Erklärung „Der Junge ist einfach so mächtig, weil er mehr Midi-Chlorianer beherbergt, als andere“. Auch die konsequente Weiterentwicklung der Grundelemente des Star Wars Universums, konnte die Sequel Trilogie glaubhaft vermitteln.
Auch in der neunten Episode konnte die musikalische Umrahmung aus John Williams Feder ihren Teil beitragen. Sowohl die neuen Themen, als auch die vertrauten Melodien, wussten das „Kinoerlebnis“ zu einem besonderen aufzuwerten. Man fühlte sich zuhause.
Ein klein wenig Kritik muss sich die finale Episode dennoch auch von mir gefallen lassen: Die ein oder andere „Action-Spitze“ hätte man ohne weiteres kappen können, ohne der Handlung in irgendeiner Weise zu schaden. Auch ein Rückblick im Leben zweier Darsteller wurde durch die mäßige CGI-Umsetzung zu einer unnötigen (aber zum Glück sehr, sehr kurzen) Schwachstelle. Die Story hätte auch ohne Großaufnahme der Wachsgesichter funktioniert. Als Gegenleistung wurden diverse Schwachstellen in den Nebenhandlungen der beiden Vorgänger (Episode 7 und 8) großartig ausgebügelt und konnten wohlige Gänsehautmomente und Emotionen generieren.
Fazit: Eine fantastische Reise ins Star Wars Universum findet mit Episode 9 ihren Höhepunkt. Mit viel Emotionen, die mitreisen und vor allem mitfühlen lassen (ich hatte nicht nur einmal feuchte Augen), einer tollen abenteuerlichen Geschichte, die die Star Wars Magie durch jede Pore atmet und die Fantasie des Zuschauers durch seine Settings, Figuren und der Inszenierung beflügelt und der perfekten Balance zwischen gut dosiertem Humor und Dramatik sowie die Rückkehr auf jenen Pfad der Tugend, der Zuschauern nicht mehr die Fähigkeit selbst zu denken abspricht und sich magische Momente des „Ungesagten“ im eigenen Kopfkino ziehen zu lassen, machen Episode 9 und die Trilogie zu einem wahren Erlebnis.
Abschließend möchte ich betonen, dass diese höchst subjektive Sichtweise, die meine Bewertung dieses Star Wars Abenteuers begründen, nur schwer in einem Diskurs verteidigen lässt, der auf einer ganz anderen, analytisch „logischen“ Ebene stattfindet. Es wäre quasi, als würde man Äpfel mit Birnen vergleichen. Daher halte ich mich aus den kontroversen Diskussionen fern und lese auch negative Kritiken nicht – ganz einfach, weil ich nichts von ggf. eindeutigen Logikfehlern oder storytechnischen Unzulänglichkeiten wissen möchte. Ich will mir einfach nur mein Gefühl - die Magie, die diese Trilogie in mein Herz zaubert, bewahren.