Bewertung: 2.5 / 5
Eine gute Hauptdarstellerin, ein sympathischer Cast und einige wunderschöne Aufnahmen - reicht das für einen guten Film? Bedauerlicherweise versucht Mulan mit Bombast und Pathos zu punkten, verliert sich aber beim Versuch, alles perfekt zu machen. Es muss diesen Realfilm nicht geben, der deutlich weniger Herz als der Trickfilm hat, auf dem er beruht - und doch wieder nicht.
Mulan Kritik
Mulan (Liu Yifei) ist ein Wildfang und hat so gar nichts von der unterwürfigen und scheuen Art, die von chinesischen Mädchen und späteren Ehefrauen erwartet und geschätzt wird. Obwohl unschuldig, verleidet sie als junge Frau eine Hochzeitsvermittlung und die Schande für ihre Familie könnte nicht größer sein. Eines Tages erhält jede chinesische Familie einen Einberufungsbescheid für einen männlichen Spross, denn eine mächtige Armee bedroht das chinesische Großreich. Mulans Vater, Veteran und Kriegsversehrter, will selbst dem Befehl folgen, obwohl das seinen sicheren Tod bedeuten würde. Und so entschließt sich Mulan, ihre Lieben hinter sich zu lassen, um an seiner Statt getarnt als junger Mann in den Krieg zu ziehen...
Trailer zu Mulan
Wir alle kennen die Geschichte Mulans, 1998 von Walt Disney wundervoll erzählt, die auf einem alten chinesischen Gedicht basiert. Der Film hatte alles, Herz, Verstand, Witz und Schwung, auch wenn er nicht zu den absoluten Zeichentrickklassikern des Hauses zählt. Mehr als 20 Jahre später folgt nun im Zuge der Remakes der letzten Jahre, darunter Die Schöne und das Biest und Cinderella, auch die Neuerzählung von Mulan. Und bis auf die Basisstory des Trickfilms sind nicht viele Elemente wiederzufinden.
Disney hat es natürlich gutgemeint. Durchweg charismatische Schauspieler wurden engagiert, darunter z.B. die chinesische Schauspielerin und Sängerin Liu Yifei, Donnie Yen, Jet Li und Jason Scott Lee, zudem wurde das fernöstliche Flair bildgewaltig eingefangen. Landschaftsaufnahmen, imposante Bilder und dynamische Kampfchoreographien durchziehen Mulan und zeigen, dass man es absolut richtig machen und ein bombastisches Erlebnis schaffen wollte. Das ist auch auf weiter Strecke gelungen.
Und dennoch fehlt Mulan etwas, das noch der Trickfilm auf so wunderbar leichte Weise vermitteln konnte. Was waren die erinnerungswürdigen Momente im alten Mulan? Wenn sie sich entschließt, für ihren Vater in den Krieg zu ziehen und in einer Nacht- und Nebelaktion verschwindet, in eine andere Rolle schlüpft. Wenn die Mongolen anrücken, zwei Boten fliehen lassen und dann doch nur einen überleben lassen. Als die kleine Puppe im verwaisten Dorf gefunden wird, mit wehendem Haar und man nur erahnen konnte, was mit dem Mädchen, dem sie gehörte, geschah... Die wundervollen Lieder und die etappenartige Evolution der jungen Männer, die alle keine Krieger sind und doch bald dem Tod ins Angesicht blicken müssen. Und natürlich Mushu, immer wieder Mushu, der die ernste Geschichte so wundervoll auflockerte und im Deutschen für immer mit Komiker Otto verwurzelt sein wird.
Das alles fehlt Mulan, selbst wenn sich die Macher noch so viel Mühe gegeben haben. Die Menschen im Film, nicht nur die angreifenden Rouraner, wirken alle übermächtig. Selbst die kleine Mulan ist wie in typisch chinesischen Blockbustern der Schwerkraft entrückt und wirkt übermächtig. Kann man machen, aber es fehlt die Möglichkeit der Identifikation durch den Zuschauer, wenn natürliche Personen dermaßen übernatürlich wirken. Warum auch? Wo ist der Gewinn? Mut und Tatendrang kann man auch anders darstellen.
Überhaupt verleugnet der Realfilm seine eigenen Wurzeln, denn einige Dinge wurden eklatant geändert - viele bedauerten die Entscheidung, dass Mushu nicht mehr vorkommt, da hilft auch der Support einer Phoenix nichts. Überhaupt gab es im Jahr 2010 mit Mulan - Legende einer Kriegerin eine Verfilmung, die sich stärker an den literarischen Wurzeln orientierte, wozu also diese Neuinterpretation des Disney-Films? Fairerweise liegt er im Trend, aber ist es deswegen eine gute Idee, wenn doch so viele liebgewonnene Punkte geändert worden sind? Warum plötzlich kein Gesang? Warum kein Mushu? Und warum muss alles so bierernst wirken?
Man kann auch belehrt werden mit einem Augenzwinkern, doch wo Mulan einst mit Leichtigkeit überzeugte und ein dramatisches Thema mit viel Gefühl erzählte, wirkt der neue Film steril und unterkühlt. Man greife ein paar Komponenten auf, erzähle von Stolz, Tradition und Schmerz, präge sie dem Zeitgeist entsprechend auf noch mehr auf Frauenpower und fertig ist der Kinohit Filmhit! Mit Sicherheit wird Mulan seine Millionen machen, aber bis auf ein paar Schauwerte wird nichts hängenbleiben. Es reicht nämlich nicht, eine gesellschaftliche Änderung zu wollen, wenn man nicht mit dem Herzen bei der Sache ist.